Parlament: TOP im Nationalrat am 2. Juli 2019

Öffentliche Trinkwasserversorgung, Rauchverbot, Plastiksackerl, Glyphosat, Pflegegeld, Mindestpensionen, Ganztagsbetreuung

Wien (PK) Der erste Sitzungstag des Nationalrats ist geprägt von Initiativen, für die das letzte Plenum eine Frist zur Berichterstattung mit 1. Juli gesetzt hat. Nachdem weder der Gesundheitsausschuss noch der Sozialausschuss zusammengetreten sind, gibt es zu einigen Initiativen keinerlei Empfehlungen der beiden Ausschüsse. Das so genannte „freie Spiel der Kräfte“ lässt dabei durchaus verschiedene thematische Koalitionen bei den Abstimmungen erwarten.

Zudem haben Initiativen von SPÖ, NEOS und JETZT durchaus Aussicht auf ausreichende Unterstützung – etwa die Valorisierung des Pflegegelds, die volle Berücksichtigung von Karenzzeiten bei Gehaltsvorrückungen oder die Beseitigung letzter Hürden für die „Ehe für alle“ im internationalen Privatrecht.

Weitere Schwerpunkte der Diskussionen betreffen die Initiativen zur verfassungsrechtlichen Absicherung der öffentlichen Trinkwasserversorgung, zum generellen Rauchverbot in der Gastronomie, zum Pensionsbonus für BezieherInnen niedriger Pensionen mit mehr als 40 Arbeitsjahren sowie zum Papamonat und zu Verbesserungen bei den Karenzzeiten. Auch das Verbot von Plastiksackerln und von Glyphosat sowie neue Haftungskriterien für die Almen und die Absicherung der Ganztagsbetreuung von Pflichtschulkindern stehen zur Debatte. Kontrovers wird es sicherlich ganz zum Schluss, wenn es um die Ziffernnoten in der Volksschule geht.  

Die Sitzung beginnt um 09.00 Uhr mit einer Aktuellen Stunde zur Budgetpolitik.

Aktuelle Stunde

„Eine nachhaltige Budgetpolitik kommt allen Bürgerinnen und Bürgern zugute“ lautet der Titel der Aktuellen Stunde, der von der ÖVP vorgeschlagen wurde.

FPÖ, SPÖ und ÖVP wollen öffentliche Wasserversorgung verfassungsrechtlich absichern, JETZT auch Trinkwasserquellen schützen

Abzuwarten ist, wie sich der Verfassungsausschuss am 1. Juli zur verfassungsrechtlichen Absicherung der öffentlichen Trinkwasserversorgung festlegt. Jedenfalls liegen dazu drei Anträge von ÖVP, SPÖ und FPÖ vor, deren Wortlaut auf ein Verbot der Marktliberalisierung bzw. Privatisierung in diesem Bereich hinausläuft. Der Nationalrat hat dem Verfassungsausschuss zur Vorberatung der Anträge von SPÖ und FPÖ eine Frist bis zum 1. Juli gesetzt.

Weiter geht ein Antrag der Parlamentsfraktion JETZT. Sie will auch der Privatisierung von Trinkwasserquellen einen verfassungsrechtlichen Riegel vorschieben. An bereits bestehendem Privateigentum bzw. privaten Beteiligungen soll allerdings nicht gerüttelt werden. Ob es auch die Initiativen von JETZT und ÖVP in das Plenum schaffen, hängt von den Verhandlungen im Verfassungsausschuss ab, der kommenden Montag noch tagen wird.

Gemeinsamer Antrag von SPÖ, NEOS und JETZT zum Rauchverbot in der Gastronomie

Auf die rasche Umsetzung des generellen Rauchverbots in der Gastronomie drängen die Abgeordneten von SPÖ, NEOS und JETZT in einem gemeinsamen Initiativantrag. Die 881.569 Unterschriften für das „Don´t smoke“-Volksbegehren seien ein toller Erfolg gewesen und eindeutiges Zeichen dafür, dass sich die österreichische Bevölkerung eine rauchfreie Gastronomie und einen umfassenden NichtraucherInnenschutz wünsche, so die AntragstellerInnen. Der Nationalrat hat dem Gesundheitsausschuss zur Vorberatung eine Frist bis 1. Juli gesetzt, der Ausschuss ist jedoch nicht zusammengetreten.

Dass PassivraucherInnen einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, sei besonders für die Beschäftigten in der Gastronomie relevant. Die ÖsterreicherInnen haben das gleiche Recht auf Schutz vor Passivrauch wie es die BürgerInnen anderer Staaten schon seit Jahren genießen, wird in der Begründung des Antrags betont.

Anhebung der Mindestpensionen, keine ASVG-Versicherungspflicht für RechtsanwältInnen, Alterssicherungskommission

Da im Vorfeld auch keine Einigung über eine Tagesordnung des Sozialausschusses erzielt werden konnte, stehen im Plenum zahlreiche Anträge ohne entsprechende Ausschussvorberatungen für das „freie Spiel der Kräfte“ zur Debatte.

Zunächst geht es um drei Anträge, die die ehemaligen Koalitionsparteien ÖVP und FPÖ aufgrund des Regierungsprogramms noch auf den Weg bringen wollen. Sie betreffen den Pensionsbonus für BezieherInnen niedriger Pensionen mit mehr als 40 Arbeitsjahren, keine ASVG-Versicherungspflicht für RechtsanwältInnen und mehr Mitspracherechte der Regierung in der Alterssicherungskommission.

Pensionsbonus für BezieherInnen niedriger Pensionen mit mehr als 40 Arbeitsjahren

So haben ÖVP und FPÖ eine gemeinsame Initiative zur Einführung eines besonderen Pensionsbonus für langzeitversicherte Personen eingebracht. Wer 40 Jahre erwerbstätig war, soll ab 2020 eine Mindestpension von 1.315 € brutto erhalten, für Ehepaare sind 1.782 € vorgesehen. Bei 30 Erwerbsjahren sollen 1.080 € – und damit etwas mehr als nach dem derzeit geltenden erhöhten Ausgleichszulagenrichtsatz (2019: 1.049 €) – gebühren. Jeweils angerechnet werden bis zu 12 Monate Präsenz- bzw. Zivildienst sowie bis zu 5 Jahre Kindererziehungszeiten. ÖVP und FPÖ sehen diese Maßnahme als wichtigen Beitrag zur Senkung von Altersarmut.

Profitieren werden vom neuen Pensionsbonus nicht nur AusgleichszulagenbezieherInnen mit langen Versicherungszeiten, sondern auch Personen, die, etwa aufgrund längerer Teilzeitarbeit, derzeit eine Pension unter den genannten Schwellenwerten beziehen. Der Bonus soll als eigenständige Leistung zusätzlich zur Pension bzw. zur Ausgleichszulage (derzeit 933,06 €) ausgezahlt werden und 2020 somit bei maximal 381,94 € bei 40 Beitragsjahren bzw. 146,94 € bei 30 Beitragsjahren liegen. Für anspruchsberechtigte Ehepaare beträgt er 383,03 €. Bei der Berechnung eines etwaigen Anspruchs sind dabei – wie bei der Ausgleichszulage – zusätzliche Einkommen zu berücksichtigen.

Auf diverse Begünstigungen für BezieherInnen einer Mindestpension wie den Entfall der Rezeptgebühr soll der Bonus keinen Einfluss haben. Das heißt, sie bleiben erhalten. Ebenso ist eine regelmäßige Valorisierung – ab 2021 – in Aussicht genommen.

Ausdrücklich hervorgehoben wird in den Erläuterungen, dass der Pensionsbonus keine Versicherungsleistung ist und damit – ebenso wie die Ausgleichszulage – nicht an PensionistInnen ausgezahlt wird, die mehr als acht Wochen pro Jahr im Ausland verbringen.

Keine ASVG-Versicherungspflicht für RechtsanwältInnen

Ein weiterer Antrag von ÖVP und FPÖ betrifft eine Änderung des ASVG. Sie wollen damit klarstellen, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die einer berufsständischen Versorgungseinrichtung angehören und dort krankenversichert sind, nicht der Kranken- und Unfallversicherung nach dem ASVG unterliegen. Diese Bestimmung soll auch rückwirkend zum Tragen kommen.

Mehr Mitspracherechte der Regierung in Alterssicherungskommission

Schließlich plädieren ÖVP und FPÖ dafür, die Zusammensetzung der Alterssicherungskommission zu adaptieren und der Regierung mehr Mitspracherechte einzuräumen. Die Kommission wurde mit Anfang 2017 beim Sozialministerium zur langfristigen Finanzierung der Alterssicherungssysteme eingerichtet. Sie löste die alte Pensionssicherungskommission ab und hat unter anderem die Aufgabe, jedes Jahr ein Gutachten über die voraussichtliche Gebarung der gesetzlichen Pensionsversicherung und über die Kostenentwicklung der Pensionen der BeamtInnen des Bundes, der Länder und der Gemeinden für die nächsten fünf Jahre zu erstellen. Zudem ist sie angehalten, alle drei Jahre einen Bericht über die langfristige Entwicklung und Finanzierbarkeit des Pensionssystems – inklusive Beamtenpensionen – vorzulegen.

Kinderbetreuungsgeldgesetz, Papamonat und flexiblere Karenzzeiten

Ein weiteres Antragspaket der Parteien betrifft die Karenzzeitregelungen.

Jungfamilienfondsgesetz

Noch vor dem Koalitionsbruch haben ÖVP und FPÖ gemeinsam eine Änderung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes beantragt. Vorgeschlagen wird nicht nur eine Anpassung der Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld – ab 2020 von jährlich 6.800 € auf 7.300 €. Gleiches gilt für die Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld, die AlleinerzieherInnen unter bestimmten Voraussetzungen beantragen können. Damit wird laut Antrag sichergestellt, dass die Betroffenen während des Kindergeldbezugs weiterhin einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen können.

Außerdem sollen selbständig Beschäftigte, die nur für einen Teil des Jahres Kinderbetreuungsgeld bezogen haben, egal ob in der pauschalen oder der einkommensabhängigen Variante, durch den Gesetzentwurf bis Ende 2025 Zeit erhalten, mit einer entsprechenden Aufschlüsselung ihres Einkommens nachzuweisen, dass sie die geltenden Zuverdienstgrenzen nicht überschritten haben. Das gilt allerdings nur für Geburten zwischen Anfang 2012 und Februar 2017.

Gleichzeitig wird mittels eines eigenen Gesetzes bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) ein mit rund 1 Mio. € dotierter „Jungfamilienfonds“ eingerichtet. Er soll Selbständige unterstützen, die allein wegen einer Fristversäumnis Kinderbetreuungsgeld zurückzahlen mussten.

Rechtsanspruch auf Papamonat

Ein auch in der Öffentlichkeit viel diskutiertes Thema ist der Rechtsanspruch von Vätern auf eine einmonatige Arbeitsfreistellung nach der Geburt eines Kindes. Ein entsprechender Antrag liegt nun seitens der SPÖ vor. Sie argumentiert, dass dadurch von Anfang an eine intensive Vater-Kind-Beziehung aufgebaut, das Zusammenleben als Familie gefördert und die Vereinbarkeit von Beruf und Väterbeteiligung an der Kindererziehung unterstützt würde. In Anspruch genommen werden können soll der „Papamonat“ im Zeitraum des (fiktiven) Beschäftigungsverbots der Mutter, also in der Regel bis zum Ablauf der achten Woche nach der Geburt. Als Voraussetzung sieht der Antrag einen gemeinsamen Haushalt mit dem Kind vor. Rund um die Freistellung soll ein Kündigungsverbot gelten. Ausdrücklich festgeschrieben werden soll außerdem, dass die Freistellung keine Karenz nach dem Väterkarenzgesetz ist und damit auch nicht auf diese anzurechnen ist.

Mehr Flexibilität bei Inanspruchnahme der Karenz

Mit einer Novellierung des Mutterschutzgesetzes, des Väter-Karenzgesetzes und des Landarbeitsgesetzes wollen die NEOS Eltern mehr Flexibilität bei der Inanspruchnahme von Karenz einräumen. Zum einen schlagen sie vor, die Mindestdauer einer Karenz von zwei Monaten auf 28 Tage zu verkürzen. Zum anderen sollen die Eltern die Möglichkeit erhalten, beliebig lange gleichzeitig in Karenz zu gehen. Das ist derzeit nur einen Monat lang möglich. Überlappende Phasen würden dabei die Dauer der Karenz entsprechend verkürzen. Durch den Gesetzesantrag könnten sich die Eltern die Zeiten, in denen sie sich gemeinsam oder allein um ihr Kind kümmern, freier einteilen, ohne zusätzliche Kosten zu verursachen oder zusätzliche Ansprüche zu schaffen, argumentieren die NEOS.

Verbesserungen im Nachtschwerarbeitergesetz

Zwei Entschließungsanträge zur Änderung des  Nachtschwerarbeitergesetzes liegen seitens der SPÖ vor. Zum einen plädieren die SozialdemokratInnen dafür, besondere Belastungen im Zuge von Nachtarbeit kumulativ anzuerkennen. Nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen liegt Nachtschwerarbeit nur dann vor, wenn eine der im Gesetz aufgezählten Belastungen – etwa besonderer Lärm, Hitze, Kälte, Erschütterungen, das Tragen von Atemschutzgeräten, unter-Tage-Arbeit im Berg- und Tunnelbau oder besonders anstrengende Bildschirmarbeit – überwiegt. Eine Zusammenrechnung ist nicht vorgesehen, was nach Ansicht der SPÖ dem Umstand, dass Beschäftigte verstärkt unterschiedlichsten Belastungen ausgesetzt sind, nicht Rechnung trägt.

Der zweite Antrag zielt darauf ab, NachtschwerarbeiterInnen das ihnen mit Ende des 57. Lebensjahres zustehende Sonderruhegeld abschlagsfrei zu gewähren. Die SPÖ sieht nicht ein, dass ArbeitnehmerInnen, die Jahrzehnte lang Nacht- und Schwerarbeit geleistet haben, Pensionsabschläge von 4,2% pro Jahr – bis zu maximal 13,8% – in Kauf nehmen müssen, wenn sie diese Frühpensionsregelung in Anspruch nehmen.

Unternehmen sollen Karenzzeiten bei Gehaltsvorrückungen künftig voll berücksichtigen

Bei dieser SPÖ-Initiative – die durchaus Aussicht auf Erfolg hat – geht es darum, dass ArbeitnehmerInnen, die Elternkarenz in Anspruch genommen haben, nicht gegenüber durchgehend beschäftigten KollegInnen benachteiligt sind. Daher sollen Zeiten der Elternkarenz künftig bei Gehaltsvorrückungen und anderen zeitabhängigen Ansprüchen von ArbeitnehmerInnen in vollem Umfang berücksichtigt werden. Was durch kollektivvertragliche Vereinbarungen vielfach bereits Realität ist, soll demnach flächendeckend in allen Branchen und Bereichen umgesetzt werden. Damit sollten in Hinkunft bis zu 24 Monate Elternkarenz automatisch nicht nur bei Gehaltsvorrückungen, sondern etwa auch beim Anspruch von ArbeitnehmerInnen auf eine sechste Urlaubswoche, Kündigungsfristen und Entgeltfortzahlungen zu berücksichtigen sein.

Grundsätzlich fand sich die Forderung nach einer Anrechnung von Elternkranzzeiten als Dienstzeiten bereits im Regierungsprogramm der – mittlerweile zerbrochenen – türkis-blauen Koalition. ÖVP und FPÖ setzten zunächst aber auf die Sozialpartner und stellten ihnen im vergangenen Jahr in Form einer Entschließung die Rute ins Fenster. Erst wenn es im Rahmen der Kollektivvertragsverhandlungen zu keiner Einigung kommt, wollten sie gesetzliche Regelungen beschließen.

Bessere arbeitsrechtliche Absicherung freiwilliger HelferInnen

Ob die SPÖ mit ihrer Forderung nach einer besseren arbeitsrechtlichen Absicherung von freiwilligen HelferInnen durch Adaptierungen im Angestelltengesetz, im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB), im Katastrophenfondsgesetz und weiteren Gesetzen durchkommt, ist abzuwarten, denn nicht nur die Wirtschaft, sondern auch Hilfsorganisationen haben dagegen in der Öffentlichkeit Bedenken geäußert.

Die Intention der SPÖ ist es, zu vermeiden, dass Mitglieder von Freiwilligen Feuerwehren oder ehrenamtliche MitarbeiterInnen von Rettungs- und Katastrophenschutzorganisationen aufgrund von Hilfseinsätzen Einkommensverluste erleiden oder um ihren Arbeitsplatz bangen müssen. Der Antrag sieht in diesem Sinn einen Anspruch auf Freistellung von bis zu fünf Arbeitstagen pro Dienstjahr für ArbeitnehmerInnen vor, die Mitglied bei einer Freiwilligen Feuerwehr, einer Katastrophenorganisation oder einem Rettungsdienst sind. In dieser Zeit soll auch das Gehalt weitergezahlt werden. Die dem Arbeitgeber dadurch entstehenden Kosten sollen aus dem Katastrophenfonds abgedeckt werden.

Ausdrückliches gesetzliches Verbot von Konversionstherapien

Mit dem Thema „Konversions- oder Reparativtherapien“ befasst sich der zur Diskussion stehende SPÖ-Entschließungsantrag. Mit diesem Begriff werden jene umstrittenen Methoden bezeichnet, die darauf abzielen, Homosexualität in asexuelles oder heterosexuelles Verhalten umzuwandeln. Im Sinne eines proaktiven Umgangs mit dieser Problematik tritt die SPÖ dafür ein, die Ausübung von „reparativen“ Therapieformen an Minderjährigen gesetzlich zu verbieten. Gerade im Hinblick auf die möglichen Langzeitfolgen –  Depressionen, Angsterkrankungen, selbstdestruktives Verhalten bis hin zur Suizidalität – sollten gesetzliche Regelungen nicht erst dann erlassen werden, wenn es für die Betroffenen zu spät sei, heißt es im Antrag.

Verbot von Plastiksackerln

Die von ÖVP und FPÖ gemeinsam beantragte Novelle zum Abfallwirtschaftsgesetz hat zwei Stoßrichtungen. Zum einen geht es den beiden ehemaligen Koalitionspartnern darum, Plastikmüll durch ein weitgehendes Verbot von Kunststofftragetaschen zu reduzieren, zum anderen sollen Unternehmen und die öffentliche Hand durch eine umfassende Rechtsbereinigung im Bereich der Abfallwirtschaft entlastet werden. Damit werden nicht zuletzt Vorschläge einer vom Umweltministerium eingesetzten Arbeitsgruppe umgesetzt.

Das grundsätzliche Verbot, Kunststofftragetaschen in Verkehr zu bringen, soll laut Antrag ab Jänner 2020 gelten. Ausnahmen vom Verbot sind nur für robuste wiederverwendbare Taschen mit vernähten Verbindungen und vernähten Tragegriffen sowie für ultradünne Plastiksackerl vorgesehen. Diese sogenannten Knotenbeutel, die vor allem im Obst- und Gemüsesektor von Lebensmittelgeschäften in Verwendung sind, müssen allerdings aus überwiegend nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden und grundsätzlich für eine Eigenkompostierung geeignet sein. Taschen, die weder einen Griff noch ein Griffloch haben, sind gemäß den Erläuterungen vom Geltungsbereich der neuen Bestimmungen nicht umfasst.

Eine Übergangsfrist planen ÖVP und FPÖ für Plastiksackerl, die die Geschäfte bereits auf Lager haben. Sie sollen noch bis Ende 2020 abgegeben werden dürfen. Zudem sieht die Gesetzesnovelle Melde- und Berichtspflichten für Hersteller und Importeure von Kunststofftragetaschen sowie für Abfallsammler und -verwerter vor. Durch bewusstseinsbildende Maßnahmen wollen ÖVP und FPÖ verhindern, dass Plastiksackerl durch andere Einwegtragetaschen, insbesondere aus Papier, ersetzt werden.

Für später zugezogene Nachbarn schlagen ÖVP und FPÖ eine höhere Zumutbarkeitsschwelle für etwaige Belästigungen durch Abfallanlagen vor: Sie sollen grundsätzlich nur noch vor Gesundheitsbeeinträchtigungen geschützt sein.

Initiativen zum Verbot bzw. Reduktion von Glyphosat

Glyphosat wird abermals Thema im Nationalrat sein. Dazu liegt sowohl ein Antrag der SPÖ als auch der ÖVP vor. Während aber die SPÖ in Berufung auf das Vorsorgeprinzip für ein sofortiges Verbot von Glyphosat eintritt, spricht sich die ÖVP dafür aus, Glyphosat nur für nicht berufliche Verwender und in öffentlichen Anlagen zu verbieten.

Aufgrund seiner Gefahren für die Umwelt und die unterschiedlichen wissenschaftlichen Einstufungen zur krebserregenden Wirkung soll den SozialdemokratInnen zufolge Glyphosat nicht mehr in Pflanzenschutzmitteln eingesetzt werden. Neben der Einschätzung der IARC beruft sich die SPÖ auch auf eine Bewertung der EU-Chemikalienbehörde (ECHA). Diese sieht zwar keine Krebsgefahr für den Menschen, allerdings sei Glyphosat laut der Studie für Versuchstiere krebserregend und gefährde Wasserorganismen langfristig.

Die ÖVP plädiert hingegen für ein Verbot des Inverkehrbringens von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat in öffentlichen Parks, Friedhöfen, Sport- und Freizeitanlagen, Schwimmbädern, auf Schulgeländen und Kinderspielplätzen und in unmittelbarer Nähe von Gesundheitseinrichtungen. Im Visier haben die ÖVP-Abgeordneten zudem auch die nicht berufliche Verwendung im Haus- und Kleingartenbereich. Sie geben in ihrem Initiativantrag auf Änderung des Pflanzenschutzmittelgesetzes zu bedenken, dass ein absolutes Glyphosat-Verbot derzeit aufgrund der EU-rechtlichen Bestimmungen nicht durchführbar ist, zumal die Europäischen Union den Wirkstoff bis zum Dezember 2022 genehmigt hat. Es sei deshalb sinnvoller, solche Beschränkungen zu beschließen, die gemäß den einschlägigen unionsrechtlichen Vorschriften als zulässig bewertet werden können und geeignet sind, das Schutzniveau zu erhöhen.

Haftung für Weidetiere: Neue Regelungen stellen auch auf Eigenverantwortung der Geschädigten ab

Konkrete Kriterien für die Ersatzpflicht der Tierhalter in der Alm- und Weidewirtschaft bringt ein Haftungs-Änderungsgesetz 2019, wobei die neuen Bestimmungen nun neben dem Gefahrenpotenzial der Tiere und der Zumutbarkeit von Sicherungsmaßnahmen vor allem auch die vom Geschädigten zu erwartende Eigenverantwortung betonen. Im Einzelnen wird im Gesetz ein klarer Hinweis eingefügt, dass sich die Anforderungen an die Alm- und Weidewirtschaft auch nach anerkannten Standards richten können. HalterInnen von Weidetieren haben demnach jene Maßnahmen zu setzen, die angesichts der Gefährlichkeit der Tiere und der ihm zumutbaren Möglichkeiten zur Vermeidung solcher Gefahren sowie unter Berücksichtigung der erwartbaren Eigenverantwortung anderer Personen gebotenen sind. Die vorauszusetzende Eigenverantwortung der BesucherInnen von Alm- und Weideflächen richtet sich dabei nach den durch die Alm- und Weidewirtschaft drohenden Gefahren, der Verkehrsübung und der anwendbaren Verhaltensregeln. Wie die Erläuternden Bemerkungen zum Entwurf klarstellen, soll die Einfriedung und Abzäunung von Almflächen nur die Ausnahme und nicht die Regel sein. SPÖ, NEOS und JETZT lehnten die Änderungen im Justizausschuss als überflüssig ab. Sie verweisen auf bereits bestehende Judikatur.

Förderung der Mitwirkung von Aktionären

Mit einhelliger Unterstützung kann ein gemeinsam von ÖVP, SPÖ und FPÖ eingebrachter Initiativantrag rechnen, bei dem es im Wesentlichen um die Umsetzung der EU-Richtlinie betreffend die Förderung der langfristigen Mitwirkung der Aktionäre geht. Das vorgeschlagene Aktienrechts-Änderungsgesetz 2019 betrifft dabei die rein gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen der Vorgaben aus Brüssel und enthält unter anderem Bestimmungen über die Vergütungspolitk der Gesellschaft sowie die Verpflichtung zur jährlichen Vorlage eines Vergütungsberichts. Darüber hinaus wird die Novelle zum Anlass genommen, die gesetzlichen Regelungen über das Gremium zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses zu überarbeiten. Die Fraktionen erwarten sich dadurch u.a. mehr Transparenz und eine Stärkung der Aktionärsrechte.

Halbierung der Gerichtskosten bei sofortigem Vergleich

Wenn eine Rechtssache bereits in der ersten Verhandlung verglichen wird, dann sollen die anfallenden Pauschalgebühren halbiert werden, lautet die Forderung der Liste JETZT, die in einem Initiativantrag entsprechende Änderungen des Gerichtsgebührengesetzes vorschlägt. Der Vorstoß wird wahrscheinlich keine ausreichende Unterstützung finden. Im Ausschuss wurde dagegen argumentiert, dass die Gebührenproblematik als Ganzes in der nächsten Legislaturperiode zu regeln sei. Auch Vizekanzler Clemens Jabloner gab zu bedenken, der Vorschlag koste viel Geld, das die Justiz derzeit nicht habe.

Vierte Geldwäsche-Richtlinie: Präzisierungen für RechtsanwältInnen und NotarInnen

Nachdem die Europäische Union in einem Vertragsverletzungsverfahren Defizite bei der Umsetzung der Vierten Geldwäsche-Richtlinie durch Österreich festgestellt hatte, präzisiert ein Gesetzesentwurf, der noch von der türkis-blauen Regierung vorgelegt und im Justizausschuss mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ, SPÖ und NEOS angenommen wurde, die entsprechenden Bestimmungen im Bereich des rechtsanwaltlichen und notariellen Berufsrechts. Ziel ist es, bestehende Zweifel an der Unionskonformität der österreichischen Rechtslage auszuräumen.

Ehe für alle: Beseitigung letzter Hürden im internationalen Privatrecht

Auf die Initiative der NEOS gehen Änderungen des Gesetzes über das internationale Privatrecht zurück, durch die eine letzte Lücke bei der Ehe für alle geschlossen wird. Ziel ist es dabei, in Entsprechung des Entscheids des Verfassungsgerichtshofs die Ehe für alle auch jenen Paaren rechtssicher und diskriminierungsfrei zugänglich zu machen, bei denen ein Teil aus einem Staat kommt, der die gleichgeschlechtliche Ehe nicht anerkennt. „Sieht das nach dem Personalstatut berufene Recht eines oder beider Verlobten die Eheschließung wegen des Geschlechts eines oder beider Verlobten nicht vor, dann sind die Voraussetzungen für die Eheschließung nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die Ehe begründet wird“, lautet der von den NEOS vorgeschlagene Passus, der im Nationalrat auch mit Unterstützung von ÖVP, SPÖ und JETZT rechnen kann.

Pflegegeld wird valorisiert

Ausgehend von einer Initiative der Parlamentsfraktion JETZT wird nun das Pflegegeld ab 1. Jänner 2020 valorisiert und damit jährlich dem Pensionsanpassungsfaktor entsprechend erhöht. Während sich laut Antrag die Beitragshöhe am Verbraucherpreisindex orientieren sollte, hat der Finanzausschuss beschlossen, als Grundlage für die Anhebung den Pensionsanpassungsfaktor zu nehmen. Aufgrund dieses einhelligen Ausschussvotums ist auch mit einer entsprechenden Beschlussfassung im Nationalratsplenum fest zu rechnen.

Bildungsinvestitionsgesetz sichert weitere Finanzierung der Ganztagsbetreuung

Die Finanzierung der Ganztagsbetreuung von PflichtschülerInnen ab Herbst 2019 scheint mit der vom Unterrichtsausschuss einstimmig befürworteten Novelle zum Bildungsinvestionsgesetz – einer ÖVP-FPÖ-Initiative – gesichert. Damit soll nicht nur die Auszahlung der Fördermittel von 750 Mio. € bis zum Schuljahr 2032/33 gewährleistet sein. Die Bundesländer erhalten daraus Zweckzuschüsse in der Höhe von 428 Mio.€, die sie gemäß eigener Vereinbarungen den Schulerhaltern überweisen. SPÖ und NEOS kritisieren, dass der Ausbau der Ganztagsschulen zu langsam erfolge.

Neben dem Ausbau ganztägiger Schulformen geht es laut Antrag auch um die Sicherstellung bestehender Betreuungsformen für PflichtschülerInnen, auch in außerschulischen Einrichtungen. Damit soll die Schaffung von 40.000 Plätzen bis 2022 sichergestellt, beziehungsweise das Ziel erreicht werden, dass 40% der Schulkinder zwischen sechs und 15 Jahren einen Betreuungsplatz haben. Umfasst werden sollen von der Maßnahme 85% der allgemeinbildenden Pflichtschulen. Außerschulische Einrichtungen der Tagesbetreuung müssen aber bestimmte Qualitätskriterien erfüllen, um Fördermittel abrufen zu können. In einer Ausschussfeststellung wird festgehalten, dass auch Nachhilfe in Ferienzeiten förderwürdig ist, wobei den Erziehungsberechtigten verbleibende Kosten sozial zu staffeln sind.

Vom bislang beim Ganztagsschulausbau verfolgten Ziel, die Verschränkung von Unterricht und Freizeit vorrangig zu fördern, wird mit diesem Gesetzesvorschlag abgegangen. Die darauf beruhende komplexe Fördersystematik habe den nachhaltigen Ausbau der Tagesbetreuung erschwert, funktionierende außerschulische Einrichtungen seien davon sogar gefährdet gewesen, heißt es seitens der ÖVP und FPÖ.

Weiterentwicklung der Polytechnischen Schulen und Weitergabe Sprachdaten von SchulanfängerInnen

Unterschiedliche Beurteilungen gibt es zur Initiative von ÖVP und FPÖ, die eine Weiterentwicklung Polytechnischer Schulen zum Ziel hat. Darüber hinaus soll sichergestellt werden, dass elementare Bildungseinrichtungen Daten zur Sprachkompetenz der Kinder an die Volksschulen übermitteln.

Kern der Novelle ist, den Fächerkanon Polytechnischer Schulen als Grundlage zur Neugestaltung ihrer Lehrpläne zu modernisieren. Außerdem solle eine vierwöchige Orientierungsphase zu Beginn des Schuljahres den SchülerInnen dabei helfen, die für sie passenden alternativen Pflichtgegenstände zu wählen. Daran anschließend sieht der Entwurf die Möglichkeit einer Schwerpunktphase vor, bei der die SchülerInnen in Fachbereichen auf das Berufsleben vorbereitet werden. Die Fachbereiche, zusammengefasst in Clustern wie Technik oder Dienstleistungen, seien entsprechend den Anforderungen der Wirtschaft oder weiterführender Schulen ebenfalls neu zu konzipieren. Ziel der ab 2020/21 geplanten Maßnahmen ist, eine zeitgemäße Ausbildung für SchülerInnen am Ende der Schulpflicht zu schaffen.

Abgelehnt wird von der SPÖ an der Novelle unter anderem der Passus zur Differenzierung der SchülerInnen bei den Pflichtgegenständen in Leistungsniveaus.

Großteils Einvernehmen unter den Fraktionen dürfte es aber hinsichtlich der Verpflichtung von VolksschuldirektorInnen geben, beim Schuleintritt eines Kindes von den Kindergärten Daten zu den erfolgten Sprachstanderhebungen zu verlangen, sollten die betroffenen Eltern diese nicht vorlegen. Gewährleistet werden soll dadurch, dass im Unterricht treffsichere Fördermaßnahmen bereitgestellt werden und das Kind in einen geeigneten Klassenverband kommt. Die Regelung korrespondiere mit der verfassungsrechtlichen Vereinbarung zwischen Bund und Ländern betreffend Sprachdatenweitergabe für die Kindergartenjahre 2018/19 bis 2021/22.

Ziffernnoten an Volksschulen bleiben Streitthema

Die Bewertung der Schulleistung in der Primarstufe bleibt strittiges Thema. Anträge der SPÖ und der NEOS zur Wiedereinführung alternativer Beurteilungsmöglichkeiten an Volksschulen erhielten im Unterrichtsausschuss keine Mehrheit und werden sich wohl auch nicht im Plenum durchsetzen. Aus Sicht der ÖVP und FPÖ sind hingegen Noten ab Ende der zweiten Volksschulklasse wichtig, um Eltern Aufschluss über das tatsächliche Können ihrer Kinder zu geben. Abgesehen davon seien ab dem Schuljahr 2019/20 schriftliche Erläuterungen zu den Noten in den Volksschulzeugnissen verpflichtend.

Die NEOS argumentieren so wie die SPÖ, dass die alternative Leistungsbeurteilung, die 2016 von der SPÖ-ÖVP-Regierung an Volksschulen eingeführt und 2018 unter der ÖVP-FPÖ-Regierung wieder abgeschafft wurde, das Ergebnis jahrelanger pädagogischer Entwicklungsarbeit gewesen sei. Als Teil der Schulautonomie sollten den Schulgemeinschaftsausschüssen alternative Beurteilungsformen zur Wahl gestellt werden. (Schluss) jan/keg


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