Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 24. November 2017; Leitartikel von Christian Jentsch: „Wenn Putin das Zepter übernimmt“

Innsbruck (OTS) - Während sich die USA unter Präsident Donald Trump als Super- und Ordnungsmacht zunehmend selbst aus dem Spiel nehmen, füllt Russland unter Präsident Putin das Vakuum auf. In Syrien spielt heute Moskau die erste Geige.

Im Nahen Osten hatte Russland sehr lange nichts zu melden. Moskau war – wie Europa heute noch – in der Region außen vor, die Fäden hatte Washington in der Hand. Nur Washington. Doch die Karten sind mittlerweile neu gemischt und Russland ist wieder zurück im (grausamen) Spiel um eine Neuordnung des Nahen Ostens. Präsident Wladimir Putin demonstriert selbstbewusst Russlands neue Stärke, die in erster Linie aus der Schwäche der USA resultiert. Einer Supermacht, die sich unter Präsident Donald Trump zunehmend selbst aus dem Spiel nimmt – als Anker der westlich-freien Welt, als verlässlicher Partner, als Ordnungsmacht. Am Beispiel Syrien wird klar, wie Russland den USA zunehmend das Wasser in der Region abgräbt. Was Washington übrigens gar nicht immer ungelegen zu kommen scheint.
Im Ringen um eine Nachkriegsordnung im Bürgerkriegsland Syrien hält Putin jedenfalls viele Trümpfe in der Hand. Und Putin weiß seine neue Rolle auch zu inszenieren. So lud er den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und den Präsidenten des Iran, Hassan Rohani, zu einem Syrien-Gipfel in die russische Olympia-Stadt Sotschi. Gemeinsam erklärten Putin, Erdogan und Rohani dort, eine so genannte Konferenz der Völker Syriens organisieren zu wollen. Gruppen der Opposition wie aus dem Regierungslager sollen an einen Tisch geholt werden, um eine politische Lösung für den Konflikt, dem bereits rund 500.000 Menschen zum Opfer gefallen sind, zu suchen. Die von der UNO organisierten Friedensgespräche in Genf treten hingegen auf der Stelle. Auch wenn Putin immer wieder betont, dass den Vereinten Nationen eine entscheidende Rolle zukommen soll, hält er die Fäden in der Hand. Vergangenen Montag ließ Putin den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad in Sotschi antanzen, um gemeinsam mit ihm das nahe Ende des Krieges zu verkünden. Ohne russische Hilfe wäre Assad längst Geschichte. Russische Bomber und iranische Bodentruppen brachten im Syrien-Krieg die Wende und erweckten einen bereits toten Assad wieder zum Leben. Wobei eines klar ist: Noch hat die Pax Russica nicht gegriffen. Noch ist das Schlachten in Syrien nicht beendet, noch gibt es viele Ungereimtheiten. So ziehen die vermeintlichen Partner Russland und Türkei in Syrien alles andere als an einem Strang. Und leicht wird man weder an den Interessen der zunehmend aggressiver auftretenden Saudis als Erzfeinde des Iran und auch an denen der USA nicht vorbeikommen. Im syrischen Gemetzel sind noch viele Rechnungen offen.

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