Sozialausschuss diskutiert über Pflegethemen und Papamonat

Regierungsfraktionen begründen Vertagungen mit laufenden Gesprächen und Verhandlungen auf EU-Ebene

Wien (PK) Das Thema Pflege stand im Mittelpunkt der heutigen Sitzung des Sozialausschusses des Nationalrats. Unter anderem ging es um die Forderungen der Opposition, das Pflegegeld regelmäßig zu valorisieren und Angehörigen von pflegebedürftigen Menschen einen Rechtsanspruch auf Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit einzuräumen. Inhaltliche Beschlüsse fasste der Ausschuss allerdings nicht – die Beratungen über sämtliche Anträge der SPÖ und der Liste JETZT wurden von den Koalitionsparteien vertagt. Auch über weitere Initiativen, etwa zur Einführung eines Rechtsanspruchs auf den sogenannten Papamonat, zur Gleichstellung von Lehrlingen bei der Entgeltfortzahlung sowie zum Pensionssplitting, wollen ÖVP und FPÖ vorerst auf Ausschussebene weiter diskutieren.

Für die Lösung des Themas Pflege aus einer gesamtheitlichen Sicht plädierte Sozialministerin Beate Hartinger-Klein. Mit großem Engagement nehme die Regierung nun eine Reform in Angriff, die in einem Jahr über die Bühne gebracht werden soll. Die Ressortchefin informierte darüber, dass morgen ein Fachgipfel zur Weiterentwicklung der Pflege im Sozialministerium stattfinden wird. Dazu habe sie VertreterInnen der wichtigsten Stakeholder, der Systempartner, aller politischen Fraktionen sowie Betroffene eingeladen.

Pflege: Opposition fordert mehr Unterstützung für Betroffene und pflegende Angehörige

Insgesamt lagen dem Ausschuss zum Thema Pflege sechs Anträge der Opposition vor. So fordern sowohl die SPÖ als auch die Fraktion JETZT (383/A(E) ) einen Rechtsanspruch auf Pflegkarenz und Pflegeteilzeit, wobei der SPÖ-Antrag (577/A ) Ausnahmen für Kleinbetriebe mit weniger als fünf Beschäftigten vorsieht. Zudem drängt die SPÖ auf eine unbefristete Verlängerung und eine höhere Dotierung des Pflegefonds (11/A ) sowie auf die Lösung offener Finanzierungsfragen infolge der Abschaffung des Pflegeregresses (212/A(E) ). Der Parlamentsklub JETZT hat eine jährliche Inflationsanpassung des Pflegegelds, bei dem es in den letzten Jahren zu einem massiven Wertverlust gekommen sei, beantragt (563/A ). Auch ist es JETZT-Abgeordneter Daniela Holzinger-Vogtenhuber ein Anliegen, Menschen mit Behinderungen, die in Tageseinrichtungen betreut werden, nicht gegenüber stationär gepflegten Menschen zu benachteiligen, was etwaige Vermögenszugriffe betrifft (87/A(E) ). Derzeit herrsche bei den Betroffenen aufgrund eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs eine große Unsicherheit.

Da durch den Pflegefonds die Pflege und Betreuung älterer und pflegebedürftiger Personen österreichweit gesichert sowie die Versorgungsgrade erhöht wurden, sei eine Dotierung auf unbegrenzte Dauer erforderlich, unterstrich SPÖ-Abgeordnete Verena Nussbaum. Ebenso soll der Pflegefonds jährlich um 6% valorisiert werden.

Die VertreterInnen der Regierungsfraktionen beantragten unter Hinweis auf die laufenden Gespräche über den im Vorjahr beschlossenen Masterplan Pflege die Vertagung aller Anträge. Im Fokus stehen dabei die nachhaltige Absicherung der Finanzierung sowie die Entlastung der pflegenden Angehörigen, erläuterten die Abgeordneten Petra Wagner (FPÖ) und Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP). Ein so umfassendes und komplexes Projekt wie die Neugestaltung des Pflegesektors, in den etwa 6,5 Mrd. € fließen, müsse breit diskutiert werden, meinte auch ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger. Die morgen startende Regierungsenquete zu diesem Thema sei daher ausdrücklich zu begrüßen. Außerdem sollten die Abläufe vereinfacht werden, argumentierte Christian Ragger (FPÖ), der das Beispiel brachte, dass derzeit 50 Zahlungsströme für ein einziges Pflegebett abgewickelt werden müssen. Ernst Gödl (ÖVP) informierte zudem darüber, dass viele Bundesländer schon vor Abschaffung des Regresses bei Menschen mit Behinderung nicht auf das Vermögen der Betroffenen zugegriffen haben.

Gerald Loacker (NEOS) bezeichnete den von der Bundesregierung vorgelegten Masterplan Pflege als „15 Seiten heiße Luft“. Verwundert zeigte er sich auch über den SPÖ-Antrag zum Füllen der durch die Abschaffung des Pflegeregresses entstandenen Finanzierungslücken, zumal dieser Beschluss auf die Kappe von Ex-Minister Alois Stöger gehe. Dass für die pflegenden Angehörigen kein zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt werde, sei angesichts der neuerlichen Erhöhung der „europaweit höchsten Parteienförderung“ einfach nur erbärmlich, kritisierte Loacker mit Nachdruck. Dafür sollten sich die Regierungsfraktionen genieren.

Die langfristige und nachhaltige Absicherung des Pflegesystems sei ihr nicht nur aufgrund der demographischen Entwicklung ein besonderes Anliegen, betonte Sozialministerin Beate Hartinger-Klein. Ihr sei es vor allem wichtig, dass die pflegebedürftigen Menschen so lange zu Hause bleiben können wie möglich. Im dem von Loacker kritisierten Masterplan wollte man nur einmal die wichtigsten Themen darstellen. Die Seitenanzahl zeige, dass sich die Regierung mit sehr vielen Bereichen befassen wird. Ein zentraler Aspekt sei dabei die Frage der Finanzierung, wobei unter Einbeziehung von ExpertInnen über alle möglichen Varianten diskutiert werden soll. Außerdem wolle man sich internationale best-practice-Modelle genauer anschauen. Bezüglich der Familienhospizkarenz war ihr die Verankerung eines Rechtsanspruchs sehr wichtig.  

SPÖ will Rechtsanspruch auf Papamonat einführen

Väter sollten einen Rechtsanspruch auf eine einmonatige Arbeitsfreistellung nach der Geburt eines Kindes haben, fordert die SPÖ in einem Entschließungsantrag (576/A). Dadurch würde von Anfang an eine intensive Vater-Kind-Beziehung aufgebaut, das Zusammenleben als Familie gefördert und die Vereinbarkeit von Beruf und Väterbeteiligung an der Kindererziehung unterstützt, argumentierte Gabriele Heinisch-Hosek, die u.a. auf die Vorbildwirkung von Vizekanzler Strache verwies. Als Bezeichnung gefiele ihr der Name „Babymonat“ besser, da die Freistellung auch von schwulen und lesbischen Paaren in Anspruch genommen werden könne. Ebenso wie Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) war sie der Auffassung, dass Österreich dies rasch beschließen könnte und nicht erst den entsprechenden Beschluss auf EU-Ebene, wo derzeit über die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs diskutiert werde, abwarten sollte.

Aus Sicht der Abgeordneten Tanja Graf (ÖVP) ist in dieser Frage noch einiges offen; sie stellte daher einen Vertagungsantrag. Abgeordneter Alois Stöger (SPÖ) gab diesbezüglich zu bedenken, dass im Ausschuss der Ständigen Vertreter der Richtlinienvorschlag zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie bereits angenommen wurde.

Abgeordneter Gerald Loacker (NEOS) schlug als konkrete Lösung vor, die überlappende Inanspruchnahme der Elternkarenz durch die jeweiligen Partner zu ermöglichen; dafür wäre nur eine kleine legistische Anpassung erforderlich. Dies sei schon jetzt möglich, entgegnete Abgeordnete Verena Nussbaum, die auf die Einführung eines Rechtsanspruchs pochte.

Bundesministerin Beate Hartinger-Klein wollte noch den Abschluss der Verhandlungen auf EU-Ebene abwarten. Außerdem müssten noch einige Punkte geklärt werden. Was die Inanspruchnahme der Elternkarenz angeht, so sei eine Überlappung erst nach Auslaufen des Mutterschutzes möglich.

SPÖ-Initiative betreffend Gleichstellung von Lehrlingen bei Entgeltfortzahlung

Die SPÖ hat darüber hinaus eine Änderung des Berufsausbildungsgesetzes beantragt (574/A). Sozialsprecher Josef Muchitsch stößt sich daran, dass die Mitte 2018 in Kraft getretene Bestimmung, wonach ArbeitnehmerInnen auch dann Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben, wenn ihr Arbeitsverhältnis während eines Krankenstands einvernehmlich gelöst wurde, nicht für Lehrlinge gilt. Im Sinne der Fairness sollte diese Lücke im Gesetz, die beim Beschluss nicht beabsichtigt war, geschlossen werden. Betroffen davon seien etwa knapp 5.000 jungen Menschen, erläuterte sein Fraktionskollege Alois Stöger. Dem Anliegen schlossen sich auch die VertreterInnen der NEOS und der Fraktion JETZT an.

Es handle sich dabei um eine klassische Sozialpartnermaterie, urteilte Abgeordneter August Wöginger (ÖVP), während FPÖ-Mandatarin Andrea Schartel erklärte, dass den Lehrlingen in jedem Fall Krankengeld zustehe.

Bundesministerin Beate Hartinger-Klein stellte in Beantwortung einer Frage klar, dass weder Beschwerden von Seiten der ArbeitgeberInnen noch von Seiten der ArbeitnehmerInnen in dieser Angelegenheit vorliegen. – Nach der Ablehnung des Antrags auf Zuweisung zum Wirtschaftsausschuss, wurde die Initiative mehrheitlich vertagt.

NEOS pochen auf automatisches Pensionssplitting

Auch über die Forderung der NEOS nach einem automatischen Pensionssplitting (522/A(E) ) wollen ÖVP und FPÖ weiter diskutieren. Gerald Loacker schlägt vor, nach der Geburt eines Kindes die Pensionsbeiträge beider Elternteile – für einen gewissen Zeitraum – zusammenzurechnen und zu gleichen Teilen aufzuteilen. Das würde seiner Meinung nach nicht nur die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Partner verringern, sondern auch Altersarmut, insbesondere von Frauen, vorbeugen. Zudem steige dadurch der Anreiz für eine Erwerbstätigkeit beider Elternteile. Ein Opt-Out vom Splitting soll den NEOS zufolge nur einvernehmlich möglich sein. Auch Familienministerin Juliane Bogner-Strauß habe sich positiv zum automatischen Pensionssplitting geäußert, erinnerte der Sozialsprecher der NEOS und erwartet sich nun von den Regierungsparteien entsprechenden Rückenwind für seinen Vorstoß.

Während Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) die Stoßrichtung der Initiative grundsätzlich begrüßte, meldete die SPÖ massive Bedenken an, wobei Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek ins Treffen führte, das Pensionssplitting würde wegen der als Folge der durch die Kindererziehung bedingten längeren Absenzen mögliche Nachteile gerade für Frauen mit sich bringen.

Seitens der ÖVP ortete Norbert Sieber noch einigen Erklärungsbedarf – dies insbesondere im Hinblick auf die unterschiedlichen Formen des Zusammenlebens – und gab damit den Grund für die Vertagung des Antrags, dem mehrheitlich stattgegeben wurde.

Kampf gegen häusliche Gewalt: SPÖ will Lücken schließen

Schließlich vertagten ÖVP und FPÖ einen Entschließungsantrag der SPÖ, der darauf abzielt, Lücken bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt zu schließen (546/A(E)). Österreich sei ein Vorreiter in diesem Bereich, betonte Petra Wimmer, ihrer Meinung nach brauche es aber weitere Maßnahmen, um die so genannte Istanbul-Konvention vollständig umzusetzen. Insbesondere Frauen mit Behinderung, AsylwerberInnen und Frauen mit unsicherem Aufenthaltsstatus stünden vor praktischen, rechtlichen und administrativen Hürden, wenn sie Schutzunterkünfte benötigen.

FPÖ-Abgeordnete Andrea Schartel erklärte dazu, dass die Umsetzung der Istanbul-Konvention derzeit durch das Justizministerium unter Einbindung des Sozialressorts erfolge. (Schluss Sozialausschuss) sue/hof


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