Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 4. Oktober 2018; Leitartikel von Manfred Mitterwachauer: „Verkehrte Welten“

Innsbruck (OTS) Während im Bund das Ministerduo Hofer und Köstinger mit Tempo 140 und vermeintlichen E-Mobilitätszuckerln zur umweltpolitischen Geisterfahrt ansetzt, lullt sich in Tirol der Landtag mit dem x-ten Beschluss im Anti-Transitkampf selbst ein.

Achtung: Überraschung! Einstimmig wurde gestern im Landtag der Allparteienantrag für „Weitere Verkehrsmaßnahmen zur Entlastung der Tiroler Bevölkerung“ beschlossen. Es war dies das x-te in geduldiges Papier gegossene Bekenntnis im Kampf gegen die Transit-Lkw-Lawine. Den diesbezüglichen Elchtest hat die Landesregierung damit aber noch lange nicht bestanden. Weil eben auch dieses Papier bis dato nur eines ist: ein Wunschkatalog. Sämtliche Punkte, wie etwa die Verschärfung des sektoralen Fahrverbotes als auch des Nachtfahrverbotes, müssen erst mit der EU und allen weiteren Beteiligten verhandelt werden. Bereits das sektorale Fahrverbot war einst nach ebensolchen Verhandlungen löchrig wie der sprichwörtliche Schweizer Käse. Gute Vorzeichen sind das keine. Auch beim Rest dominiert in erster Linie die immer wiederkehrende Formulierung:
prüfen, sich einsetzen, unterstützen. Taten setzen schaut anders aus. Garniert werden die (beabsichtigten) Restriktionen durch geplant lange Übergangsfristen. Vorausgesetzt, das Papier würde überhaupt seinen EU-Sanktus bekommen – bis auch der Großteil der Transit-Lkw von den Verboten betroffen wäre, würde es laut Allparteienantrag bis ins Jahr 2021 bzw. 2023 dauern. Sieht so schnelles Handeln aus?
LH Günther Platter (VP) will mit dem Antrag ein Signal der Stärke in Richtung EU und Bayern aussenden. Er selbst sandte dabei ein ganz anderes aus: Über weite Teile der Verkehrsdebatte blieb er dem Landtag fern. Apropos Widersprüche: Im Landtag strich Platter den Schulterschluss mit Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) hervor, ohne dessen jüngste umwelt- und verkehrspolitische Geisterfahrt – zusammen mit Umweltministerin Elisabeth Köstinger (VP) – in Sachen Tempo 140 bzw. Öffnung von Busspuren für E-Autos und weitere „Elektro­zuckerln“ auch nur ansatzweise kritisch zu streifen. Dass Tempo 140 sogar einer Studie des Umweltbundesamtes widerspricht, die Busspurenöffnung ein Sicherheitsrisik­o ist und Öffis ausbremst – da wachsen Platter plötzlich keine Muskeln.
Die ÖVP ist in ihrem Verkehrs-Eiertanz aber nicht alleine. Die FPÖ schimpft gegen das Transitpaket, stimmt letztlich aber dafür. Und dem grünen Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi stünde gut an, vor der eigenen Haustüre zu kehren, bevor er Hofer kritisiert. Noch bis Jahresende parken E-Autos in der Landeshauptstadt gratis. Und die neue Straßen-/Regionalbahn muss sich ihre Trasse entlang neuralgischer Stellen schon jetzt mit dem motorisierten Individualverkehr teilen. Es ist eine verkehrte Welt.

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