ORF-Positionen zur Medienenquete: Stärkung des Medienstandorts Österreich

Wien (OTS) Im Vorfeld der am 7. und 8. Juni 2018 stattfindenden Medienenquete legt der ORF seine Positionen zur Weiterentwicklung des Medienstandorts Österreich vor. Im Zentrum stehen aus Sicht des ORF

–) Stärkung des Medienstandorts Österreich (siehe Punkt 1.)
–) Engere Kooperation österreichischer Marktteilnehmer (siehe Punkt 2.)
–) Weiterentwicklung des ORF als öffentlich-rechtliches Leitmedium und Motor des Medienstandorts Österreich (siehe Punkt 3.)

1. Vorschläge zur Stärkung des Medienstandorts Österreich

Schaffung eines nationalen Produktions- und Förderfonds für private österreichische Medien: Zur Stärkung des Medienstandorts Österreich muss dem Abfluss von Werbegeldern aus dem Markt durch die Werbefenster einerseits und die weltmarktbeherrschenden Online-Giganten Google und Facebook sowie Amazon und Netflix andererseits entgegengetreten werden. Allein Google und Facebook setzen in Österreich mehr als 260 Mio. Euro p. a. um. Durch die deutschen Werbefenster fließen jedes Jahr weitere 600 Mio. Euro brutto aus dem österreichischen Markt ab.

Dem soll durch die Schaffung eines nationalen Produktions- und Förderfonds für private österreichische Medien entgegengetreten werden, der österreichische Printmedien und Medienunternehmen, die keine US-Unternehmen als „ultimate owner“ haben, fördern soll.

Die Wirtschaftstätigkeit von Google, Facebook und Co. soll dabei nach dem Grundsatz der „digitalen Betriebsstätte“ einer Besteuerung in Österreich unterworfen werden. Auf Basis von Art. 13 des Entwurfs der neuen AVMD-RL können weiters Streaming-Dienste wie Amazon und Netflix zu Beiträgen in nationale Förderfonds verpflichtet werden. Diese Bestimmung ist – entsprechend eines Vorschlags des Europäischen Rats – auch auf Werbefenster-Betreiber auszuweiten.

Zur Dotierung des Produktions- und Förderfonds könnten demnach beitragen:

–) 20 % der in Österreich erzielten Werbeeinnahmen von Google und Facebook (= rd. 50 Mio. Euro p. a.)
–) 20 % der Netto-Einnahmen der deutschen Werbefenster in Österreich (bei geschätzt 200 Mio. Euro Netto-Einnahmen = 40 Mio. Euro p. a.) –) 10 % der Einnahmen der Streaming-Giganten in Österreich (Amazon, Netflix)

So könnte in Summe ein Fördervolumen von jährlich annähernd 100 Millionen Euro für private österreichische Medien zur Verfügung gestellt werden.

Beseitigung der Diskriminierung durch die Werbeabgabe: Um österreichische und internationale Medien gleich zu behandeln, ist die derzeitige Diskriminierung klassischer österreichischer Medien durch die Werbeabgabe zu beseitigen.

Gemeinsame 5G-Initiative: Diskriminierungsfreier Zugang von österreichischen Medienangeboten auf die 5G-Plattformen der Telkos ist sicherzustellen. Österreichischer Content von öffentlich-rechtlichen wie privaten Anbietern muss auch in Zukunft für das Publikum verfügbar („must carry“) und leicht auffindbar („must be found“) bleiben.

Absicherung von Sport- und sonstigen Großevents im Free-TV: Da Großevents zunehmend hinter Pay-Walls zu verschwinden drohen, ist im Sinne eines leistbaren Zugangs zu wichtigen Sportereignissen der Free-TV-Sektor (also ORF und private Free-TV-Sender) zu stärken:
deshalb ist die Liste der „Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung“ (gemäß § 4 Abs. 1 Fernseh-Exklusivrechtegesetz) zumindest auf Sportevents wie Bundesliga, Champions und Europa League mit österreichischer Beteiligung sowie die Semifinal- und Finalspiele, die Fußball-EM und -WM, Olympische Spiele sowie Skibewerbe auszudehnen.

2. Vorschläge zur engeren Kooperation österreichischer Marktteilnehmer

Weiters ist zur Stärkung des Medienstandorts Österreich jedenfalls eine nachhaltige Verbesserung der Zusammenarbeit klassischer österreichischer Medien nötig. Aus Sicht des ORF sind folgende Schritte zu setzen:

Im Content-Bereich: Ausbau und Weiterentwicklung der APA Austria Video Plattform zur Content-Plattform durch Ausweitung auf weitere Programminhalte für alle österreichischen Medien.

Streaming-Allianz: Gemeinsame Positionierung gegenüber den Telkos, um einen gleichberechtigten Zugang zu allen österreichischen Medieninhalten nachhaltig sicherzustellen.

LOG IN-Initiative: Ermöglicht gemeinsame Online-Anmeldung und einfacheren Zugang zu österreichischen Medienangeboten (entsprechend den Vorschriften der DSGVO & der E-Privacy-RL).

Vermarktung: Mit dem Marketplace Austria schaffen österreichische Medienanbieter eine gemeinsame Onlinewerbe-Vermarktungsplattform, die qualitatives Content-Angebot mit hoher Reichweite verbindet, damit Werbegeld in Österreich bleibt.

Recommendation-Engine: Gemeinsamer Empfehlungsdienst, mit dem smarte Verlinkungen zu Inhalten anderer österreichischer Qualitätsmedien geschaffen werden, um User/innen möglichst lange auf österreichischen Online-Plattformen zu halten.

Forschung & Entwicklung: Zusammenschluss heimischer Lehr- und Forschungseinrichtungen mit österreichischen Medien im Rahmen einer Forschungs- und Entwicklungs-Kooperation zur Entwicklung technischer Medienlösungen.

Schaffung verbesserter kartellrechtlicher Rahmenbedingungen: Um diese Maßnahmen zu einer engeren Kooperation österreichischer Medien umsetzen zu können, sind kartellrechtliche Anpassungen etwa nach deutschem Vorbild nötig: In Deutschland wurden z. B. sektorspezifische Sonderregelungen für den Medienbereich geschaffen, um die intensivere wirtschaftliche Zusammenarbeit von Medien zu ermöglichen.

3. Weiterentwicklung des ORF als öffentlich-rechtliches Leitmedium und Motor des Medienstandorts Österreich

Damit der ORF seine Funktion als mediale Infrastruktur und Motor des österreichischen Medienmarktes auch im Digitalzeitalter adäquat erfüllen kann, sind sowohl die rechtlichen und technologischen Rahmenbedingungen als auch seine ausreichende und unabhängige Finanzierung nachhaltig abzusichern:

ORF-Player als strategische Antwort auf geändertes Mediennutzungsverhalten (Streaming): Die erfolgreiche ORF-TVthek soll zum ORF-Player weiterentwickelt werden. Dieser soll als Basis für einen gemeinsamen Player der österreichischen Medien dienen („Austrian Player“), um dem sich immer rascher verändernden Mediennutzungsverhalten gerecht zu werden. Ziel ist es, dass in fünf Jahren 90 % des Publikums den Player nutzen.

Dazu sind folgende rechtliche Anpassungen nötig:

–) Ermöglichung von „online only“ & „online first“
–) Aufhebung der 7-Days-Catch-Up-Regelung
–) Beseitigung der Beschränkungen für mobile Devices (Apps) zumindest für diesen Bereich
–) Ermöglichung eines starken österreichischen Kinderangebots im Online-Bereich
–) Lockerung der Beschränkungen für Personalisierung & Community-Building des ORF-Players
–) Aufhebung von Beschränkungen der Einbindung kommerzieller Unternehmen, die an den Player andocken (z. B. Vermarktung, Kooperation)

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