SPÖ und NEOS wollen Gesetzgebungsprozess transparenter machen, Liste Pilz für neuen Bestellungsmodus im OGH

Nationalrat beendet Sitzungstag mit Ersten Lesungen

Wien (PK) Mehr Transparenz im Gesetzgebungsprozess, eine intensivere Beschäftigung mit Bürgeranliegen und mehr Expertise für die parlamentarische Arbeit – mit diesen Forderungen der Opposition beschäftigte sich der Nationalrat zum Abschluss seiner heutigen Sitzung. Basis dafür bildeten vier Anträge der SPÖ und eine Initiative der NEOS, mit denen sich nun der Geschäftsordnungsausschuss beschäftigen wird. Über die Anliegen soll laut ÖVP-Klubobmann August Wöginger im Herbst verhandelt werden, die Regierungsparteien pochen aber auf ein Gesamtpaket, das auch Reformvorschläge von ihrer Seite umfasst.

Konkret schlägt die SPÖ in ihren Anträgen ( 242/A , 243/A , 244/A , 245/A ) u.a. vor, öffentliche Ausschusssitzungen und parlamentarische Enqueten künftig live zu übertragen sowie Volksbegehren in speziellen Nationalratssitzungen unter Einbeziehung der InitiatorInnen zu beraten. Außerdem wollen der geschäftsführende Klubobmann Andreas Schieder und seine FraktionskollegInnen die Regierungsspitze dazu verpflichten, einmal jährlich im Parlament die Abgeordneten und die Öffentlichkeit darüber zu informieren, welche Gesetzesvorhaben in den nächsten Monaten auf der Agenda stehen. BürgerInnen soll die Möglichkeit eingeräumt werden, Bürgerinitiativen elektronisch einzubringen und ihre Anliegen persönlich im Petitionsausschuss darzulegen.

Auch in eigener Sache pochen die SPÖ-Abgeordneten auf mehr Rechte, etwa was die Beiziehung von ExpertInnen zu Ausschussberatungen, die Beauftragung des Rechnungshofs mit Prüfungen und die Einholung von Gutachten beim parlamentarischen Rechts- und Legislativdienst betrifft.

Drei der vier Anträge würden auf Empfehlungen der in den Jahren 2014 und 2015 tagenden parlamentarischen Enquete-Kommission zur Stärkung der Demokratie in Österreich beruhen, hielt Abgeordneter Peter Wittmann in der Debatte fest. Darüber sei in der letzten Legislaturperiode auch schon grundsätzlicher Konsens erzielt worden. Er geht in diesem Sinn von einer konstruktiven Diskussion aus.

ÖVP und FPÖ beharren auf Gesamtpaket bei GO-Reform

Seitens der Koalitionsparteien zeigten sich August Wöginger (ÖVP) und Philipp Schrangl (FPÖ) grundsätzlich gesprächsbereit. Die ÖVP stehe nach wie vor zum in der letzten Legislaturperiode erzielten Konsens, was die Umsetzung der Vorschläge der Demokratie-Enquete betrifft, sagte Wöginger. Es gebe allerdings von allen Parteien gute Vorschläge, die gemeinsam beraten werden sollten. So geht es der ÖVP unter anderem darum, Sitzungsabläufe effizienter zu gestalten, etwa was Dringliche Anfragen betrifft. Eine erste Diskussion im Geschäftsordnungs-Komitee des Nationalrats fand laut Wöginger bereits am 28. Mai statt, im Herbst soll weiterverhandelt werden.

Auf ein Gesamtpaket beharrt auch FPÖ-Verfassungssprecher Schrangl. Die Vorschläge der SPÖ seien durchaus einer Diskussion wert, meinte er, es sei aber nicht zweckmäßig, Einzelmaßnahmen zu setzen. Die Geschäftsordnung des Nationalrats sei ein Uhrwerk, wo alle Zahnräder ineinandergreifen.

Wenig Verständnis für die Argumentation der Regierungsparteien äußerte Nikolaus Scherak (NEOS). Seiner Meinung nach setzt die Koalition auf Zeitverzögerung. Um die von der SPÖ vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen, brauche es kein großes Gesamtpaket, ist er überzeugt. Die Anliegen würden „niemandem wehtun“. Von der Demokratie-Enquete sei ohnehin wenig übrig geblieben. An einen großen Wurf in Bezug auf die Reform der Geschäftsordnung glaubt Scherak ohnehin nicht, die Parteien hätten dazu viel zu unterschiedliche Vorstellungen.

NEOS für öffentliche Ausschusssitzungen

Einen Schritt weiter als die SPÖ gehen die NEOS mit ihrem Antrag ( 57/A). Sie plädieren dafür, die Fachausschüsse des Nationalrats grundsätzlich für die interessierte Öffentlichkeit zu öffnen. Nur in Ausnahmefällen sollen die Beratungen künftig vertraulich bzw. nicht öffentlich sein. Die derzeitige Praxis der Nichtöffentlichkeit sei nicht mit einem modernen Verständnis von Parlamentarismus vereinbar, sind sich Scherak und Irmgard Griss einig. Zudem glauben sie, dass öffentliche Ausschusssitzungen die gängige Vertagung von Oppositionsanträgen ohne tiefere inhaltliche Auseinandersetzung erschweren würden. Dass öffentliche Ausschusssitzungen klappen, sehe man etwa im britischen Parlament und im Europäischen Parlament, betonte Griss in der Debatte.

Uneingeschränkt unterstützt wird der Antrag der NEOS von der Liste Pilz. Wären Ausschusssitzungen öffentlich, würde die Öffentlichkeit nicht nur über die vielen sinnvollen Anträge der Opposition informiert, sondern auch über die absurden Begründungen der Regierungsparteien, mit denen diese Anträge ständig vertagt würden, sagte Wolfgang Zinggl (PILZ). So warte er etwa schon seit zehn Jahren auf versprochene Maßnahmen gegen die Zersiedelung in Österreich. Zudem würde es für MinisterInnen unter öffentlicher Beobachtung schwieriger, statt mit den Abgeordneten mit ihrem Handy zu kommunizieren.

Liste Pilz will mehr Transparenz bei der Bestellung des OGH-Präsidiums

Ebenfalls einer Ersten Lesung unterzogen wurde ein Antrag der Liste Pilz, der auf einen neuen Bestellungsmodus im OGH abzielt. Sie kritisiert die Besetzung von PräsidentIn und VizepräsidentInnen des OGH als intransparent und schlägt daher in einem Antrag die Besetzung der Funktionen auf Basis eines Besetzungsvorschlags der Vollversammlung der Mitglieder des OGH vor. Darüber hinaus sollte der Justizminister bei Richterbestellungen zu einer Mitteilung an die Stellen, die Besetzungsvorschläge erstellt haben, verpflichtet sein, wenn er von diesen Besetzungsvorschlägen abweicht. Dadurch würde ein nachvollziehbarer Entscheidungsprozess gefördert und jeglicher Anschein politischer Einflussnahme beseitigt, meint der Antragsteller Alfred Noll (PILZ). Mehr Transparenz und Offenheit würde dem Ansehen der RichterInnen gut tun, sagte er, es würde auch der Verdacht politischer Willkür vermieden werden.

Dieser Meinung schloss sich Muna Duzdar (SPÖ an. Sie hält es für positiv, wenn MitarbeiterInnen wählen können und in die Bestellung miteinbezogen werden. Das bringe auf jeden Fall mehr Transparenz, sagte sie.

Ganz anders sehen dies Michaela Steinacker (ÖVP) und Markus Tschank (FPÖ). Beide halten es nicht für richtig, wenn sich MitarbeiterInnen ihre Vorgesetzten selber aussuchen. Das führe keineswegs zu mehr Transparenz, sondern zu einem Wahlkampf unter den RichterInnen, warf Steinacker ein. Tschank warnte vor einer Tendenz zu einer Insiderclique. Sowohl Steinacker und Tschank wiesen auf die Verantwortung des Justizministers vor dem Parlament hin, auf die nicht verzichtet werden sollte. Sie seien aber durchaus offen für sinnvolle Verbesserungen.

Zwei weitere Nationalratssitzungen (29. und 30.) dienten in der Geschäftsordnung vorgesehenen Mitteilungen und Zuweisungen. (Fortsetzung Nationalrat) gs/jan

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