Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 30. Jänner 2018; Leitartikel von Peter Nindler: „Politik turnt am leistbaren Wohnen vorbei“

Innsbruck (OTS) - Wer die Hälfte seines Einkommens für Wohnkosten aufwenden muss, hat kein Verständnis für Wohlfühlaktionen im Wahlkampf. Er erwartet sich von der Politik mutige Konzepte, damit das Grundbedürfnis Wohnen nicht zur Existenzfrage wird.

Im Wahlkampf schwindelt sich die Politik gern an den brennenden Themen vorbei. Da werden lieber Schulen eröffnet, deren Renovierung bereits im Herbst abgeschlossen wurde. Startschüsse für Kooperationen mit nichtssagenden, aber gut klingenden „Letter of intents“ sollen Wichtigkeit vermitteln. Und just vier Wochen vor der Landtagswahl startet die Landesregierung mit mehr Bewegungsangeboten in Schulen. Angesichts dieser politischen Wohlfühlaktionen in homöopathischen Dosen muss man einmal mehr Schwarz-Grün, und allen voran Landeshauptmann Günther Platter (VP), daran erinnern, was den Tirolern tatsächlich unter den Nägeln brennt: leistbares Wohnen. In Innsbruck müssen bereits 16 Euro pro Quadratmeter Miete bezahlt werden, die Grundstückskosten in den Ballungsräumen und Gunstlagen explodieren. Mit Immobilien wird gewinnbringend spekuliert, Studenten zahlen in Wohngemeinschaften bereits 400 bis 500 Euro für ein Zimmer. Die gemeinnützigen Bauträger schlagen seit Jahren Alarm, weil von ihnen günstige Wohnungen verlangt werden. Doch preiswert heißt nicht mehr automatisch leistbar.
Natürlich ist die Wohnbauförderung mit knapp 300 Millionen Euro jährlich prall gefüllt und das 5-Euro-Wohnen soll günstigen Wohnraum schaffen. Doch die Politik lindert damit nur den Schmerz über die steigenden Wohnungskosten, die Ursachen werden hingegen nicht wirksam bekämpft. Zu sehr hängen die ÖVP und ihre Bürgermeister der Klientelpolitik nach.
Die 2010 mutig angekündigte Widmungsabgabe scheiterte am Widerstand der Gemeinden, die Möglichkeit, vorzeitige Erschließungskosten für Bauland einzuheben, nützen nur rund 20 Kommunen. Vorbehaltsflächen für den geförderten Wohnbau werden kaum ausgewiesen, die Mobilisierung von 3000 Hektar gehortetem Bauland erfolgt schleppend. Bei den vielfach als Hauptwohnsitze getarnten Ferienwohnungen schauen die Gemeinden und auch das Land weg. Zugleich zieht sich Wohnbau-, Raumordnungs- und Gemeindereferent LR Johannes Tratter (VP) gern auf den Standpunkt der Gemeindeautonomie zurück.
Nicht selten fressen die Wohnungs- und Mietkosten jedoch die Hälfte des Einkommens auf, mit zusätzlichen Bewegungsangeboten kann sich die Politik nicht länger wegturnen. Wohnen in Tirol ist keine Erfolgsstory, aber im Wahlkampf bleibt genügend Zeit, um mutige Konzepte zu präsentieren. Damit Wohnen leistbarer wird, benötigt es gesetzliche Schranken und klare Vorgaben bei Neuwidmungen. Und wie beim Bauland müssen leer stehende Wohnungen endlich auf den Markt gebracht werden.

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