Rechnungshof soll Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre durchleuchten

Koalition wirft zuständigen SPÖ-MinisterInnen Versäumnisse vor, Opposition ist über Vorgangsweise empört

Wien (PK) Auf den Rechnungshof kommt ein großer Brocken zusätzlicher Arbeit zu. Noch im März wird der Nationalrat sein Prüforgan voraussichtlich damit beauftragen, die Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre genauer unter die Lupe zu nehmen, insbesondere was die Sicherstellung der Primärversorgung betrifft. Ein entsprechender Antrag der Koalitionsparteien wurde in der heutigen Sitzung des Rechnungshofausschusses mehrheitlich angenommen. Konkret geht es um die Zeitspanne zwischen 2009 und 2017, als das Gesundheitsministerium von Alois Stöger, Sabine Oberhauser und Pamela Rendi-Wagner geführt wurde. ÖVP und FPÖ orten eine Reihe von Versäumnissen der drei SPÖ-MinisterInnen. Die Opposition wirft den Regierungsparteien hingegen vor, die Arbeit des Rechnungshofs zu blockieren, und sprach von einer demokratiepolitisch bedenklichen Vorgangsweise.

Im Detail wollen die Koalitionsparteien vom Rechnungshof wissen, welche Wirkungen mit den von den drei MinisterInnen zu verantwortenden Entscheidungen erzielt wurden, welche Kosten damit verbunden waren und welche Empfehlungen und Erkenntnisse sich insgesamt aus der Gebarungsüberprüfung ableiten lassen. Dabei sollen sowohl Maßnahmen rechtlicher, organisatorischer und finanzieller als auch personeller Natur geprüft werden. Vom Prüfantrag (561/A ) umfasst sind insgesamt 26 Bereiche, angefangen von der Ärzteausbildung und der finanziellen Attraktivität des Hausarztberufs über Ordinationsöffnungszeiten bis hin zum Mutter-Kind-Pass und zu eingeschleppten Infektionskrankheiten.

Die Opposition stimmte geschlossen gegen den Antrag. Sie befürchtet, dass durch den Prüfauftrag erhebliche Ressourcen gebunden werden und der Rechnungshof dadurch eigene Prüfungen zurückstellen muss. Zumal dem Rechnungshof ohnehin Geld fehle, um die vorhandenen Planstellen zu besetzen, wie die beiden SPÖ-Abgeordneten Philip Kucher und Andreas Kollross mit Verweis auf entsprechende Ausführungen von Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker bei einem vorangegangenen Debattenpunkt hervorhoben. ÖVP und FPÖ wollen den Rechnungshof offenbar mit parteipolitischen Anträgen „zumüllen“ und dadurch ausschalten, so Kucher. Er hält den „Kraut- und Rübenauftrag“ in diesem Sinn auch für demokratiepolitisch fahrlässig und sprach von „parteipolitischen Spielchen“.

In eine ähnliche Stoßrichtung ging die Kritik von Karin Greiner (SPÖ), Wolfgang Zinggl (JETZT) und Irmgard Griss (NEOS). Sowohl Greiner als auch Griss betonten, dass der Rechnungshof üblicher Weise selbst entscheide, welche Prüfungen notwendig und vordringlich sind. Es komme nicht von ungefähr, dass die Zahl der Prüfungen, die Abgeordnete verlangen können, beschränkt sei, meinte Griss. Greiner wies zudem darauf hin, dass der Prüfplan des Rechnungshofs mit anderen Prüforganen wie den Landesrechnungshöfen abgestimmt sei. Durch den Prüfantrag der Koalition würden unheimlich viele Ressourcen gebunden.

Der Antrag habe überdies eine klare politische Schlagseite, hielt Griss fest. Man übertrage dem Rechnungshof Aufgaben, für die eigentlich die Gesundheitsministerin zuständig wäre. Das sehen auch die SPÖ-Abgeordneten so. Offenbar traue man der eigenen Ministerin nichts zu, hielt etwa Kollross fest. JETZT-Abgeordneter Zinggl ist vor allem darüber empört, dass die Koalitionsparteien parlamentarische Minderheitenrechte in Anspruch nehmen und so Prüfaufträge der Opposition blockieren. Er hält das für eine demokratiepolitisch bedenkliche Vorgangsweise.

Verteidigt wurde der Prüfauftrag von Maria Smodics-Neumann (ÖVP), Wolfgang Zanger (FPÖ) und Gerald Hauser (FPÖ). Sie wisse, dass Rechnungshofpräsidentin Kraker vom Prüfantrag „nicht rasend begeistert ist“, führte Smodics-Neumann aus, es sei aber wichtig, sich des Themas Ärztemangel anzunehmen. Ihr zufolge hat sich die SPÖ den Antrag zudem selbst zuzuschreiben, da sie immer wieder Kritik am Ärztemangel übe.

FPÖ-Abgeordneter Zanger erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass die SPÖ die drohende Versorgungslücke bei HausärztInnen zum Thema einer Sondersitzung des Nationalrats gemacht habe. Die Lücke könne ja nicht plötzlich entstanden sein, sondern habe ihre Ursache in der Politik der vergangenen Jahre, sagte er. Es sei daher sinnvoll, den Rechnungshof, „der völlig frei von politischen Farbenspielen ist“, den Status quo erheben zu lassen und Kosten und Wirkungen der Entscheidungen der letzten beiden Gesetzgebungsperioden zu prüfen. Sein Fraktionskollege Hauser vermutet „panische Angst“ bei der SPÖ, dass der Rechnungshof massive Verfehlungen aufdecken könnte.

Nach Ansicht von SPÖ-Abgeordneter Greiner gehen derartige Vorwürfe jedoch ins Leere, schließlich sei es unter den SPÖ-GesundheitsministerInnen gelungen, erhebliche Schulden abzutragen. Im Übrigen seien alle Maßnahmen im Gesundheitsbereich von der Regierung einstimmig beschlossen worden und damit auch mit Zustimmung der ÖVP.

Rechnungshof prüft auch Kosten für Generalsekretariate und Burgtheater

Den Umweg über den Rechnungshofausschuss und das Plenum des Nationalrats muss der Prüfantrag der Koalitionsparteien deshalb nehmen, weil beim Rechnungshof schon drei von Abgeordneten verlangte Sonderprüfungen anhängig sind. So hat die SPÖ zuletzt eine Sonderprüfung der Generalsekretariate der Ministerien hinsichtlich Kosten und Personalstruktur veranlasst. Auf Verlangen von ÖVP und FPÖ wird die Gebarung des Burgtheaters und die Wahrnehmung der Kontrollaufgaben durch die Bundestheater-Holding in den Jahren 1999 bis 2008 einer Prüfung unterzogen, ergänzend zum bereits vom Rechnungshof untersuchten Geschäftsjahr 2008/2009. Noch aus der letzten Legislaturperiode ist eine von den Grünen in die Wege geleitete Prüfung der Finanzbehörden hinsichtlich des Informationsaustauschs in Steuerangelegenheiten anhängig.

Für weitere Rechnungshof-Sonderprüfungen braucht es laut Geschäftsordnung einen Beschluss des Nationalrats. Ansonsten reicht grundsätzlich die Unterschrift von 20 Abgeordneten aus.

Einstimmig vertagt hat der Ausschuss die Beratungen über die Berichte des Rechnungshofs III-227 d.B., III-235 d.B. und III-236 d.B.. Sie betreffen die Einführung intelligenter Strommessgeräte (Smart Meter), die Interne Revision und Kontrollversammlung bei den Sozialversicherungsträgern SVA und VAEB sowie zwei Forschungseinrichtungen im Rahmen des Forschungsförderungsprogramms COMET (ACIB Graz und Center of Mechatronics Linz). (Schluss Rechnungshofausschuss) gs


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