Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 22. April 2017, Leitartikel von Manfred Mitterwachauer: „Mehr als nur eine Befragung“

Innsbruck (OTS) Der Alpenverein hat es geschafft: Die rechtliche Hürde für eine Volksbefragung in Innsbruck über die Verlegung der strittigen Patscherkofelbahn-Bergstation ist genommen. Ein Urnengang, der sowohl für die Stadt als auch das Land zur Unzeit kommt.

Nach drei von vier Wochen Auflagefrist hat der Alpenverein (AV) sein Ziel erreicht. Mit dem gestrigen Tag haben bereits mehr als 2000 Innsbruckerinnen und Innsbrucker die Bürgerinitiative zur Verlegung der Bergstation der neuen Patscherkofelbahn unterzeichnet. Zum Schutz des AV-Schutzhauses. Mit dem Sprung über diese Hürde steht laut geltendem Stadtrecht fest, dass der Gemeinderat eine stadtweite Volksbefragung über das Anliegen einzuleiten hat.
Andreas Ermacora, in dieser Causa Anwalt der betreffenden Sektion, aber zugleich auch Präsident des Oesterreichischen Alpenvereins, weiß indes nur zu gut, dass zwar ein Etappensieg gelungen, damit aber wohl auch der erste Schritt zur finalen Niederlage eingeleitet ist. Denn dass die Volksbefragung für den AV erfolgreich enden kann – daran glaubt in der Stadt keiner. Das liegt am Stadtrecht. Mehr als die Hälfte aller Wahlberechtigten müsste für das AV-Ansinnen stimmen. Aktuell wären das mehr als 45.000 Stimmen. Zum Vergleich: Bei der letzten Innsbrucker Gemeinderatswahl 2012 wurden mit in Summe (!) rund 49.400 nur unwesentlich mehr gültige Stimmen abgegeben als der AV jetzt bräuchte. Was im Stadtrecht zu stehen hat, entscheidet letztlich die Politik: Landtag wie Gemeinderat. Die hohe Stimmenhürde ist somit nichts anderes als ein – politisch gewolltes – K.-o.-Kriterium.
Im Wissen, dass die Befragung also zum Scheitern verurteilt sein dürfte, ist selbige für die Viererkoalition realpolitisch so unnötig wie ein Kropf. Aber auch die Landespolitik hätte damit keine Freude. Wo man doch in Bälde ganz Tirol über Olympische Winterspiele 2026 abstimmen lassen will. Innsbruck als Host City kommt hierbei die Schlüsselrolle zu – gute Stimmung ist Pflicht. Ein vorgelagerter und hitziger Kofel-Urnengang könnte aber den Olympiagegnern in der Stadt ungewollten Auftrieb geben, so die Befürchtungen im Landhaus. Zudem dürften beide Befragungen auch zu Gradmessern der allgemeinen (Un-)Zufriedenheit mit der Politik im Rathaus hochstilisiert werden. Gehen nämlich Kofel- wie Olympia-Befragung in der Stadt – ungeachtet der Beteiligung – klar zu Ungunsten der Regierung aus, wäre das ein offenes Misstrauensvotum gegen Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer und ihr Regierungsteam. Eines, das die Sprengkraft besäße, die Koalition lange vor dem regulären Wahltag am 22. April 2018 aus dem Amt zu katapultieren. Umso mehr ist der Stadtspitze an einer Einigung mit dem Alpenverein in letzter Sekunde gelegen.

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