NR-Präsident Sobotka und BR-Präsident Appé begrüßen AmtskollegInnen bei Konferenz der ParlamentspräsidentInnen im Wiener Konzerthaus

Sobotka für aktive EU-Nachbarschaftspolitik, Appé drängt auf mehr Bürgernähe und Transparenz

Wien (PK) Rund 50 AmtskollegInnen aus 37 europäischen Ländern sind der Einladung von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Bundesratspräsident Ingo Appé zur diesjährigen Konferenz der EU-ParlamentspräsidentInnen in das Wiener Konzerthaus gefolgt, um gemeinsam über die EU-Nachbarschaftspolitik und die Herausforderungen im Lichte der bevorstehenden Europawahlen zu beraten. Darunter befinden sich auch VertreterInnen aus Island, Norwegen und der Schweiz. „Es ist wichtig, die Sichtweisen und verschiedenen Perspektiven aller EU-Partner zu hören und gemeinsame Ideen für den Weg nach vorne zu diskutieren“, so Sobotka im Vorfeld der Konferenz.

Erstmals wurden auch alle Länder des Westbalkans eingeladen. „Damit wollen wir ein deutliches Signal nicht nur für die gesamte Region, sondern auch gegenüber allen EU-Mitgliedsländern setzen: „Die Zukunft Südosteuropas liegt in der Europäischen Union,“ betonte Sobotka.

Sobotka zur Integration des Westbalkans: Europa ist nicht nur ein Versprechen, sondern eine wechselseitige Verpflichtung

Der erste Konferenztag stand im Zeichen der Nachbarschaftspolitik, wobei ein breiter Bogen von der südlichen Nachbarschaft über die Türkei, der östlichen Partnerschaft und Russland bis hin zur EU-Donauraumstrategie und dem Westbalkan gespannt wurde.

Besonders hob der Nationalratspräsident die Bedeutung der Integration der Länder des Westbalkans nicht nur für die Stabilität Europas, sondern auch im Hinblick auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in den Ländern selbst hervor. „Für die notwendigen Reformen gibt es keinen stärkeren Anreiz als die Beitrittsperspektive“, sagte Sobotka. „Nur ein starkes Engagement der EU am Westbalkan verhindert, dass ein Vakuum von anderen Akteuren genutzt wird“, warnte er.

Gleichzeitig stellte der Nationalratspräsident klar, dass Europa nicht nur ein Versprechen, sondern eine wechselseitige Verpflichtung sei. Für die Kandidatenländer heiße das, dass sie durch Reformen Beitrittsreife erlangen müssen, denn ein „Beitritt light“ sei keine Option. Die EU wiederum müsse im Gegenzug glaubwürdig zur Beitrittsperspektive stehen und Fortschritte honorieren.

Weil Fragen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte zu den wesentlichen Punkten im Rahmen des Integrationsprozesses führen, sieht Sobotka den Annäherungsprozess auch als eine Aufgabe der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten. In diesem Zusammenhang stellte er das Stipendienprogramm des österreichischen Parlaments für MitarbeiterInnen der Parlamentsverwaltungen der Westbalkanstaaten vor und wies darauf hin, dass auch Initiativen zur Demokratie-Vermittlung unterstützt werden.

Große Herausforderungen in der Nachbarschaftspolitik

Der Nationalratspräsident ging darüber hinaus auch auf die weiteren Herausforderungen der Nachbarschaftspolitik ein. Ohne die russische Föderation könne es keinen dauerhaften Frieden in Europa geben, stellte Sobotka fest, ließ aber auch keinen Zweifel daran, dass Lockerungen der EU-Sanktionen nur dann möglich seien, wenn es sichtbare Fortschritte im Minsker Prozess gibt. Im Konflikt mit der Ukraine sei die EU als Vermittler gefordert. Sobotka wies zudem auf die verschiedensten Spionage- und Cyber-Vorfälle hin, die das Verhältnis zu Russland belasten. „Russland ist ein wichtiger Nachbar, mit dem wir sowohl auf offizieller als auch auf Ebene der Zivilgesellschaft in einem offenen Dialog bleiben müssen“, sagte Sobotka.

Kritisch und mit Sorge blickte er auf die rechtsstaatliche Entwicklung in der Türkei, die er als einen wichtigen strategischen Partner der EU vor allem im Hinblick auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit, die Energiesicherheit und die Sicherheitspolitik, insbesondere bei der Bekämpfung des Terrorismus, bezeichnete.

Der Nationalratspräsident unterstrich aber auch die Bedeutung der Zusammenarbeit mit den Ländern des Mittelmeerraums und erinnerte an die Impulse, die vom EU-Afrika-Forum im vergangenen Dezember in Wien gekommen sind, das von der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft initiiert worden war. Es gehe um eine Partnerschaft mit Afrika, die wirtschaftliche Entwicklung, Bildung und Innovation in den Vordergrund rückt. „Nur wenn es uns gelingt, den Menschen in Afrika Perspektiven auf gleicher Augenhöhe zu eröffnen, werden wir den Migrationsdruck langfristig dämpfen können“, sagte er.

Appé: Europa muss handlungsfähig, krisenfest transparent und bürgernah sein

Bundesratspräsident Ingo Appé sprach in seiner Begrüßung mit Sorge den Vertrauensverlust in das Projekt Europa an. Wenn man dieses Vertrauen wieder zurückgewinnen wolle, dann müsse sich die EU handlungsfähig und krisenfest zeigen, ohne auf das Wohl ihrer Bürgerinnen und Bürger zu vergessen. Dies vor allem auch im Hinblick auf die aktuellen Herausforderungen, zumal sich die EU gerade in turbulenten Zeiten befinde – denke man beispielsweise an den Brexit, an den Klimawandel, an die Frage der Migration, an Konflikte in der Nachbarschaft, aber auch an die Herausforderungen durch technologische Neuerungen.

Gleichzeitig sei es notwendig, die EU durch mehr Transparenz wieder den Menschen näher zu bringen. Appé misst dabei der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Parlamenten und den EU-Institutionen aber auch einer effizienteren und aktiveren Subsidiaritätspolitik besondere Bedeutung bei. In diesem Zusammenhang forderte er eine stärkere Einbindung der Regionalparlamente in die europäische Gesetzgebung. „Ein permanenter formeller und informeller Dialog zwischen den Regionen einerseits und der Europäischen Union andererseits ist unabdingbar. Subsidiarität und die damit verbundene Mitbestimmung bei europäischen Gesetzgebungs- und Entscheidungsprozessen stellt für lokale und regionale Gebietskörperschaften ein elementares Prinzip für ein zukunftsfähiges Europa dar“, sagte der Bundesratspräsident.

Er sieht die Bedeutung der Länder und Regionen vor allem auch mit Blick auf die kommenden Wahlen zum Europäischen Parlament: „Denn sie sind es, die den Bürgerinnen und Bürgern am nächsten sind und damit einen unverzichtbaren Beitrag zu deren Information leisten“.

Mairead McGuinness: EU-Wahlen nicht auf die leichte Schulter nehmen

Die EU-Wahlen so wichtig wie die Wahlen zu nationalen Volksvertretungen zu nehmen, dazu rief eindringlich Mairead McGuinness, Erste Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, auf. Man dürfe die EU-Wahlen keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen, sagte sie und forderte explizit das Engagement der nationalen Parlamente bei diesem Urnengang. Vor allem gelte es, Regeln für die sozialen Netzwerke aufzustellen, um Manipulationen zu verhindern, auch wenn dies keinesfalls leicht sei.

McGuinness sprach ebenfalls Ängste und den Vertrauensverlust in der europäischen Bevölkerung an und trat für einen sozial nachhaltigen Binnenmarkt und Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten ein. Eine Zukunftsfrage stellt für sie die Klimapolitik dar. Für McGuinness sind wirtschaftlicher Wohlstand, Wettbewerb und Klimapolitik sehr wohl kompatibel.

Die interparlamentarische Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinaus sowie eine aktives Engagement der nationalen Parlamente hält sie für eine der wesentlichsten Voraussetzungen für eine starke Union. „Wir brauchen eine Politik des Kompromisses und keine Politik des Konflikts“, brachte sie die Herausforderungen der EU-28 bzw. der EU-27 auf den Punkt. „Politische Blockaden sind in niemandes Interesse“.

Was den Brexit betrifft, so sollte man McGuinness zufolge vor allem einen geordneten Austritt des Vereinigten Königreichs im Auge behalten und für eine Verschiebung des Austrittsdatums offen sein. Wichtig sei Geduld in der jetzigen Phase. Allerdings brauche es einen Plan, der einen geordneten Brexit auch sicherstellt, fügte sie hinzu. Jedenfalls müsse man aus dem Brexit die Lehren für die Zukunft ziehen, betonte die Vizepräsidentin des EU-Parlaments und merkte kritische an: „Vielleicht haben wir zu wenig kommuniziert und zu wenig zugehört“.

Die Konferenz der ParlamentspräsidentInnen der EU-Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments (EU-PPK)

Die Konferenz der ParlamentspräsidentInnen der EU-Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments (EU-PPK) trat erstmals 1963 zusammen und trifft sich seit 1999 jährlich (zuvor alle zwei Jahre, alternierend mit der Konferenz der ParlamentspräsidentInnen der Mitgliedstaaten des Europarats). Jeweils das Land, das in der zweiten Hälfte des Vorjahres die EU-Ratspräsidentschaft innehatte, lädt zum jährlichen Treffen in der ersten Hälfte des Folgejahres ein. In der EU-PPK sind die 41 Parlamentskammern der nationalen Parlamente der EU-MS sowie das EP durch ihre PräsidentInnen vertreten. Nach der Konferenz in Wien geht der Vorsitz an Finnland über, das ab 1.7.2019 den EU-Ratsvorsitz übernehmen wird. (Fortsetzung Konferenz der ParlamentspräsidentInnen) jan/keg

HINWEIS: Fotos von der Konferenz finden Sie auf der Website des Parlaments unter www.parlament.gv.at/SERV/FOTO/ARCHIV .  


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