Tierschutzgesetz: Kontroverse Debatte auch im Bundesrat

Länderkammer stimmt einhellig für Anpassungen im Lebensmittelrecht

Wien (PK) Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner hatte heute erstmals die Gelegenheit, mit den Bundesrätinnen und Bundesräten zu diskutieren. Anlass dafür waren die Änderungen im Tierschutzgesetz, die auch im Bundesrat eine kontroverse Debatten hervorriefen. Wie im Nationalrat stimmten schließlich ÖVP und SPÖ dafür – mit der Novellierung sei eine praxistaugliche Lösung erzielt worden, so der Tenor. Ministerin Rendi-Wagner sprach von einer zeitgemäßen Adaptierung und einem fortschrittlichen Kompromiss. Für die Freiheitlichen und Grünen überwiegen demgegenüber die negativen Punkte die positiven Aspekte.

Wesentliche Aspekte der Novelle zum Tierschutzgesetz

Die Novelle bringt vor allem die verpflichtende Kennzeichnung von Zuchtkatzen mittels eines zifferncodierten, elektronisch ablesbaren Microchips durch einen Tierarzt bzw. eine Tierärztin ab dem Jahr 2018. Zudem ist vorgesehen, dass die Haltung zum Zwecke der Zucht als auch zum Zwecke des Verkaufs bewilligungspflichtig ist, und zwar nicht nur im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit, sondern auch im Rahmen von sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeiten; ausgenommen ist die Land- und Forstwirtschaft. Jedenfalls muss auf ausreichende Haltungsbedingungen geachtet und die Tätigkeit der Behörde gemeldet werden. Dies betrifft einerseits den privaten Handel mit Haustieren, aber auch Unterbringungen durch diverse Organisationen. Was die Anbindehaltung von Rindern betrifft, so werden Details zugunsten kleiner Landwirtschaftsbetriebe neu festgelegt.

Privatpersonen dürfen in Zukunft keine Tiere mehr auf Internetplattformen anbieten. Als Tierquälerei gilt nun auch die Verwendung von Halsbändern mit Zugmechanismus, die das Atmen des Hundes erschweren. Verboten wird das Tätowieren und die Verfärbung von Haut, Federkleid oder Fell aus modischen oder kommerziellen Gründen.

Auch der Zuchtbegriff wird präzisiert. So liegt Zucht im Sinne des Tierschutzgesetzes nicht nur bei einer gezielt herbeigeführten Fortpflanzung vor, sondern auch immer dann, wenn der Halter die Fortpflanzung bewusst ermöglicht („nicht verhinderte Anpaarung“). Außerdem ist sie auch dann gegeben, wenn die zur Deckung verwendeten männlichen Tiere eventuell nicht zugeordnet werden können, wie dies bei z.B. bei Freigangshaltung der Fall ist.

Schließlich werden Begriffe wie Tierasyl, Gnadenhof und Tierpension ebenso präzisiert wie der rechtliche Status der Tierschutzombudspersonen und der Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz.

Anbindehaltung bleibt sensibles Thema

Trotz Ablehnung der Novelle sahen FPÖ und Grüne durchaus positive Punkte im vorliegenden Gesetzesentwurf. Dazu zählen vor allem das Verbot von Halsbändern mit Zugmechanismen und das Verbot des Internethandels mit Tieren. Thomas Schererbauer (F/O) konnte jedoch keine echte Weiterentwicklung bei der Nutztierhaltung und Anbindehaltung erkennen. Er befürchtet existenzgefährdende Vorschriften für die Bauern und kritisierte, dass die Anbindehaltung von Rindern zu allgemein gehalten sei. Nicole Schreyer (G/T) von den Grünen wiederum zeigte kein Verständnis für die Ausnahmeregelungen im Zusammenhang mit der Anbindehaltung. Solche Ausnahmen dürften ihrer Ansicht nach nur befristet und in Einzelfällen genehmigt werden. Es gehe nicht darum, die Anbindehaltung an sich, sondern die dauernde Anbindehaltung zu verbieten, stellte sie klar.

Nicht zufrieden zeigte sich Schreyer auch mit der Zuchtdefinition bei Katzen, die sie als zu lax und kaum kontrollierbar empfindet. Für sie gehen auch die Ausnahmeregelungen bei der Tierquälerei zu weit. Schließlich wandte sich Schreyer dagegen, dass der Verkauf von Hunden und Katzen in Zoohandlungen noch immer möglich ist. „Tiere sind keine Handelsware“, begründete sie ihr Eintreten für ein diesbezügliches Verbot.

Schererbauer brachte seitens der Freiheitlichen ein Gütesiegel für den Tierschutz in die Diskussion ein und wies in diesem Zusammenhang auf die problematische Haltung von Gänsen zur Produktion von Daunen hin. Ein derartiges Gütesiegel würde eine nachhaltige Landwirtschaft fördern, betonte er.

Wenngleich sie der Novelle zustimmte, ist für Adelheid Ebner (S/N) im Tierschutz noch viel zu tun. Tierschutz könne nie weit genug gehen, es müsse aber ein Kompromiss mit der Landwirtschaft und der Wirtschaft gefunden werden, räumte sie ein. Diese Novelle sei längst notwendig, sagte sie und zeigte sich zufrieden, dass aufgrund der zahlreichen Stellungnahmen weitere Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf gelungen sind. Die Lösung für die Anbindehaltung hält sie für noch nicht zufriedenstellend, Tiere 350 Tage im Jahr anzubinden, ist in ihren Augen beschämend. Notwendig wäre wenigstens ein Freilaufstall. Sie plädierte auch für eine finanzielle Unterstützung kleinerer Betriebe.

Viele Kleinbetriebe hätten keine Möglichkeit, den Rindern Auslauf zu bieten, argumentierte demgegenüber Martin Preineder (V/N). Die behördliche Meldepflicht ermögliche aber eine stärkere Kontrolle. Grundsätzlich sieht Preineder diese Frage ebenso vernünftig gelöst wie das Thema der streunenden Katzen. Grundsätzlich wandte er sich dagegen, Nutztiere nur als leidende Tiere und Haustiere nur als gut gepflegte Tiere zu sehen. Auch müsse man manchmal die Menschen vor den Tieren schützen, und das sei etwa beim Umgang mit Rindern der Fall. Tierwohl könne auch von den KonsumentInnen gesteuert werden wenn sie bewusst Produkte aus tiergerechter Haltung kaufen, konstatierte er.

Rendi-Wagner: Politik muss Kompromisse zwischen Interessenslagen finden

Auch für Bundesministerin Pamela Rendi-Wagner kann der Tierschutz nicht weit genug gehen, die Politik habe aber die Aufgabe, Kompromisse zu finden, sagte sie. Es gelte, einen Ausgleich der Interessenslagen zu erreichen, und das sei in den zweijährigen Verhandlungen zur Novellierung des Tierschutzgesetzes gelungen. Das Ergebnis könne sich sehen lassen. Für das Verbot der Anbindehaltung von Rindern sei offensichtlich die Zeit noch nicht reif, so Rendi-Wagner, mit der Meldepflicht sei aber ein wichtiger Schritt gesetzt worden.

Go für EU-Anpassungen im Lebensmittelrecht

Im Fokus der im Bundesrat einstimmig beschlossenen Novelle zum Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz stehen Anpassungen von gültigem EU-Recht. Durch die Umsetzung der Vorgaben entfällt die Bezeichnung „diätetische Lebensmittel“, neu ist hingegen der Begriff der „Lebensmittel für spezielle Zwecke“. Unter diese Sammelbezeichnung fallen nun Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung, Getreidebeikost, Lebensmittel für medizinische Zwecke und Tagesrationen für eine gewichtskontrollierende Ernährung. Neu ist auch eine Meldeverpflichtung für – noch nicht am Markt befindliche -Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke.

Regionale Lebensmittel statt Irreführung bei Zucker, Glutamat und Antibiotika

Zur Umsetzung von EU-Richtlinien und EU-Gesetzen gehöre auch diese Novelle, konstatierte Adelheid Ebner (S/N). Neben der Kontrolle und Kennzeichnung von Lebensmitteln machte die Bundesrätin auch die hohen Diabetiker-Zahlen in Österreich zum Thema. Dass „die WHO Alarm“ schlage, zeige die Notwendigkeit von flächendeckenden Präventionsmaßnahmen. Die Kennzeichnungen sollen für VerbraucherInnen sichtbar sein, beim Thema Zucker sei dies notwendiger denn je. Zudem führte sie die Arbeit der AGES (Österreichische Agentur für Ernährungssicherheit) ins Treffen, die etwa beim Einsatz von Antibiotika in der Tiermedizin wichtige Daten sammle.

Die Sensibilität der KonsumentInnen für Herkunft und die Art und Weise der Produktion von Lebensmittel ist nach Ansicht von Eduard Köck (V/N) höher, vielleicht auch durch die Globalisierung der Lebensmittelproduktion und die damit verbundenen Skandale. Viele Menschen wollen Klarheit darüber, wie und wo produziert wird und auch LandwirtInnen wollen klare Rahmenbedingungen, erläutert er. Er richtete sein Wort auch an die KonsumentInnen, die „für schlechtes Geld nur schlechtes Essen“ bekämen, weshalb es gute Regeln brauche, um KonsumentInnen Sicherheit geben zu können. Köck ärgerte sich über Preisvergleiche von Warenkörben innerhalb verschiedene EU-Länder. „Solche Vergleiche sollte man unterlassen“, hapere es doch an der Vergleichbarkeit der Produktionsstandards. Dieses Gesetz bringe nun die Unterbindung derartiger Irreführungen oder gar Täuschungen von KonsumentInnen mit sich. Im Bereich der Eigenmarken bleibe allerdings noch viel zu tun, da Zulieferer hier scheinbar beliebig austauschbar seien, bemängelte er. Als VerbraucherIn erkenne man den Produktionsstandort nur anhand eines kleinen ovalen Stempels auf der Rückseite. Doch auch bei Eigenmarken müsse die Kennzeichnung, wie und wo produziert wurde, stimmen, bekräftigte Köck (V/N) sein Beispiel. In Österreich gebe es bereits viele gute Ideen, die zum Einkauf regionaler Produkte verleiten. Auch das Projekt des Bundesheeres, regional zu kaufen, sei ein Schritt in die richtige Richtung. Zukünftig sollte seiner Meinung nach der Rolle des Zuckers und des Glutamats mehr Gewicht gegeben werden, machen doch beide süchtig und sind giftig.

Auch Christoph Längle (F/V) erachtete die Änderungen und Anpassungen als logisch und schlüssig. Er verurteilte gleichzeitig die Irreführung der KonsumentInnen auf das Schärfste, gerade hinsichtlich der Herkunft, Zusammensetzung und Haltbarkeit von Lebensmitteln. Ein Lob sprach er zudem den österreichischen LandwirtInnen und LebensmittelproduzentInnen aus, die als UnternehmerInnen ihr Bestes geben würden. Längle forderte, sich mehr als bisher dem gesellschaftlichen Problem der Lebensmittelverschwendung zu widmen, auch bei der Tierhaltung und bei Tiertransporten seien entsprechende Zeichen zu setzen. (Fortsetzung Bundesrat) jan/wat

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