Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 1. August 2017. Von Serdar Sahin. „Ein Gerichtsurteil gegen Vorurteile“.

Innsbruck (OTS) Sehr viele haben das Gefühl, dass es sich „die da oben“ auch bei schweren Verfehlungen richten können. Nicht nur das Urteil im Fall Schaden zeigt: Auch Politiker werden nicht mit Samthandschuhen angefasst.

Heinz Schaden, langjähriger Bürgermeister von Salzburg und SPÖ-Urgestein, zieht Konsequenzen aus dem Finanzskandal. Er tritt zurück – nicht sofort, sondern erst im Herbst. Er ist vergangenen Freitag wegen Untreue im Swap-Prozess zu drei Jahren Haft, eines davon unbedingt, verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechts-kräftig.
Mancher Bürger mag das mit Genugtuung registrieren. Unter dem Motto:
Endlich hat es einen von „denen da oben“ erwischt. Viele haben das Gefühl, jeder Hendldieb komme vor den Richter, Politiker kämen aber ungeschoren davon. Die Causa Grasser, die sich seit Jahren zieht, bestätigt die Skeptiker in ihrem Urteil.
Eine aktuelle Studie der EU-Kommission belegt, dass der überwiegende Teil der Öffentlichkeit mit der heimischen Justiz zwar zufrieden ist. Immerhin 16 Prozent der Österreicher befinden jedoch, dass es mit der Unabhängigkeit schlecht bis sehr schlecht bestellt ist.
Dabei zeigt ein Blick in die jüngere Vergangenheit, dass auch Politiker juristisch nicht sakrosankt sind.
Schaden, der seit 1999 die Stadt regiert, steht nun in einer Reihe mit einigen anderen Volksvertretern, die über krumme Geschäfte gestolpert sind. Etwa der ehemalige BZÖ-Chef Peter Westenthaler, der Anfang des Jahres zweieinhalb Jahre teilbedingt wegen Untreue ausgefasst hat – unter anderem für eine verdeckte 300.000-Euro-Spende der Lotterien im Wahljahr 2006. Oder Ernst Strasser. Der frühere ÖVP-Innenminister ist wegen Bestechlichkeit in der so genannten „Lobbying-Affäre“ zu drei Jahren Haft verurteilt worden.
Ebenso erwischt hat es den Kärntner Ex-Landeshauptmann Gerhard Dörfler, die ehemaligen Landesräte Uwe Scheuch und Harald Dobernig sowie Haiders einstigen Sprecher Stefan Petzner.
Abgesehen von Untersuchungsausschüssen (Eurofighter 1, 2 oder Hypo Kärnten), in denen es lediglich darum geht, die Fälle politisch aufzuarbeiten, werden also Politiker sehr wohl auch vor Gericht belangt. Und da werden sie mitunter nicht mit Samthandschuhen angefasst. Das zeigt auch das Urteil gegen Schaden und Co.
Was Stadtchef Schaden angesichts der Lage hoch anzurechnen ist: Er versucht nicht, sich an seinen Mitarbeitern abzuputzen. Schaden appellierte an die Richter: „Lasst die beiden in Ruhe! Ich nehme die Verantwortung auf mich.“

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