ORF-Schwerpunkt zum 30. Todestag von Thomas Bernhard: „kulturMontag“, TV-Porträt, Dokupremiere, Heller-Gespräch im TV

„Tonspuren“, „Ö1 Hörspiel“ und „Passagen“ in Ö1

Wien (OTS) Über keinen Dramatiker hat sich Österreich derart echauffiert wie über Thomas Bernhard. Sein Drama „Heldenplatz“ wurde von vielen als nationale Beleidigung empfunden, von anderen als wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung der Geschichte. Bernhard und Österreich – das war immer eine sehr schwierige Beziehung, auch noch posthum, als der Dichter testamentarisch die Aufführung seiner Werke in seiner Heimat blockierte. Anlässlich seines 30. Todestags (12. Februar) gestaltet der ORF ab 4. Februar 2019 einen TV- und Radioschwerpunkt über das Leben und künstlerische Schaffen Bernhards. So bringt der „kulturMontag“ am 4. Februar (ab 22.30 Uhr, ORF 2) nach einem Bericht im Magazin das Porträt „Das war Thomas Bernhard“ (Dakapo am 10. Februar um 8.15 Uhr in ORF III) sowie die TV-Premiere der Kinodoku „Der Bauer zu Nathal. Kein Film über Thomas Bernhard“, die sich in der Bernhard-Wahlgemeinde Ohlsdorf in Oberösterreich auf Spurensuche nach dem überlebensgroßen Erbe des Schriftstellers begibt. Bernhard-Texte werden darin von Nicholas Ofczarek gesprochen.

ORF III bringt außerdem eine Ausgabe von „André Hellers Menschenkinder“ (10. Februar, 8.50 Uhr) mit Peter Fabjan, seines Zeichens Mediziner und Halbbruder Thomas Bernhards, der den Dichter in seinen letzten Jahren auch als Arzt begleitete. Bereits ab 3. Februar widmet das Kulturradio Ö1 Thomas Bernhard drei Sendungen: ein „Tonspuren“-Feature über „Alois. Thomas Bernhards Vater“ (3. Februar, 20.15 Uhr), im „Ö1 Hörspiel“ die Sendung „Städtebeschimpfungen – Die österreichischen Orte“ (9. Februar, 14.00 Uhr) sowie in den „Passagen“ unter dem Titel „Der Künstlerische Unruhestifter, der noch immer bewegt.“ (11. Februar, 16.05 Uhr) den Mitschnitt einer Diskussion von den 24. Bernhard-Tagen in St. Veit im Pongau im Oktober 2018.

Die TV-Sendungen: „kulturMontag“, zwei Dokus, André-Heller-Gespräch mit Halbbruder

4. Februar, ORF 2:

„kulturMontag“ (22.30 Uhr) über „Die einfach komplizierte Welt des umstrittenen Dichters“

Für die einen war Thomas Bernhard der hasserfüllte Poet, der Nestbeschmutzer, gar ein literarischer Irrtum, der polarisierte wie kaum ein anderer. Für die anderen ein literarischer Berserker, ein Besessener seines persönlichen Weltzorns und -leides, ein wortmächtiger Übertreibungskünstler, der Klassiker der Weltliteratur geschaffen hat. Zum medialen und kulturpolitischen Riesenskandal geriet sein anlässlich des 50. Jahrestags von Österreichs „Anschluss“ an Nazi-Deutschland entstandener, letzter theatralischer Frontalangriff auf Österreich: „Heldenplatz“ – eine wütende Suada über den Judenhass der Wiener, das Spießertum der Österreicher, die Verderbtheit der Politik und die Niederträchtigkeit des Menschen im Allgemeinen. 30 Jahre nach seinem Tod erinnern sich sein Halbbruder Peter Fabjan und Weggefährte Claus Peymann an den weltberühmten Skandalautor und begeben sich mit dem „kulturMontag“ auf Spurensuche.

„Das war Thomas Bernhard“ (23.25 Uhr)

Thomas Bernhard galt als schwierig, war für andere nur schwer zu fassen, denn Sprache war für ihn sein liebstes Spielmaterial. Nur wenigen gelang es daher, dem Dichter ganz nah zu kommen: Eine von ihnen war die ORF-Kulturjournalistin Krista Fleischmann, die er als einfühlsame Gesprächspartnerin über viele Jahre schätzte. Ihre Bernhard-Interviews sind legendär, sie hat die bedeutendsten Fernsehdokumente über sein Wirken zusammengestellt. Vom ersten erhaltenen Filmmaterial aus dem Jahr 1967 bis zu seinem letzten Auftritt nach der umstrittenen „Heldenplatz“-Premiere im Jahr 1988 lässt die Dokumentation den Künstler in Bildern wieder auferstehen:
streitbar, genial, mit einem starken Hang zum Monolog, unbestechlich in der Beobachtung.
Das TV-Porträt führt zu den bedeutenden literarischen Stationen in Bernhards Leben und thematisiert auch das Drama seiner Krankheit sowie sein intensives Verhältnis zum Tod. Bei den Proben zu „Heldenplatz“ trieb er Regisseur Claus Peymann zur Eile an – er wusste, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleiben würde. Bereits drei Monate nach der Premiere war er tot.

Premiere „Der Bauer zu Nathal. Kein Film über Thomas Bernhard“ (23.55 Uhr)

In der kleinen Gemeinde Ohlsdorf in Oberösterreich ist Thomas Bernhard bis heute allgegenwärtig. Hier hatte einer der bekanntesten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts einen Vierkanthof gekauft und sich – sehr zur Überraschung der Dorfgemeinde – mit der Berufsbezeichnung „Landwirt“ niedergelassen. Bernhard musste jedoch rasch erkennen, dass es nicht einfach war, in einem Dorf aufgenommen zu werden. Für viele war und bleibt der berühmte Dichter und Dramatiker, trotz seiner regen Teilnahme am Dorfleben, ein Sonderling. Auch hier, so scheint es, hat der weltbekannte Autor mindestens ebenso viele Fans wie Kritiker.
Bis heute profitiert der kleine und sonst eher verschlafene Ort von seinem populären Bewohner. Doch nach wie vor noch tut sich rund um die Figur des zu Lebzeiten polarisierenden Künstlers ein schier endloses Spannungsfeld auf. Die Reibung an Bernhard, dem Widerspenstigen, offenbart tiefe Einblicke in die österreichische Seele. Der Dichter als Seismograf der Gesellschaft – ein altes aber besonders in diesem Fall immer noch gültiges Bild.
Der Dokumentarfilm „Der Bauer zu Nathal“ von Matthias Greuling und David Baldinger bietet Einblick in die Lebensumgebung Bernhards, der sein Schaffen zu einem Gutteil aus eben dieser generiert hat. „Der Bauer zu Nathal“ ist kein Film über Thomas Bernhard, sondern mehr Charakterstudie einer Region, die den berühmten Autor in das relevante Heute holen will. Bernhard-Zitate und -Texte spricht im Film Schauspieler Nicholas Ofczarek.

10. Februar, ORF III:

Dakapo „Das war Thomas Bernhard“ (8.15 Uhr)

„André Hellers Menschenkinder – Peter Fabjan“ (8.50 Uhr)

Thomas Bernhards jüngerer Halbbruder ist pensionierter Arzt und Erbe sowie als Vorstand der öffentlich geförderten Thomas-Bernhard-Privatstiftung auch Verwalter des Nachlasses des berühmten Dichters. In einem 2017 aufgezeichneten Gespräch mit André Heller gibt Peter Fabjan durchaus intimen Einblick in die gemeinsam erlebte Kindheit und Jugend im Oberösterreich der unmittelbaren Nachkriegszeit. Menschlich einfühlsam und sehr berührend ist die Erzählung über Bernhards letzte Jahre und seinen Tod, die Fabjan auch als persönlicher Arzt begleitete.

Thomas Bernhard in Ö1: „Tonspuren“, „Ö1 Hörspiel“ und „Passagen“

In den „Tonspuren“ im Rahmen des „Ö1 Kunstsonntags“ ist am 3. Februar ab 20.15 Uhr Gemma Salems Feature „Alois. Thomas Bernhards Vater“ zu hören. Wer ist mein Vater? Eine Frage, die sich der Dichter in seinen Büchern häufig stellte. Was er von dem Mann namens Alois Zuckerstätter wusste, war so gut wie nichts: Außer, dass er – nicht nur nach Meinung seiner Mutter – ein Taugenichts war, das Weite gesucht hatte. Erst als sich ein Bewunderer Thomas Bernhards, Louis Huguet, ein Stammbaumforscher und Professor an der Universität von Perpignan, an die Arbeit machte, kam Licht in Thomas Bernhards Vergangenheit. Gerade als ihm Huguet stolz das Ergebnis seiner jahrelangen Nachforschungen präsentieren wollte, starb Bernhard. „Städtebeschimpfungen – Die österreichischen Orte“ stehen am Samstag, dem 9. Februar, ab 14.00 Uhr auf dem Programm des „Ö1 Hörspiels“. Raimund Fellinger, langjähriger Lektor bei Suhrkamp, hat aus unterschiedlichen Werken Thomas Bernhards dessen „Städtebeschimpfungen“ kompiliert. Diese auch auf drei CDs erschienene Produktion erhielt 2018 den Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik. Peter Simonischek liest im „Österreich-Teil“ Bernhards Beschreibungen von Altaussee, Bad Gastein, Bad Ischl, Bruck an der Leitha, Goldegg-Wenig, Graz, Innsbruck, Kitzbühel, Krottendorf bei Weiz, Leoben, Linz, Mattighofen, Salzburg, Schwarzach und Wien. Michael König ergänzt Reaktionen der Zeitgenossen. Regie bei dieser HR/BR/ORF-Produktion aus dem Jahr 2017 führte Götz Fritsch.
Die „Passagen“ bringen am Montag, dem 11. Februar, ab 16.05 Uhr unter dem Titel „Der Künstlerische Unruhestifter, der noch immer bewegt.“ den Mitschnitt einer Diskussion bei den 24. Bernhard-Tagen in St. Veit im Pongau im vergangenen Oktober. Zu dem Podiumsgespräch über die Lebensart von Thomas Bernhard hatte Moderator und Bernhard-Biograf Manfred Mittermayer drei ausgewiesene Bernhard-Kenner eingeladen: den Schriftsteller Alois Brandstetter, den Germanisten Hans Höller sowie die Fotografin Erika Schmied, die eng mit Thomas Bernhard befreundet war.

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