Sozialausschuss verlängert Freistellung von Schwangeren bis Ende September

Ausnahmen für bereits geimpfte werdende Mütter; betriebliche Corona-Testungen werden weiterhin gefördert

Wien (PK) Die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie beschlossene Freistellungsregelung für schwangere Beschäftigte wird um weitere drei Monate bis Ende September verlängert. Eine entsprechende Novelle zum Mutterschutzgesetz hat heute mit den Stimmen von ÖVP und Grünen den Sozialausschuss des Nationalrats passiert. Demnach sind schwangere Beschäftigte, die bei der Arbeit physischen Kontakt mit anderen Personen haben, wie Friseurinnen oder Kindergartenpädagoginnen weiterhin ab Beginn der 14. Schwangerschaftswoche – bei vollem Lohnausgleich – freizustellen, sofern keine alternative Beschäftigungsmöglichkeit besteht. Allerdings werden nicht mehr alle werdenden Mütter von der Sonderregelung profitieren: Wer vollen Impfschutz hat, ist ab Juli ausgenommen. Kritik daran kommt von der SPÖ und der FPÖ. Sie befürchten, dass damit Druck auf schwangere Frauen ausgeübt werden könnte, sich impfen zu lassen. Die NEOS wiederum kritisieren, dass jene, die sich gegen eine Impfung entscheiden, auf Kosten der SteuerzahlerInnen freigestellt werden könnten.

Beschlossen hat der Sozialausschuss überdies, betriebliche Corona-Testungen auch weiterhin zu fördern: Die im Betrieblichen Testungs-Gesetz verankerte Förderschiene soll demnach um drei Monate bis Ende September verlängert werden, wobei grundsätzlich nicht nur Beschäftigte, sondern auch KundInnen und andere betriebsfremde Personen in Betrieben getestet werden können. Nicht durchsetzen konnte sich die Opposition mit diversen Anliegen, die allesamt von den Regierungsfraktionen vertagt wurden.

Keine Sonderfreistellung mehr für schwangere Beschäftigte mit vollem Impfschutz ab 1. Juli

ÖVP und Grüne begründen die Verlängerung der arbeitsrechtlichen Sonderregelung für schwangere Beschäftigte damit, dass bis Ende Juni nicht alle werdenden Mütter geimpft sein werden und diese grundsätzlich ein höheres Risiko haben, im Falle einer COVID-19-Infektion schwer zu erkranken. Dieses Risiko sei bei vollem Impfschutz allerdings minimiert, machen die Koalitionsparteien geltend. In diesem Sinn sollen schwangere Beschäftigte, die bereits beide Impfungen haben, ab 1. Juli nicht mehr von der Sonderregelung profitieren. Das gilt auch für bereits freigestellte Personen, wobei diese dem Arbeitgeber 14 Tage vorab mitteilen müssen, wann der vollständige Impfschutz eintreten wird.

Eingebaut wurden diese Bestimmungen in eine von den Koalitionsparteien beantragte Novelle zum Mutterschutzgesetz (1652/A), die zunächst nur redaktionelle Änderungen zum Inhalt hatte. Wann ein voller Impfschutz gegeben ist, führen ÖVP und Grüne in den Erläuterungen zum Abänderungsantrag näher aus: Demnach sind das 8 Tage nach der 2. Impfung mit Comirnaty (Pfizer), 14 Tage nach der 2. Impfung mit Moderna, 15 Tage nach der zweiten Impfung mit Vaxzevria (Astra Zeneca) und 15 Tage nach der (Einmal-)Impfung mit Janssen (Johnson & Johnson). Am Kostenersatz für die Arbeitgeber ändert sich durch die Novelle nichts, sofern die betroffenen Beschäftigten einen Anspruch auf Freistellung haben.

Von Seiten der SPÖ äußerten Verena Nussbaum und Josef Muchitsch Bedenken über das geplante Auslaufen der Frist mit Ende September. Gerade in den Wintermonaten könnte sich die epidemiologische Situation wieder verschlechtern, führte Nussbaum an. Sie hätte daher eine Verordnungsermächtigung ähnlich wie bei der Freistellung für Risikogruppen bevorzugt. Zudem ortete sie angesichts der Pflicht, dem Arbeitgeber mitzuteilen, wann der vollständige Impfschutz erreicht wird, einen Druck auf werdende Mütter. Man wisse aus der Praxis, dass die Freiwilligkeit der DienstnehmerInnen durch solche Formulierungen eingeschränkt werde.

Auch Dagmar Belakowitsch (FPÖ) äußerte die Sorge, dass Schwangere zu einer Impfung gedrängt werden könnten. Der Schutz des ungeborenen Kindes sollte bei schwangeren Frauen über allem stehen. Die Entscheidung für oder gegen Impfungen oder Medikamente sei eine individuelle, zu der keine Frau gedrängt werden sollte, so Belakowitsch.

Anders sah das Gerald Loacker (NEOS). Seiner Meinung nach könnte die Regelung dazu führen, dass Frauen sich gegen die Impfung entscheiden und sich auf Kosten der SteuerzahlerInnen die Freistellung bezahlen lassen. Es handle sich um ein Gesetz für jene, die nicht arbeiten wollen, kritisierte er.

Bettina Zopf (ÖVP) hielt dem entgegen, dass es zwar eine Empfehlung des nationalen Impfgremiums zur Impfung für Schwangere gebe, aber keine Pflicht. Jede Frau, die ein Kind erwartet, sollte für sich selbst entscheiden, ob sie sich impfen lassen will, so Zopf. Daher müsse die Freistellung als Schutz für Schwangere und die zukünftige Generation aufrecht bleiben. Barbara Neßler (Grüne) betonte ebenfalls, dass es um den Schutz von werdenden Müttern gehe und die Verlängerung deshalb richtig und wichtig sei. Von der Kritik der SPÖ zeigte sie sich überrascht, da die Freistellungsmöglichkeit ohne die Abänderung mit Ende Juni auslaufen würde.

Arbeitsminister Martin Kocher führte an, dass man bei Bedarf über eine weitere Verlängerung der Freistellung für schwangere Beschäftigte nachdenken könnte, man aber auch zur Normalität zurückfinden müsse, was durch die Impfungen ermöglicht werde.

Betriebliche Corona-Testungen werden bis Ende September gefördert

Bis Ende September verlängert werden soll das Programm „Betriebliches Testen“. Ein entsprechender Antrag zur Änderung des „Betrieblichen Testungs-Gesetzes“ (1668/A) von ÖVP und Grünen wurde mit den Stimmen von ÖVP, Grünen, SPÖ und FPÖ angenommen. Betriebliche Corona-Testungen sollen demnach für weitere drei Monate gefördert werden. Für das Förderprogramm stehen laut zugehöriger Verordnung insgesamt bis zu 100 Mio. € zur Verfügung, wobei grundsätzlich nicht nur Beschäftigte, sondern auch KundInnen und andere betriebsfremde Personen getestet werden können. Abgewickelt werden die Förderungen über die Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws).

Man wolle die Möglichkeit der Zweckzuschüsse für betriebliches Testen nach dem Prinzip „sicher ist sicher“ verlängern, sagte Ralph Schallmeiner (Grüne). Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) hob hervor, dass nun auch Testungen für KundInnen ermöglicht werden.

Michael Seemayer (SPÖ) äußerte inhaltliche Zustimmung, zeigte sich aber verwundert über das für ihn zu früh gewählte Datum der Befristung. Dem widersprach Gerald Loacker (NEOS). Er halte den 30. September für einen sehr späten Termin, nach dem die Regelung jedenfalls auslaufen müsse. Ebenfalls Kritik am Datum äußerte Dagmar Belakowitsch (FPÖ). Ihrer Ansicht nach müssten Tests so lange gratis bleiben, wie die 3G-Regel gelte. Ansonsten würde es auf eine Impfpflicht hinauslaufen, sagte die Abgeordnete. Sie kündigte auch einen entsprechenden Abänderungsantrag ihrer Fraktion im Plenum an.  

Sozialminister Wolfgang Mückstein bezeichnete den 30. September als sinnvoll gewähltes Datum. Denn mit September werden aller Voraussicht nach etwa 80% der Bevölkerung – durch Impfungen oder Genesungen – immunisiert sein. Dann werde sich die Frage stellen, wie viel man noch testen müsse, und man müsse die Lage neu beurteilen.

Anträge der FPÖ gegen „Zwangsimpfungen“ und „Zwangstestungen“ vertagt

Zahlreiche Anträge der Oppositionsfraktionen wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt. So fordern die Freiheitlichen etwa in einem Entschließungsantrag (1255/A(E)) erneut ein gesetzliches Verbot für „Zwangsimpfungen“ und „Zwangstestungen“, die in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie oder ähnlichen Infektionen stehen. Auch für einzelne Berufsgruppen, Bevölkerungsgruppen oder Einzelpersonen soll es demnach keine Impfpflicht geben dürfen. Im Impfschadengesetz will die FPÖ etwaige Schäden durch COVID-19-Impfungen ausdrücklich berücksichtigen.

Außerdem lehnt die FPÖ eine Diskriminierung von Personen ohne COVID-19-Impfung ab und ruft die Regierung mit einem weiteren Entschließungsantrag (1365/A(E)) dazu auf, bei allen politischen Entscheidungen eine im Jänner vom Europarat zum Thema COVID-19-Impfstoffe gefasste Resolution mit verschiedenen ethischen, rechtlichen und praktischen Überlegungen zu berücksichtigen.

Dagmar Belakowitsch (FPÖ) ortete einen bestehenden Testzwang etwa bei SchülerInnen und Diskriminierung von Menschen, die sich nicht testen oder impfen lassen können. Dem müsse man einen Riegel vorschieben, sagte sie. Auch ihre Fraktionskollegen Peter Wurm und Michael Schnedlitz setzten sich für die Freiwilligkeit bei Impfungen ein. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP) wies die Vorwürfe der Diskriminierung und des Zwangs zurück. Auch laut Ralph Schallmeiner (Grüne) sei die Diskriminierungsfreiheit in den allermeisten Fällen durch die 3G-Regel gewährleistet. Beide Anträge wurden vertagt.

Erneut auf der Tagesordnung stand ein weiterer Entschließungsantrag der Freiheitlichen, mit dem sie Arbeitsminister Martin Kocher dazu verpflichten wollen, einen Bericht über die Kontrollen des Arbeitsinspektorats im Unternehmen Hygiene Austria und damit zusammenhängende Kommunikationsvorgänge vorzulegen (1438/A(E)). Die FPÖ hegt den Verdacht, dass es hier Interventionen gegeben habe und sich das Ministerbüro und das Generalsekretariat in die Causa eingeschaltet hätten. Der Antrag wurde mit Verweis auf die Möglichkeit, Informationen über eine parlamentarische Anfrage einzuholen, vertagt.

Vertagung von NEOS-Anträgen zu Registerdaten und „Luxuspensionen“

Die NEOS plädierten erneut für einen leichteren Zugang für Wissenschaft und Forschung zu Registerdaten (948/A(E)). Es gebe in Österreich zahlreiche Datenbanken mit Gesundheitsdaten, Pensionsdaten, Arbeitsmarktdaten, Pflegedaten, Bildungsdaten und anderen wesentlichen Informationen, diese seien aber kaum untereinander verknüpft bzw. für die Forschung und Wissenschaft nur schwer zugänglich, kritisieren sie im Antrag. Der Arbeitsminister und der Sozialminister sollen eine Problemanalyse mit Verbesserungsvorschlägen erstellen und dabei auch die Wissenschaft und Forschung einbinden, lautet die Forderung.

Man müsse für die Forschung gute Daten zur Verfügung stellen, forderte Gerald Loacker (NEOS). Christian Drobits (SPÖ) betonte, dass dabei der Datenschutz gewährleistet werden müsse. Ralph Schallmeiner (Grüne) stimmte Loacker zu, führte aber aus, dass es einen breiten Prozess brauche. Er erwarte einen konkreten Vorschlag für Herbst und stellte daher einen Vertagungsantrag, der mehrheitlich angenommen wurde.

Um gesetzliche Schritte zur Begrenzung von „Luxuspensionen“ künftig zu erleichtern, schlugen die NEOS in einem weiteren Entschließungsantrag die Anlegung eines elektronischen Datensatzes vor (1230/A(E)). In diesem Datensatz sollen sämtliche Pensionen gemäß Sonderpensionenbegrenzungsgesetz erfasst und dieser einmal jährlich aktualisiert werden. Zudem soll ein personenbezogener Schlüssel sicherstellen, dass bei Mehrfachpensionen die einzelnen Sonderpensionen verknüpft werden können und das Gesamtpensionseinkommen rasch ermittelbar ist. Auch dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Regierungsfraktionen vertagt.

SPÖ-Forderungen zu Pflegereform und Entschädigung für Terroropfer vertagt

Die SPÖ sieht die Koalitionsparteien säumig bei der geplanten Pflegereform und hat daher mehrere von bereits im März 2019 eingebrachte Initiativen wiederbelebt und in einem gemeinsamen Entschließungsantrag zusammengefasst (1167/A(E)). Unter anderem schlägt die SPÖ die Schaffung eines Pflegegarantiefonds vor. Sämtliche von Bund und Ländern bisher aufgewendeten Mittel für Pflege sollen demnach zusammengeführt und zusätzliche Mittel durch zweckgewidmete Vermögensteuern auf Erbschaften und Schenkungen lukriert werden. Aus dem Fonds will die SPÖ sämtliche Pflegeleistungen finanzieren.

Zudem sprechen sich die SozialdemokratInnen für die Einrichtung von Pflegeservicestellen in den Bundesländern zur Unterstützung pflegebedürftiger Personen und ihrer Angehörigen sowie für ein Pflegequalitätsgesetz aus. Weitere Forderungen sind eine Ausbildungsoffensive und eine Verbesserung der Arbeitssituation in Pflegeberufen.

Für Michael Seemayer (SPÖ) stehe eine Pflegereform seit Jahren dringend an. Er ersuchte die Regierungsfraktionen daher, die eingebrachten Vorschläge aufzunehmen. Auch Gerald Loacker (NEOS) zufolge müsste das Tempo bei der Pflegereform höher sein. Ernst Gödl (ÖVP) und Ralph Schallmeiner (Grüne) versicherten, dass ein breit aufgestellter Reformprozess bereits im Gang sei. Der Antrag wurde vertagt.

Ein weiteres Anliegen ist der SPÖ eine angemessene Entschädigung für Opfer von Terroranschlägen sowie für Hinterbliebene von Terroropfern (1571/A(E)). Sie will die Regierung mit einem Entschließungsantrag auffordern, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Dabei solle darauf geachtet werden, dass die Entschädigungsleistungen rasch und unbürokratisch erfolgen und dass es zu keinen Verzögerungen oder anderen Benachteiligungen kommt. (Schluss Sozialausschuss) kar/gs


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