Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 13. November 2017; Leitartikel von Florian Madl: „Sport – keine Spielwiese für Extremisten“

Innsbruck (OTS) Ein Tiroler Rad-Senior erhob bei der Siegerehrung den Arm zum Hitlergruß, ein Moderator fand nichts dabei. Der Sport eignet sich für Fehlgeleitete offensichtlich als Plattform, die Reaktion darauf fällt zu selten harsch aus.

Es ist wieder passiert, diesmal im Rahmen einer Siegerehrung. Im Überschwang der Gefühle sah sich ein Tiroler Amateurradsportler der Altersgruppe über 70 Jahre dazu veranlasst, seine rechte politische Gesinnung mit einer eindeutigen Geste zum Ausdruck zu bringen. Das passierte nach dem Bericht eines Augenzeugen nicht zum ersten Mal:
Schon einmal soll der Fehlgeleitete darauf beharrt haben, seine Gliedmaßen so zu bewegen, wie er das wolle. Dass der Moderator die Geste des Tirolers als „legitime Form“ der Meinungsäußerung abtat, ergänzt das beschämende Szenario. Sportkompetenz allein befähigt keinen für diese Funktion.
Mit lebenslanger Sperre und der Aberkennung des Preises reagierte der Radsport-Veranstalter jedenfalls konsequenter, als das in der Branche im Fall so manches Dopingvergehens passierte – Kavaliersdelikt ist keines der beiden Vergehen, der politische Fehltritt noch viel weniger.
Doch von einem Einzelfall zu sprechen, greift im konkreten Zusammenhang zu kurz. Was im internationalen Sportgeschehen etwa Fans von Lazio Rom schamlos vormachen, reicht bis in den Tiroler Amateurfußball. Auch dort werden Vorfälle von Ausländerfeindlichkeit registriert, fehlendes Schuldbewusstsein und mangelnde Beweislage lassen manche Untersuchung im Sand verlaufen. Auf einmal wollen Anwesende, die zuvor noch jeden vermeintlichen Fehlpfiff des Schiedsrichters bis hin zum Outeinwurf lautstark und in unflätiger Weise reklamierten, nichts bemerkt haben. Plötzlich gab es keine Affen-Laute, keine Holocaust-Anspielungen. Ein Szenario, das zum Fremdschämen anregt, und das gilt nicht nur für das Auftreten der Verursacher:
Wo bleibt die Zivilcourage, wo der Widerspruch der Beteiligten, wenn Mitglieder der Gesellschaft ihre fragwürdige Gesinnung zum Ausdruck bringen? Bis hin zum Vereinsausschluss, zur Anzeige scheint alles angebracht, was solche Umtriebe in die Schranken weist. Der Sportplatz ist kein rechtsfreier Raum, genauso wenig wie soziale Netzwerke, wo in der Anonymität die Hemmungslosigkeit regiert. Der Emotion wird im Sport vieles zugestanden, nur kennt eben auch diese Grenzen. Das Österreich des 21. Jahrhunderts ist durch die Flüchtlingsthematik auf die Probe gestellt, interkulturelles Miteinander bleibt eine der Säulen der Gesellschaft. Wer das nicht versteht, möge – um in der Diktion besagten Radlers zu bleiben – seine Gliedmaßen in alle Richtungen strecken. Aber ausschließlich allein und bitte nicht in der Öffentlichkeit.

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