Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 5. Oktober; Leitartikel von Peter Nindler: „Spitals-ökonomisch“

Innsbruck (OTS) Die Patientenversorgung kostet, doch die Spitalsfinanzierung hinkt seit Jahren den notwendigen Ansprüchen hintennach. Dass es deshalb die schlampigen Verhältnisse mit den Nebenbeschäftigungen von Klinikärzten gibt, ist Ausfluss davon.

Mit der vieldiskutierten Zusammenlegung der Sozialversicherungen wird der Reformstau im Gesundheitswesen lediglich kaschiert. Aber nicht gelöst. Denn zu lange wird schon an den notwendigen Primärversorgungszentren herumgedoktert, die endlich die Spitals­ambulanzen entlasten könnten. Von einem gut abgestimmten und integrierten System zwischen Haus- und Fachärzten, Ambulanzen und dem stationären Bereich mit den Spitälern ist Österreich noch weit entfernt. Dazu würden freilich auch patienten­orientierte Bereitschaftszeiten in den ländlichen Regionen am Tagesrand, an den Wochenenden und Feitertagen gehören.
Vielmehr wird die Bevölkerung in regelmäßigen Abständen mit zu hohen Gesundheitsausgaben auf der einen, aber zugleich einem chronisch unterfinanzierten Spitalswesen auf der anderen Seite konfrontiert. Getoppt wird diese unbefriedigende Situation noch mit Diskussionen über Landarzt- und Spitalsarztmangel, Ärzte­gehälter und Ärztearbeitszeitgesetz, Zweiklassenmedizin und Zwitterstellungen wie an der Universitätsklinik Innsbruck mit den Hausherren Land (Tirol Kliniken) und Bund (Medizinische Universität). Und jetzt geht es plötzlich wieder um die Nebenbeschäftigungen von Klinikärzten in den lukrativen Privatspitälern oder -ordinationen. Wobei das lediglich Ausfluss von den schlampigen Verhältnissen im Gesundheitssektor ist. Deshalb poppt übrigens auch die Auseinandersetzung über die Verteilung der Privathonorare von Sonderklassepatienten immer wieder auf. Allein 2011 machten sie an den Spitälern der Tirol Kliniken 30,8 Mio. Euro aus, 13,8 Millionen davon erhielten die Primarärzte. Diese Regelung wird politisch damit gerechtfertigt, um Spitzenärzte an der Klinik und den Landespitälern zu halten. In Ordnung. Aber trotzdem gehen 21,5 Prozent der Bundesärzte noch einer ärztlichen Tätigkeit außerhalb der Innsbrucker Uni-Klinik nach. Wenn der Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer deshalb generell von Interessen- und Transparenzkonflikten spricht und eine strikte Trennung zwischen privat und öffentlich empfiehlt, dann hat er vollkommen Recht. Dafür bräuchte es allerdings konkurrenzfähige Gehälter im öffentlichen Spitalsbereich, damit die Zweiklassenmedizin nicht die schleichende Antwort auf zögerliche Neuordnungen im Gesundheitssystem wird.
Eine Not-OP würde vielleicht zu mehr Transparenz führen, doch der chronisch kranke Patient „Spital“ muss insgesamt gesundtherapiert werden; u. a. mit einer Entlastung der Ambulanzen, einem funktionierenden Zusammenspiel von Ärzten sowie Spitälern und höheren Grundgehältern.

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