Sozialversicherungen: Opposition steuert eigene Reformvorschläge bei

Gesundheitsausschuss debattiert auch "Don't Smoke"-Petition

Wien (PK) - Die von der Regierung geplante Reform der Sozialversicherungen beherrschte den Gesundheitsausschuss des Nationalrats auch nach der Aussprache mit Ministerin Beate Hartinger-Klein. Die SPÖ tritt mit zwei Anträgen gegen die angedachten Einsparungen bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt AUVA trat auf, außerdem setzt sich SPÖ-Gesundheitssprecherin Pamela Rendi-Wagner für eine Leistungsharmonisierung bei den Krankenversicherungen ein. Zum Abbau von Privilegien im Krankenversicherungswesen und zur Ankurbelung des Wettbewerbs in diesem Bereich schlägt NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker mehrere Maßnahmen vor, die ebenfalls auf gleichwertige Leistungsansprüche abzielen. Mit transparenten Qualitätsmessungen wollen die NEOS überdies das stationäre sowie das ambulante Leistungsniveau heben. Die Regierungsfraktionen ÖVP und FPÖ vertagten jedoch alle Oppositionsanträge und argumentierten dies vor allem mit der auf Regierungsebene bereits angestoßenen Sozialversicherungsreform.

Vertagt wurden von der Ausschussmehrheit weiters ein SPÖ-Vorstoß zur Umsetzung des Aktionsplans Frauengesundheit und ein Antrag der Liste Pilz, den Verkauf von Welpen im Zoofachhandel zu unterbinden. Breiten Raum in der Ausschussdiskussion nahm die von rund 470.000 BürgerInnen unterschriebene Don’t Smoke-Petition ein, die auf ein allgemeines Rauchverbot in der Gastronomie abzielt. Die Regierungsfraktionen wollen für eine Entscheidung darüber das Ergebnis des Anfang Oktober anlaufenden Volksbegehrens abwarten.

SPÖ warnt vor Einsparungen bei der AUVA

Eine Lanze für die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) brechen die SozialdemokratInnen in zwei Anträgen ( 163/A(E) , 210/A(E) ). Antragstellerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) weist darin nicht nur auf die Bedeutung der AUVA zur Versorgung und finanziellen Entschädigung verunfallter oder an Berufskrankheiten leidender ArbeitnehmerInnen hin, sondern auch darauf, dass Betriebe sich durch den Arbeitgeberbeitrag von 1,3% der Beitragsgrundlage an die AUVA gegen Schadenersatzforderungen absichern. Eine Absenkung des Beitragssatzes auf 0,8%, die vor allem Großkonzernen zugutekomme, sei strikt abzulehnen, so Rendi-Wagner, denn die daraus resultierenden Einsparungen von fast 500 Mio.€ würden wichtige Bereiche der AUVA wie Angebote zur Prävention und Rehabilitation treffen, was ihre Parteikollegin Verena Nussbaum am Beispiel der geminderten Unterstützungsleistungen für Fahrradprüfungen für Volksschulkinder festmachte.

Liste-Pilz-Gesundheitssprecherin Daniela Holzinger-Vogtenhuber machte aus ihrer Entrüstung keinen Hehl, Beitragssenkungen für Unternehmer anzudenken, ohne Klarheit über die künftige Leistungsfinanzierung zu haben. Ihr Bereichskollege von den NEOS, Gerald Loacker, nutzte die Gelegenheit, Einsparungen bei der AUVA durch eine verpflichtende Unfallversicherung der Arbeitnehmer durch die Arbeitgeber bei einer von ihnen frei gewählten Versicherung zu propagieren.

Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein verdeutlichte daraufhin, die beabsichtigte Reorganisation der Verwaltungsstrukturen in der Unfallversicherungsanstalt in Form einer Betriebsgesellschaft, wo Aufgaben vom Facility Management bis zum Einkauf gebündelt würden, werde zur im Regierungsplan dargestellten Aufwandsreduktion führen. Zusätzliche Ausgabenminderungen ergäben sich durch Kooperationen der AUVA mit Versicherungsträgern in den Bundesländern. Keinesfalls werde es dagegen Einsparungen bei den Leistungen geben, im Gegenteil sollten Maßnahmen wie das Traumanetzwerk zwischen Bund, Sozialversicherungen und Ländern zu erheblichen Verbesserungen für die PatientInnen führen. "Eine Auflösung der AUVA ist vom Tisch" bestätigte Hartinger-Klein gegenüber den Abgeordneten Angela Fichtinger (ÖVP), Gerhard Kaniak und Peter Wurm (beide FPÖ), die die SPÖ-Anträge als nicht mehr stimmig werteten. Ob die AUVA zur Einsparungszwecken auch auf Rücklagen zurückgreifen muss, wie Rendi-Wagner in den Raum stellte, liegt Hartinger-Klein zufolge in der Entscheidungshoheit der Selbstverwaltung.

An ihre Pläne zur Harmonisierung der Leistungen aller Krankenversicherungsträger erinnerte die ehemalige Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner ihre Nachfolgerin Beate Hartinger-Klein in einem weiteren Antrag ( 276/A(E) ). Der 2017 gestartete Reformweg sei unbedingt fortzusetzen, lautet Rendi-Wagners Appell. Trotz der aktuellen Reformvorschläge der Regierung würden nämlich viele Ungleichheiten bei den Versicherungen wie Selbstbehalte und unterschiedlich hohe Zuschüsse weiter bestehen. In diesem Sinn spricht die Sozialdemokratin der Reform auch ab, ein Jahrhundertprojekt zu sein und zur allgemeinen Leistungssteigerung beizutragen.

NEOS fordern mehr Solidarität und Wettbewerb bei Krankenversicherungen

Keineswegs würden mit der aktuellen Reform alle Ungerechtigkeiten bei den Krankenversicherungen ausgeräumt, finden ähnlich wie die SozialdemorkatInnen auch die NEOS. Ihr Gesundheitssprecher Gerald Loacker prangert in seinem Antrag ( 286/A(E) ) an, Versicherte der Krankenfürsorgeanstalten (KFA) würden im Vergleich zu normalen Versicherten massive Privilegien weiter genießen. Immerhin müssten die für öffentlich Bedienstete eingerichteten KFA keine beitragsschwachen Gruppen wie etwa Arbeitslose, MindestsicherungsbezieherInnen oder AsylwerberInnen versichern, könnten also Vermögen anhäufen. Vor diesem Hintergrund kritisiert Loacker, die Regierung wolle diese gesetzlichen Krankenversicherer überhaupt nicht in die Reformpläne einbeziehen.

Falls die Zusammenlegung der Unselbständigen-Träger die KFA nicht mitumfasst, solle ein sogenannter Risikostrukturausgleich installiert werden, urgiert Loacker ein Krankenversicherungs-Solidaritätsstärkungs-Gesetz, beruhend auf von den Trägern nicht beeinflussbaren Faktoren wie Einkommen, Demographie, Morbidität oder Hochkostenfälle. SPÖ-Mandatar Philip Kucher kritisierte ebenso, die Regierung räume Ungleichgewichte in der Gesundheitsversorgung nicht aus, die Reform sei "mutlos". Gemeinsam mit Abgeordneter Martina Diesner-Wais (ÖVP) wies Ministerin Hartinger-Klein jedoch auf verfassungsrechtliche Hürden hin - von den Länderkompetenzen bis zur Selbstverwaltung der Sozialversicherungen -, die eine Leistungsharmonisierung inklusive der KFA erschwerten.

Bei der Organisation der Krankenkassen sehen die NEOS die Schweiz als Vorbild. Diese sei bei den Eidgenossen ebenso wie in Deutschland und Holland auf mehr Wettbewerb ausgerichtet, wie Gerald Loacker in seinem Antrag auf ein "Krankenversicherungs-Wettbewerbsstärkungs-Gesetz (KVWStG) darstellt ( 287/A(E) ). Entscheidend sei dabei, die Beiträge an die regionale Versorgung anzupassen, sagte er in der Debatte, in der Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP) aber vor einer Gefährdung des Solidaritätsprinzips durch Wettbewerb zwischen den Kassen warnte.

Bessere Qualitätssicherung in Spitälern und Ordinationen in Aussicht

Ebenfalls das Schweizer Modell empfiehlt Loacker in Sachen Transparenz bei medizinischen Behandlungen und Operationen ( 234/A(E) ). Anstatt der hierzulande für Krankenhäuser als Qualitätsindikatoren angeführten Durchschnittswerte und Aufenthaltszahlen gebe es in der Schweiz eine standortbezogene Veröffentlichung der Qualitätsindikatoren. An der Qualitätsmessung im ambulanten Bereich bemängelt der NEOS-Abgeordnete, dass das derzeit damit betraute Tochterunternehmen der ärztlichen Standesvertretung (ÖQmed) nicht unabhängig agiere und keine Indikationsvergleiche heranziehe, weswegen die Ergebnisse in Frage zu stellen seien. Österreich brauche aber zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens eine umfassende, vergleichbare und standardisierte Qualitätsmessung im intra- wie extramuralen Bereich ( 314/A(E) ). Bei den übrigen Ausschussmitgliedern erhielt Loacker für seinen Vorstoß in Sachen Qualitätssicherung durchaus Zustimmung, wenn auch ÖVP-Mandatar Josef Smolle für Vorsicht plädierte, Daten aus einzelnen Spitalsabteilungen vorschnell zu veröffentlichen. Man könnte damit die hierzulande erst wachsende "Fehlerkultur" konterkarieren.

Ihr Haus sei gemeinsam mit der Ärztekammer und dem Patientenanwalt dabei, Informationen über die Behandlungsqualität transparenter zu machen, erläuterte daraufhin Gesundheitsministerin Hartinger-Klein. Etwa durch die Weiterentwicklung der Internetseite www.kliniksuche.at. Außerdem plane man eine verpflichtende Qualitätssicherung für Ordinationen.

Frauengesundheit: Hartinger-Klein will Thema mit GesundheitsreferentInnen der Länder diskutieren

Die Umsetzung des 2017 fertig gestellten "Aktionsplans für Frauengesundheit" auf Bundes- und Länderebene forderte im weiteren Verlauf der Sitzung SPÖ-Gesundheitssprecherin Rendi-Wagner von Ministerin Hartinger-Klein ein ( 300/A(E) ). Diese kündigte an, demnächst bei der Konferenz mit den LandesgesundheitsreferentInnen das Thema erörtern zu wollen. Gemeinsam mit zahlreichen ExpertInnen hat das Gesundheitsministerium Rendi-Wagner zufolge letztes Jahr ein umfassendes Konzept entwickelt, um genderspezifische Aspekte in der Prävention und Gesundheitsversorgung zu beachten, gerade hinsichtlich Chancengerechtigkeit, psychosozialer Gesundheit und der Vermittlung eines positiven Selbstbildes. Petra Wagner (FPÖ) hob in diesem Zusammenhang den vorjährigen einstimmigen Beschluss des Nationalrats für den Aktionsplan hervor, dessen Implementierung in den Ländern schon begonnen habe.

Liste Pilz: Welpenverkauf einen Riegel vorschieben

Für ein striktes Verkaufsverbot von Welpen ( 108/A ) macht sich die Liste Pilz stark. Die im Zoofachhandel angebotenen Tiere würden häufig aus nicht nachvollziehbaren ausländischen Quellen stammen, so die Argumentation. Zudem gebe es keine Informationen über Herkunft oder Haltungsbedingungen der Elterntiere, und die Sozialisierung der Hunde werde im Geschäftsumfeld beeinträchtigt. Daniela Holzinger-Vogtenhubers Plädoyer, im Interesse des Tierschutzes der Forderung von 52.000 BürgerInnen zu folgen und den Welpenhandel zu verbieten, konnte Josef Riemer (FPÖ) einiges abgewinnen. Er verwies jedoch auf laufende Gespräche mit verschiedenen Interessensträgern, die laut Ministerin Hartinger-Klein "ehestbald" zu einer Lösung führen würden.

Opposition unterstützt Nichtraucherschutz-Petition

Unterstützt von Abgeordneten der SPÖ, der NEOS und der Liste Pilz kam heute auch die von der Österreichischen Krebshilfe initiierte Online-Petition "Don´t Smoke, das Nichtraucherschutzgesetz muss bleiben" ( 1/PET ) in den Gesundheitsausschuss. Ziel des Forderungskatalogs ist die Wiederbelebung der 2015 im Nationalrat beschlossenen Tabakgesetznovelle, die ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie ab Mai 2018 vorsah.

Die Opposition wertet die heuer im Februar von ÖVP und FPÖ beschlossene Rücknahme des 2015 von der damaligen rot-schwarzen Regierung ausverhandelten und beschlossenen NichtraucherInnenschutzgesetzes als gesundheitspolitischen Rückschritt. 13.000 Tote durch aktiven und passiven Tabakkonsum führte Rendi-Wagner als Hauptargument für ein Rauchverbot in der Gastronomie an, Gerald Loacker (NEOS) befand, Österreich habe sich mit der letzten Tabakgesetznovelle zur "Lachnummer in Europa" gemacht. Besonders die ArbeitnehmerInnen in der Gastronomie hätten nun darunter zu leiden, kritisierte er unisono mit Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ), die zudem auf die Situation von Lehrlingen in diesem Bereich hinwies.

Österreich verfüge über das strengste Nichtraucherschutzgesetz der Welt, hielt für die FPÖ Peter Wurm entgegen. Tabakwaren dürften nur mehr an über 18-Jährige verkauft werden, das Rauchen im Auto mit einem Kind sei ebenso verboten wie der Zigarettenkonsum an Schulen und Universitäten. Ministerin Hartinger-Klein verwies außerdem auf ihre Verordnung, wonach Lehrlinge nicht länger als eine Stunde in rauchigen Räumen tätig sein dürfen. Wünschten sie aufgrund der Rauchbelastung einen Wechsel des Arbeitsplatzes, hätten sie dabei vom Arbeitgeber und der Wirtschaftskammer Unterstützung zu erhalten. Letztlich sprach sich Hartinger-Klein aber wie die Regierungsparteien dafür aus, die Ergebnisse des laufenden Volksbegehrens abzuwarten. (Schluss Gesundheitsausschuss) rei

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