Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 10. Februar 2021. Von MARIO ZENHÄUSERN. „Weitsicht statt Wortgewalt“.

Innsbruck (OTS) Die weitere Ausbreitung der südafrikanischen Coronavirus-Mutation muss verhindert werden. Dazu braucht es weniger Emotion und mehr Sachlichkeit. Das Image Tirols hat schon genug gelitten, deshalb ist ein Erfolg Pflicht.

Seit einem Jahr ist die Corona-Pandemie das alles beherrschende Thema. Beinahe ebenso lange steht Tirol in der Auslage. Auch die von der Bundesregierung als sehr gefährlich eingestufte südafrikanische Virus-Mutation rückt Tirol seit Tagen in den Fokus in- und ausländischer Politiker und Medien. Besonders betroffen ist der Bezirk Schwaz. Zwar liegen noch immer keine verlässlichen Daten vor. Wie um das zu untermauern, sorgte die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) gestern mit der Reduktion der bestätigten Fälle und dem Verweis auf „möglicherweise unvollständige Zahlen“ für zusätzliche Verwirrung. Fest steht allerdings, dass sich die Mutation in Teilen Tirols und vor allem im Bezirk Schwaz stärker verbreitet hat als anderswo in Europa. Ab Freitag muss daher vorerst für zehn Tage jeder, der Tirol verlässt, einen negativen Corona-Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist.
Diese Maßnahme ist zwar insofern zumindest fragwürdig, als Tirol sinkende Infektionszahlen aufweist und mit Osttirol ausgerechnet jener Bezirk ausgenommen ist, der aktuell die höchsten Werte aufweist. Aber sie ist den Menschen zumutbar. Wer für den Gang zum Friseur oder zur Fußpflege einen negativen Test vorweist, kann sich auch für die Fahrt in ein anderes Bundesland freitesten. So gesehen ist die zwischen Bundes- und Landesregierung akkordierte Regelung das gelindeste aller möglichen Mittel im Kampf gegen die weitere Ausbreitung.
Darüber hinaus dürfte die Einigung zur Abrüstung der Worte beitragen. Die ist auch dringend nötig. Die Auseinandersetzung nahm zum Schluss zu emotionale Züge an. Von Wien aus lancierte Vorwürfe und Anschuldigungen lösten in Tirol zuletzt heftige Proteste und Drohgebärden aus. Die logische, vielfach auch gewollte Konsequenz war die Zuspitzung der Auseinandersetzung auf einen Kampf Tirol gegen Wien beziehungsweise David gegen Goliath. Das aber verhindert schon in normalen Zeiten und erst recht in einer Krise jeden lösungsorientierten Ansatz.
Bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie und der gefährlichen Virus-Mutationen ist weniger patriotische Wortgewalt als Weitsicht und Entscheidungskraft gefragt. Nicht nur, aber vor allem in Tirol. Mittlerweile beobachtet nämlich ganz Europa, ob es gelingt, den Tirol-Cluster der Südafrika-Mutante in den Griff zu bekommen. Ein Erfolg ist Pflicht: Das Image ­des Landes im In- und Ausland hat im Zuge der Corona-Krise schon genug gelitten.

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