Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 28. Juni 2018; Leitartikel von Manfred Mitterwachauer: „Schwarzer Druckkochtopf“

Innsbruck (OTS) In der Raumordnungspolitik stehen LH Günther Platter und die ÖVP unter Druck. Leistbares Wohnen wollen alle, aber wenn’s ans Umsetzen und ans Eingemachte geht, zählt bei jedem (VP-Bund) eben doch zuerst die eigene Klientel.

Dass Wohnungs-Landesrätin Beate Palfrader (VP) just am Tag der Verkündung der schwarz-grünen Einigung auf die zentralen Eckpfeiler der Raumordnungsnovelle mit ihrer Kritik an selbiger nicht länger hinterm Zaun hält, war mehr als nur ein parteiinterner Wink mit dem Zaunpfahl. Die AAB-Chefin ist unzufrieden. Unter Schwarz-Grün II hat sie von Landesrat Johannes Tratter die Wohnbauagenden übernommen. Leistbares Wohnen war der parteiübergreifende Kassenschlager der vergangenen Landtagswahl. In einem Land, das mit Baulandhortung, Immobilienspekulation und explodierenden Grundstückspreisen kämpft, kein Wunder. Die Regierung hat den Tirolern deshalb unter anderem 12.000 neue Wohnungen versprochen – günstige, wohlgemerkt. Palfrader sieht dieses Ziel bereits vor Ablauf der ersten 100 Regierungstage in Gefahr. Weil die derzeit in Ausarbeitung befindliche Novelle nicht jene Stacheln aufweisen dürfte, die Palfrader gerne sehen würde. Stacheln, die nicht nur den Grundeigentümern, sondern auch den Gemeinden ins Fleisch dringen sollen. Wie flächendeckende Rückwidmungen oder verpflichtende Vertragsraumordnung. Ohne aktive Mithilfe der Gemeinden wird auch diese Raumordnungsnovelle nicht greifen. Tratter ist für beides ressortzuständig – und somit Palfraders Lieblings-Zielscheibe.
Palfraders Vorstoß dürfte VP-intern aber die Büchse der Pandora geöffnet haben. Jetzt halten sich auch Wirtschaft und Bauern nicht länger zurück, sondern bringen sich in Stellung. Wenn’s ans Eingemachte geht, zählt bei jedem VP-Bund eben zuerst die eigene Klientel. Nicht zu vergessen die Phalanx der Gemeindechefs – auch der Gemeindeverband mischt kräftig mit. Wer an der örtlichen Raumordnung rüttelt, rüttelt an der Macht der Bürgermeister.
Liegt der Schlüssel zum leistbaren Wohnen in der Raumordnung? Nicht nur, aber auch. Natürlich muss auch bei der Wohn-bauförderung, den gemeinnützigen Wohnbauträgern, der Bauordnung, der Mietzinsbeihilfe und mehr nachjustiert werden. Doch fast nirgendwo so sehr wie in der Raumordnung muss die ÖVP hier ihre divergierenden Klientelen unter einen Hut bringen. Diesen Druck wird Parteiboss
LH Günther Platter jetzt zu spüren bekommen. So, wie er ihn selbst im Transitstreit gegenüber Bayern ausüben will. Letzteres ist ein Leichtes – weil es gegen Dritte geht. Beim Wohnen ist Platter vielmehr gefordert, rasch ein Druckventil zu finden, damit der VP-Topf über den Sommer nicht überkocht.

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