Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 10. Mai 2017. Von KARIN LEITNER. „Die Leidensfähigkeit des Reinhold M.“.

Innsbruck (OTS) - Als „Django“ war er bei seinem Amtsantritt von den Gesinnungsfreunden gefeiert worden. Nun untergraben Sobotka & Co seine Autorität, feiern viele Minister Kurz als Messias. Wie lange tut sich der Parteichef das noch an?

ÖVP-Chef zu sein, war noch nie ein Sonntagsspaziergang. Reinhold Mitterlehner hat es dahingehend besonders schwer. Wochenende für Wochenende sieht er in Boulevard-Medien – für ihn demütigende – Umfragen. Wie schnitten die Schwarzen mit Kurz an der Spitze im Vergleich zu ihm als Frontmann bei der nächsten Wahl ab, heißt es dort immer wieder. Und immer wieder das Resultat: Mit Kurz wären sie in lichten Höhen, mit Mitterlehner in der Niederung.
Ständig muss dieser von Parteifreunden hören, welch politisches Ausnahmetalent der junge Außenminister doch sei. SPÖ-Kanzler Christian Kern hat sich längst darauf eingestellt, neben dem FPÖ-Boss Kurz als Widerpart zu haben. Und so schießen rote Regierungsmitglieder verbal schon scharf gegen ihn. Dann ist da Wolfgang Sobotka, der Mitterlehners Autorität bei jeder Gelegenheit untergräbt. Ohne sich mit ihm abzusprechen, attackiert der Innenminister den Regierungschef, vergrößert damit den Verdruss der Bürger mit diesem koalitionären Bund. Sofern dieser zu vergrößern ist.
Dass es das Gerücht gibt, Mitterlehner wolle abdanken, verwundert nicht. Es erstaunt, dass er das noch nicht gemacht hat. Warum tut er sich das an? Wie leidensfähig ist dieser Mann?
Im Gegensatz zu ihm ist der gelobte Kurz in einer kommoden Position. Er äußert sich nur zu Themen, die ihm vermeintlich nützen. Er spielt den feschen Edi in deutschen Talk-Shows und internationalen Zeitungen. Auch jetzt hält er sich aus allem raus: Er beteilige sich nicht „an diesem Theater“, weder jenem in der Regierung noch an jenem in der ÖVP, lässt er die Truppe in Wien aus der Ferne wissen.
Mit dem Geht-mich-nichts-an wäre Schluss, müsste Kurz eine Partei führen. Eine, die ob der Bünde- und Länderinteressen schwer zu führen ist. Er hätte Verantwortung zu übernehmen.
Dass Mitterlehner diese nicht abgibt, mag eine Mischkulanz von Gründen haben: Er glaubt tatsächlich, mit der inszenierungsfreudigen SPÖ inhaltlich noch etwas weiterbringen zu können. Er will das Vizekanzleramt so lange wie möglich behalten. Er ist noch nicht pensionsreif und stünde nach dem Abgang eventuell ohne Job da.
Sein „Ich bin der Parteichef“ klingt wie ein Hilferuf, nicht wie ein Faktum. Und der Verweis darauf, dass er für vier Jahre gewählt sei und selbst entscheide, ob er noch einmal antrete, ist wohl Wunsch, nicht schwarze Wirklichkeit.

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