Renner-Institut Kärnten: Erster virtueller „Social MonTalk“ mit reger Beteiligung

Mitreden, Mitdenken und Mitgestalten muss auch in Zeiten des Coronavirus ernst und wahr genommen worden – soziale Demokratie wichtiger denn je

Klagenfurt (OTS) Die Politik ist im Ausnahmezustand, aber sie steht nicht unter Quarantäne. Deshalb stellt das Renner-Institut Kärnten weiterhin Fragen und sucht Antworten, im Rahmen des „Social MonTalks“ – der gestern, Montag, zum ersten Mal per Liveübertragung stattgefunden hat. Es diskutierten Landeshauptmann Peter Kaiser, Heinz Mayer, Verfassungs- und Verwaltungsjurist, Kathrin Stainer-Hämmerle, Politik- und Rechtswissenschaftlerin und Martin Grubinger, Musiker und Kolumnist. Peter Plaikner führte als Moderator, völlig unabhängig vom Medium, in gewohnt souveräner Form durch den Abend.

„Wie oft konnte man in jüngerer Vergangenheit hören, dass das österreichische Gesundheitssystem zu teuer, zu ineffizient ist? Wer würde noch heute sagen, dass es die Sozialpartnerschaft nicht mehr braucht, dass sie überholt ist? Als ich, vor nicht allzu langer Zeit, als starken Gegenpol des herrschende neoliberalen System eine starke soziale Demokratie gefordert habe – wie viele hätten mir zugestimmt? Und heute? Heute denken wir über ein „Grundeinkommen“ für Unternehmen nach und es ist unbestritten, dass wir diese Krise ohne den Sozialstaat nicht meistern könnten. Eine politische Schubumkehr in der Werterhaltung ist offensichtlich“, stellte Landeshauptmann Peter Kaiser fest.

Eine starke soziale Demokratie sei, so Kaiser, nicht nur die einzige Chance, die Krise zu meistern, sondern auch die einzige Garantie für ein gerechtes und faires Österreich – nach der Krise. Als Landeshauptmann sei er in ständiger enger Abstimmung mit der Bundesregierung und alle Vorgaben des Bundes wurden in Kärnten ohne Verzug umgesetzt. Dennoch, Kaiser ist auch stellvertretender SPÖ-Bundesparteivorsitzender und als solcher auch ein kritischer Mahner und Oppositionspolitiker.

„Diese Zeit braucht die beste Politik auf Regierungsebene, aber auch im oppositionellen Habitus. In Kärnten informiere ich nach der täglichen Besprechung des Krisenstabes umgehend auch die politische Opposition. Mir ist es wichtig, dass Entscheidungen für alle nachvollziehbar kommuniziert werden und verstanden werden. Ich stelle aber auch ganz klar fest: Noch nie war sozialdemokratische Politik und solidarische Gesinnung, so notwendig wie heute. Wir können nur gemeinsam diese Krise meistern – dieses Zusammenhalten war schon lange vor Corona eine sozialdemokratische Tugend. Deshalb sind gerade wir, die SPÖ gefordert, eine laute Stimme der Gerechtigkeit und Hilfe zu sein“, so Kaiser.

Einschränkungen in die persönlichen Freiheitsrechte sind jetzt nötig, doch wie lange und in welchem Maß? Vor allem aber, wer bestimmt die Strategie, wer bestimmt die Maßnahmen? Die Bundespolitik stützt sich selbstverständlich auf ExpertInnen – doch wer sind diese Fachleute?

„Entscheidend ist immer die Verhältnismäßigkeit aller politischen Maßnahmen, die jetzt gesetzt werden. Das Verhältnis zwischen Schutz und Freiheit. Es ist nun einmal so, dass derzeit nur der Staat die Möglichkeit hat, die Pandemie zu bekämpfen – es gibt niemand anderen. Es braucht die Einschränkungen der persönlichen Freiheiten, um das Virus zu bekämpfen. Wir müssen nur aufmerksam darauf achten, dass die Ausnahme nicht zur Regel wird“, erläuterte Verfassungsexperte Heinz Mayer die Situation.

„Was sicher bemängelt werden kann, ist eine fehlende Transparenz in der Kommunikation. Der Bundeskanzler spricht in Pressekonferenzen und bezieht sich auf die Empfehlungen von Expertinnen – diese werden aber nie sichtbar. Wer sitzt also wirklich in den Krisenstäben? Warum nicht einmal einen Virologen, eine Mathematikerin vor die Kamera stellen, warum werden die Menschen hinter den politischen Entscheidungen so wenig sichtbar gemacht?“, hinterfragt Mayer.

Wer hat etwa die Empfehlung für das Handy-Tracking ausgegeben und was sind die Folgen? Was passiert später mit diesen Daten, wer garantiert, dass es nicht zu Missbrauch kommt?

Die oppositionelle Schonzeit nähere sich einem Ende, stellt Kathrin Stainer-Hämmerle fest. Bis jetzt wurden die Entscheidungen der Bundesregierung von allen Parteien geschlossen mitgetragen, doch die fehlende Transparenz in der Kommunikation, vor allem aber die mangelnden langfristigen Perspektiven lassen die politische Waffenruhe bröckeln – zu Recht?

„Wie lange ist der Konsens des „Ausnahmezustandes“ tragbar? Wie lange nehmen wir Entscheidungen hin und in welchem Maße? In Ungarn hebelt Viktor Organ gerade das demokratische System aus – Österreich ist weit davon entfernt und das ist sicher nicht im Sinne des Bundeskanzlers und der Bundesregierung. Aber wie viel Kontrolle des österreichischen demokratischen Systems ist tatsächlich noch gegeben und wie viel wird „selbstverständlich“ geopfert?“ , fragt Stainer-Hämmerle.

Die große Frage bleibe: Was passiert danach? Bis jetzt suggeriere das Krisenmanagement der Bundesregierung, dass dieser „Marathon“ irgendwann vorbei sein wird und dann, so die Befürchtung von Kathrin Stainer-Hämmerle – „weiter wie bisher? Wirtschaft an erster Stelle? Nehmen wir überhaupt etwas mit aus der Krise?“

Martin Grubinger war in Singapur bei Ausbruch des Coronavirus, wo auf völlig andere Art mit dem Virus umgegangen wird. Keine Ausgangssperren, dafür Mundschutz und andauernde Fieberkontrollen. Eine bessere oder schlechtere Reaktion auf das Virus als in Österreich?

„Auf jeden Fall eine andere Art, was beweist – es gibt verschiedene Möglichkeiten mit der derzeitigen Situation umzugehen. Das ständige Eigenlob der Bundesregierung, schnell und bestens reagiert zu haben, klingt ein wenig hohl, wenn man sich die internationalen Alternativen ansieht – die es tatsächlich gibt. Egal ob Schweden oder Japan – die Bundesregierung kommuniziert ständig den Erfolg ihrer Strategie – der tatsächlich noch nicht bewiesen ist“, so Martin Grubinger.

Ganz konkret kritisiert Grubinger die Langsamkeit und den bürokratischen Aufwand, um finanzielle Hilfe zu bekommen. Das müsse besser funktionieren, das funktioniert international auch besser. Auch Grubinger sieht wie Landeshauptmann Kaiser einen starken Bedarf, ja eine zukünftige Notwendigkeit sozialdemokratischer, solidarischer Politik. Darüber hinaus fordert er aber auch dazu auf, innovative Lösungen anzuwenden – ob in der Schul, – oder Sozialpolitik.

„Es kann doch nicht die Lösung sein zu sagen – die Schule geht jetzt erst mal im Herbst weiter und bis dahin ist jetzt einmal nichts. In der Sozialpolitik brauchen wir Kraft und Mut. Das fehlt ganz eklatant – Innovationen, neue Denkansätze, denn es kann nicht sein, dass wir ab jetzt immer nur 2-3 Wochen im Voraus denken“, so Grubinger.

„Social MonTalk“ in voller Länge unter: https://vimeo.com/402250673 abrufbar.

(Schluss)

Rückfragen & Kontakt:

Pressestelle der SPÖ Kärnten
+43(0)463/577 88 DW 66 | Fax:+43(0)463-54 570
www.kaernten.spoe.at
presse-kaernten@spoe.at

SPÖ Landesorganisation Kärnten
Lidmanskygasse 15
9020 Klagenfurt a. W.

[ad_2]

Quelle

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at

(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender.