Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 7. Oktober 2017; Leitartikel von Mario Zenhäusern: „Schmutzkübel-Wahlkampf“

Innsbruck (OTS) „Dirty Campaigning“ und unmoralische Angebote: Der österreichische Nationalratswahlkampf tappt von einer Peinlichkeit zur nächsten. Während sich SPÖ und ÖVP bekriegen, lacht sich die FPÖ ins Fäustchen.

SkandalÖsis! Mit der ihr eigenen Kreativität beim Titeln beschrieb die deutsche Bild-Zeitung dieser Tage das Bild, das Österreichs Innenpolitik derzeit abgibt. Sachpolitik verkommt seit Wochen zum Randthema, spielt höchstens in den zahllosen und deshalb nervtötenden TV-Duellen eine Rolle. Stattdessen stolpert die noch amtierende Regierungskoalition von einem Skandal in den nächsten.
Am tiefsten in diesem Sumpf zu versinken droht die SPÖ. Die „Silberstein“-Affäre ist für Christian Kern ein Waterloo mit weit reichenden Konsequenzen. Es spielt überhaupt keine Rolle mehr, ob der Bundeskanzler über die miesen Tricks des höchst umstrittenen Politikberaters informiert war oder nicht. Allein die Tatsache, dass sich die SPÖ und damit eben auch Kern mit Silberstein eingelassen und ihn mit mehr als 500.000 Euro ganz ordentlich honoriert hat, lässt tief blicken. Silberstein wurde nämlich nicht engagiert, um den Wahlkampf der SPÖ zu befeuern. Der Mann war und ist immer noch bekannt dafür, sich intensiv mit den Konkurrenten seines Auftraggebers auseinanderzusetzen und das Bild, das diese in der Öffentlichkeit abgeben, zu verzerren. Negativkampagne nennt man das freundlich, „Dirty Campaigning“ (Sudel-Wahlkampf) kommt der Wahrheit näher. Das wusste die SPÖ-Spitze natürlich, als sie den Vertrag mit dem Ex-Berater von Gusenbauer oder Faymann unterschrieb.
In das skandalöse Bild der heimischen Innenpolitik passt auch die jüngste Aussage von Peter Puller. Der Silberstein-Mitarbeiter, der die (politischen) Farben seiner Arbeitgeber wechselt, wie wir das sonst nur von Robert Lugar kennen, will bereits im Sommer vom engsten Mitarbeiter von Sebastian Kurz ein unmoralisches Angebot erhalten haben: 100.000 Euro, wenn der Ex-ÖVP- und -NEOS-Mann, der inzwischen für die SPÖ arbeitet, wieder zurück zur ÖVP wechsle und Details über die SPÖ-Wahlkampagne ausplaudere. Die ÖVP dementiert heftig und kündigt Klagen an. Es steht Aussage gegen Aussage. Pullers Vorwurf kann wahr sein oder aber nur der nächste Versuch, Kurz anzupatzen – quasi als Gipfel der Schmutzkübel-Kampagne.
Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass von diesem unappetitlichen Schmutzkübel-Wahlkampf ausgerechnet jene Partei profitieren könnte, die bislang am ehesten in Verdacht stand, im Wahlkampf Grenzen zu überschreiten: Die Freiheitlichen halten sich vornehm zurück, weil ihr Chef Heinz-Christian Strache sich genüsslich zurücklehnen und beobachten kann, wie ein Wähler nach dem anderen zu ihm überläuft.

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