TIROLER TAGESUEITUNG „Leitartikel“ vom 19. April 2019 von Floo Weißmann „Womit man gerade noch durchkommt“

Innsbruck (OTS) - In den USA hat der Sonderermittler den Präsidenten vorgeführt, aber nicht politisch erledigt.
Im beginnenden Wahlkampf 2020 können nun beide Lager so weitermachen wie bisher.

Der Bericht von FBI-Sonderermittler Robert Mueller wird die politische Dynamik in Washington voraussichtlich nicht entscheidend verändern. Sowohl das Lager von Präsident Donald Trump als auch seine zahlreichen Gegner und Kritiker dürften sich in ihren Positionen bestärkt sehen. Und eine „smoking gun“, auf die viele gehofft hatten, liegt nach ersten Erkenntnissen nicht vor.
Gewiss: Nach herkömmlichen politischen Maßstäben hat Mueller einen vernichtenden Bericht vorgelegt. Er beschreibt einen amerikanischen Präsidenten, der sich ausgerechnet vom geopolitischen Rivalen Russland ins Amt helfen ließ. Der anschließend tat, was er konnte, um die Ermittlungen in der so genannten Russland-Affäre zu hintertreiben – bis hin zum Versuch, den Sonderermittler zu feuern.
Doch für Trump gelten die herkömmlichen Maßstäbe nicht mehr. Er und seine Getreuen haben die Grenzen dessen, womit man gerade noch durchkommt, im Laufe der Zeit stetig ausgeweitet und für ihre Anhängerschaft eine politische Parallelwelt erschaffen. Für Trump zählt alleine, dass Mueller es nicht geschafft hat, ihm einen Rechtsbruch zweifelsfrei und gerichts­tauglich nachzuweisen. Das verkauft er als Freispruch und als Beleg dafür, dass er Opfer einer Hexenjagd geworden sei. Mindestens ein gutes Drittel der Amerikaner ist willens, ihm das zu glauben.
Aber auch Trumps Gegner gehen durch den Mueller-Bericht nicht völlig leer aus. Sie verfügen nun gleichsam über eine amtliche Bestätigung für Trumps Lügen und schmutzige Tricks sowie über zahlreiche neue Ansatzpunkte, um den Präsidenten mit weiteren Nachforschungen zu piesacken und bloßzustellen. Was nicht eindeutig illegal ist, kann trotzdem politisch und moralisch verwerflich sein.
Die führenden Demokraten mögen insgeheim froh sein, dass sie nun nicht von den eigenen Hinterbänklern in ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump getrieben werden. Sie wollen sich lieber über Inhalte profilieren. Der Kongresswahlkampf im Vorjahr zeigt: Mit Vorschlägen zur Gesundheits-, Steuer- und Einwanderungspolitik ist für die Demokraten mehr zu holen als mit einem Grabenkampf, der letztlich allen Beteiligten schadet. Die Unbeliebtheit des Präsidenten bei ihrer Klientel fällt ihnen ohnehin in den Schoß.
In gewisser Weise gehen damit nun beide politischen Lager befreit in den Wahlkampf 2020. Der wird auch ohne den Mueller-Bericht zu einer Schlammschlacht, wie sie Amerika in jüngerer Zeit nicht erlebt hat.

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