TIROLER TAGESZEITUNG, Leitaratikel: „Unsittenbilder“, von Karin Leitner

Ausgabe vom Donnerstag, 18. Juni 2020

Innsbruck (OTS) ,Warum Gudenus’ Handeln keine Privatsache ist. Warum Sobotkas Verhalten nicht den Eindruck erweckt, dass er aufklären will. Und warum mit dem öffentlichen Geplänkel abseits des Untersuchungsausschusses Schluss sein sollte.

Eine neue Facette in der Causa Ibiza. Bilder sind publik geworden, die den Ex-Blauen Johann Gudenus beim mutmaßlichen Koksen zeigen. Sie entstammen bis dato nicht bekannt gewesenen, geheimen Filmaufnahmen im Vorfeld des Ibiza-Videos aus dem Sommer 2017, ob dessen Gudenus und Heinz-Christian Strache im Mai 2019 politisch gefallen sind. Grundsätzlich ist das von Gudenus als „Schnee von gestern“ Qualifizierte etwas aus dem „höchstpersönlichen Lebensbereich“, wie sein Anwalt befindet. Das ist es nicht bei einem Mann in damals hoher Polit-Funktion, dessen Partei Law-and-order-Politik postulierte und auf einem rigorosen Anti-Drogen-Kurs war. Abgesehen davon macht sich ein Politiker wegen des dokumentierten Verhaltens erpressbar.
So ist das auch im Fall des Kanzler-Vertrauten und Chefs der staatlichen Beteiligungsholding ÖBAG, Thomas Schmid, der eines Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz verdächtigt wird. Er ist einer der Beschuldigten in der Casinos-Affäre, die ebenfalls im parlamentarischen U-Ausschuss politisch untersucht wird.
Dessen Mitglieder haben nach wie vor nicht mehr als jene Ausschnitte aus dem Video, die zum Bruch der türkis-blauen Regierung geführt haben – obwohl es seit Wochen in der im Innenministerium beheimateten „Soko Tape“ ist und die oppositionellen Mandatare darauf drängen. Der Anwalt des mutmaßlichen Ibiza-Drahtziehers wollte das Material übermitteln, U-Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka, ein ÖVPler, lehnte das ab. ÖVP-Regierungschef Sebastian Kurz sprach vor Wochen wegen mangelhafter Corona-Gesetze von „juristischen Spitzfindigkeiten“ – die keine waren. Nun bedient sich Sobotka solcher, um sein Nein zu argumentieren. Er darf sich nicht wundern, dass er geziehen wird, nicht unparteiisch zu agieren – und Kalkül ihn treibt: den Fokus in der Debatte auf das Video zu legen. Dabei geht es längst nicht mehr um dieses, sondern um das, was diesem gefolgt ist. Praktiken im Bund von ÖVP und FPÖ. Es gibt den Vorhalt der Korruption – auch gegen (Ex-)Protagonisten der Kanzlerpartei. Taktiererei, Verzögerungsversuche, Ablenkungsmanöver verstärken diesen. Umso mehr sollte Schluss sein mit dem öffentlichen Verbalgerangel. SPÖ, FPÖ und NEOS sollten ihre Energie dorthin wenden, wo sie vonnöten ist: auf die Aufklärung im U-Ausschuss. In diesem ist zu zeigen, dass es um die Sache geht, nicht um Spielchen parteipolitischer Art.

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