Negativer COVID-19-Test könnte „Eintrittskarte“ für Veranstaltungen und Urlaubsaufenthalte werden

Gesetzesnovelle passiert Gesundheitsausschuss, Zustimmung der SPÖ noch fraglich

Wien (PK) Im Kampf gegen die COVID-19-Pandemie kann Gesundheitsminister Rudolf Anschober schon jetzt bestimmte Auflagen für das Betreten von Geschäften, Verkehrsmitteln, Lokalen, Hotels und anderen Orten verordnen. Konkret werden im COVID-19-Maßnahmengesetz und im Epidemiegesetz insbesondere das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, Abstandsregeln, organisatorische und räumliche Schutzmaßnahmen sowie Präventionskonzepte genannt. Diese Liste der möglichen Auflagen wird nun um ein negatives Ergebnis eines COVID-19-Tests erweitert. Eine entsprechende Gesetzesnovelle wurde heute vom Gesundheitsausschuss des Nationalrats mit den Stimmen von ÖVP und Grünen auf den Weg gebracht. Für welche Bereiche genau ein „Eintrittstest“ verlangt werden wird und welche Tests anerkannt werden, ist allerdings noch offen, die genauere Ausgestaltung der gesetzlichen Bestimmungen soll erst im Verordnungsweg erfolgen.

Gesetzlich möglich wäre die Vorschreibung eines negativen Tests gemäß dem heute gefassten Beschluss jedenfalls nicht nur für Veranstaltungen und Hotelübernachtungen, sondern auch für Lokalbesuche. Unterschiedliche Regelungen für Kultur und Gastronomie wären nicht nachvollziehbar, meinte dazu Grün-Abgeordneter Ralph Schallmeiner. Er und ÖVP-Abgeordneter Josef Smolle sehen die Tests jedenfalls als Chance, schrittweise wieder aus dem Lockdown herauszukommen.

Im Nationalrat beschlossen werden soll die Gesetzesnovelle am Donnerstag, wobei noch fraglich ist, ob sie über die Koalitionsparteien hinaus Zustimmung erhalten wird. Laut SPÖ-Abgeordnetem Philip Kucher stellt die SPÖ zwei Bedingungen: Zum einen müsse garantiert sein, dass die geplanten verpflichtenden Tests für bestimmte Berufsgruppen für ArbeitnehmerInnen kostenlos sind. Zum anderen brauche es klare Vorgaben für die weitere Vorgangsweise, wenn privat durchgeführte „Wohnzimmertests“ ein positives Ergebnis haben. Seitens der NEOS kann Gerald Loacker zwar deutliche Verbesserungen gegenüber dem ursprünglich geplanten „Freitesten“ erkennen, er sieht aber ebenfalls noch offene Fragen. Mit seiner Fraktion habe zudem bisher niemand geredet, sagte er. Die FPÖ blieb bei ihrem klaren Nein und forderte eine möglichst rasche Aufhebung des Lockdowns.

Grundsätzlich positiv reagierte Gesundheitsminister Rudolf Anschober auf die Forderungen der SPÖ. Die Tests müssen für ArbeitnehmerInnen „selbstverständlich“ gratis sein, sagte er. Zudem werde man prüfen, wie man Selbsttests am besten „in das System hineinbringen kann“. Ein positiver Selbsttest müsse zu einer Nachtestung führen, die Frage sei, wo man das gesetzlich verankern könne. Große Sorgen bereitet Anschober die neue, deutlich ansteckendere Virus-Mutation. Sie könnte seiner Befürchtung nach dafür sorgen, dass die schwerste Phase der Pandemie noch bevorsteht, wobei er auf die Entwicklung in Irland verwies.

Handel und Verkehrsbetriebe von neuer Regelung ausgenommen

Basis für den Beschluss im Gesundheitsausschuss bildete ein Antrag der Koalitionsparteien (1197/A), zu dem heute ein umfassender Abänderungsantrag eingebracht wurde. Bei anhaltend hohen Infektionszahlen soll Gesundheitsminister Rudolf Anschober demnach künftig ermächtigt sein, KundInnen bzw. BesucherInnen überall dort einen negativen COVID-19-Test vorzuschreiben, wo es „zu einer länger andauernden Interaktion mit anderen Personen kommt“. Das könnte gemäß den Erläuterungen zum Abänderungsantrag etwa Alten- und Pflegeheime sowie Beherbergungsbetriebe betreffen, nicht aber den Handel. Bei Geschäften sei davon auszugehen, dass es sich um einen kurzzeitigen Aufenthalt mit nur kurzzeitiger Interaktion handelt, wird dazu festgehalten. Zudem sind öffentliche Verkehrsmittel ausdrücklich ausgenommen. Auch als grundsätzliche Voraussetzung für das Betreten des öffentlichen Raums darf kein negativer Test verlangt werden.

Für den Besuch von Veranstaltungen könnte der Nachweis eines negativen COVID-19-Tests künftig aber durchaus erforderlich sein. Wie alt die Tests sein dürfen, ist gesetzlich nicht festgelegt, auch die für die Tests geltenden Qualitätskriterien werden erst per Verordnung fixiert. Dezidiert festgeschrieben ist lediglich, dass von betroffenen Personen nur „eine geringe epidemiologische Gefahr“ ausgehen darf. Damit werde eine Aktualität der Tests von höchstens 48 Stunden zu fordern sein, wird dazu sowohl in Bezug auf Veranstaltungen als auch in Bezug auf das Betreten bestimmter Orte und Betriebsstätten in den Erläuterungen festgehalten. Anerkannt werden sollen jedenfalls auch privat veranlasste Tests abseits von Massentestungen, etwa wenn in Betrieben getestet wird oder der Veranstalter direkt vor Ort Testmöglichkeiten anbietet.

Keine negativen Tests werden Personen vorweisen müssen, die in den letzten drei Monaten nachweislich an COVID-19 erkrankt waren und aktuell nicht mehr infiziert sind. Zudem ist laut Gesundheitsminister Anschober eine Regelung für Personen geplant, deren Infektion bereits länger zurückliegt. Sie sollen ihre geringe epidemiologische Gefahr durch einen entsprechenden Antikörpertest belegen können.

Regelmäßige Tests für Angehörige bestimmter Berufsgruppen

Auch für Angehörige bestimmter Berufsgruppen können gemäß dem Abänderungsantrag künftig regelmäßige COVID-19-Tests verordnet werden. Und zwar in jenen Fällen, in denen es zu Kundenkontakt kommt oder regelmäßig ein bestimmter Abstand nicht eingehalten werden kann. Neben Pflege- und Krankenhauspersonal betrifft das den Erläuterungen zufolge etwa auch LehrerInnen und KindergartenpädagogInnen, Anbieter körpernaher Dienstleistungen wie FriseurInnen, Beschäftigte in der Gastronomie und im Handel, TrainerInnen sowie BusfahrerInnen und andere MitarbeiterInnen in Verkehrsbetrieben, die mit Fahrgästen in Kontakt kommen.

Als mögliche Testfrequenz für Beschäftigte wird in den Erläuterungen der Zeitraum von einer Woche genannt. Im Gesetz festgeschrieben ist das jedoch nicht. Wer keinen Test machen will, muss eine FFP2-Maske tragen – diese Alternative gilt allerdings nicht für Alten-, Behinderten- und Pflegheime sowie für Kranken- und Kuranstalten. Sowohl Tests als auch eventuelle COVID-19-Impfungen durch Betriebsärzte können während der Arbeitszeit durchgeführt werden und gelten als Präventionszeit im Sinne des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes.

Ergänzt werden die neuen Bestimmungen durch umfassende Datenschutzregelungen. Zudem wird im Epidemiegesetz ausdrücklich klargestellt, dass eine Teilnahme an Massentests freiwillig und kostenlos ist.

ÖVP und Grüne setzen auf schrittweise Lockerungen

Für die neuen gesetzlichen Regelungen warben Josef Smolle (ÖVP) und Ralph Schallmeiner (Grüne). Es gehe darum, trotz der nach wie vor herausfordernden Situation gewisse Lockerungen in Richtung mehr Normalität zu ermöglichen, sagte Smolle. Dafür brauche es flankierende Maßnahmen. Dass viele Details erst per Verordnung geregelt werden sollen, begründete Smolle damit, dass es aufgrund der sich immer wieder ändernden Situation und des laufenden wissenschaftlichen Fortschritts eine gewisse Flexibilität brauche.

Schallmeiner betonte, dass man im Zuge der Verhandlungen mit der SPÖ zwar nicht in allen Punkten Einigkeit erzielt habe, man sei aber in vielen Bereichen „zusammengekommen“. Als Beispiele nannte er die 48-Stunden-Regelung und das indirekte Bekenntnis dazu, dass verschiedene Tests gleichwertig seien. Seiner Ansicht nach wird man jedenfalls entsprechende Regelungen brauchen – angesichts der derzeitigen Situation kann er sich nicht vorstellen, dass man am 25. Jänner wieder komplett zur Normalität zurückkehren wird können. Man müsse sich einzelne Lockerungsschritte überlegen, dazu brauche es eine vernünftige Herangehensweise.

FPÖ fordert Ende des Lockdowns

Scharfe Kritik an der Regierung übte die FPÖ. So könne es nicht weitergehen, sagte Dagmar Belakowitsch, der Lockdown sei keine gangbare Lösung. Er mache die Wirtschaft und die Kinder „kaputt“, und er werde auch das Gesundheitssystem kaputt machen, weil es durch die kaputte Wirtschaft nicht mehr finanzierbar sein werde, meinte sie. Zudem zeigten die anhaltend hohen Infektionszahlen, dass er nicht wirke. Sinnvoller wäre es ihrer Meinung nach, zielgerichtet Risikogruppen zu schützen, zumal ein Lockdown nur bei einem drohenden Zusammenbruch des Gesundheitssystems gesetzlich gedeckt sei.

Auch dem vorliegenden Gesetzentwurf kann die FPÖ nichts abgewinnen. Es sei unlogisch, warum eine Pflegerin im Altenheim nur einmal wöchentlich getestet werden solle, jemand, der zweimal in der Woche ins Theater geht, aber zwei Tests brauchen werde, skizzierte Belakowitsch. Auch ihr Fraktionskollege Peter Wurm sieht viele ungeklärte Punkte. Der Bundesregierung gehe es nur darum, die Bevölkerung unter Druck zu setzen, um die Testquote zu erhöhen, glaubt Belakowitsch, die zudem den „Showauftritt“ von Bundeskanzler Sebastian Kurz bei den ersten Impfungen kritisierte. Für sie ist es vor diesem Hintergrund kein Wunder, dass das Misstrauen in der Bevölkerung gegenüber der Bundesregierung steige.

Einen ausdrücklichen Dank sprach Wurm jenen BürgerInnen aus, die mit ihrem Protest das ursprünglich geplante „Freitesten“ mitverhindert hätten. Nun hofft er, dass das aktuelle Vorhaben vom Verfassungsgerichtshof gekippt wird.

SPÖ vermisst „vernünftige“ Teststrategie

Auch SPÖ-Abgeordneter Alois Stöger und NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker äußerten sich kritisch zum ursprünglichen Plan des Freitestens und der kurzen Begutachtungsfrist über Neujahr. Er sei sehr froh, dass es der Opposition gelungen ist, „diesen Blödsinn“ zu verhindern, sagte Stöger. Wenn man in die Freiheitsrechte der BürgerInnen eingreife, brauche es dafür eine sorgfältig vorbereitete gesetzliche Grundlage, eine Verordnung sei unzureichend.

Sowohl Stöger als auch SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher kritisierten außerdem die Vorgangsweise der Regierung bei Coronatests. Elf Monate nach Ausbruch der Pandemie gebe es immer noch keine „vernünftige“ Teststrategie, sagte Kucher. Hier sei im Sommer „viel Zeit verplempert worden“. Zudem brauche es keine „Kraut- und Rübentests“, sondern zielgerichtete Testungen. Auch beim Schutz von Risikogruppen habe einiges nicht funktioniert, wie die Zahl von 3.000 COVID-19-Todesopfern in Pflegeheimen zeige.

NEOS sehen deutliche Fortschritte gegenüber „Neujahrsentwurf“

Von Seiten der NEOS sprach Gerald Loacker von einem positiven „Paradigmenwechsel“. Anders als im „Neujahrsentwurf“ sei nunmehr vorgesehen, dass alle außer Haus gehen dürfen und man sich testen lassen müsse, wenn man bestimmte Einrichtungen bzw. Angebote nutzen wolle. Das sei etwas ganz anderes, als wenn man sage, „wir sperren alle ein“ und man müsse sich freitesten, meinte er. Nichtsdestotrotz stellen sich ihm zufolge auch beim vorliegenden Entwurf noch einige Fragen. So befürchtet er eine Stigmatisierung, wenn man sich bei einem Kinobesuch als Corona-Infizierter ausweisen müsse. Zudem bestehe die Gefahr, dass ein Antigentest anschlage, wenn man vor einiger Zeit erkrankt gewesen sei oder geimpft wurde.

Eigentlich müsste man sagen, auch alle die geimpft sind, bräuchten den Test nicht, meinte Loacker. Das wäre auch ein zusätzlicher Anreiz fürs Impfen. Zudem schlug er vor, dass negative COVID-19-Tests jeweils am Testtag und am folgenden Tag gültig sein sollten. Das wäre zwar kürzer als 48 Stunden, aber weitaus praktikabler, ist Loacker überzeugt, zumal nun auch für Lokalbesuche negative COVID-19-Tests angedacht seien.

Anschober: Schwerste Phase der Pandemie könnte erst bevorstehen

Besorgt über die Virus-Mutation zeigte sich Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Derzeit erlebe man eine Dynamik in Europa wie nie zuvor, hob er hervor. Als Beispiel nannte der Minister Irland, das zwei Tage vor Weihnachten mit einer Inzidenzzahl von 57 die besten Werte Europas gehabt habe und nun mit einer Inzidenzzahl von über 1.000 auf den letzten Platz zurückgefallen sei. Ähnliche Entwicklungen seien in Tschechien und in der Slowakei zu verzeichnen. Die Mutation könnte dafür sorgen, dass die schwerste Phase der Pandemie erst bevorstehe, warnte er.

Den Vorwurf einer fehlenden Teststrategie wies Anschober zurück. Zudem machte er geltend, dass seit November für Pflegeheime die härtesten Schutzmaßnahmen in Europa gelten.

NEOS fordern Übermittlung der AGES-Berichte über COVID-19 an das Parlament

Vom Gesundheitsausschuss vertagt wurde eine Entschließungsantrag der NEOS (946/A(E)), der darauf abzielt, die in Zusammenhang mit COVID-19 regelmäßig erstellten Berichte und Bulletins der AGES dem Parlament zu übermittelten. Abgeordneter Gerald Loacker erwartet sich davon mehr Transparenz und Kontrolle, zumal er an der Evidenzbasiertheit der von der Regierung gesetzten Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie zweifelt. Ralph Schallmeiner (Grüne) stellte eine gemeinsame Initiative zu diesem Anliegen in Aussicht.

FPÖ will COVID-19-Gesetze überprüfen lassen

Bereits im April hat die FPÖ einen Entschließungsantrag (428/A(E)) mit der Forderung eingebracht, alle COVID-19-Gesetze, -Verordnungen sowie -Erlässe im Kompetenzbereich des Gesundheitsministeriums einer rechtsstaatlichen Evaluierung zu unterziehen. Damit einher gehen soll auch die Verpflichtung, rechtsstaatlich problematische Regelungen zu sanieren und auf deren Grundlage verhängte Strafen aufzuheben. Die Forderung wurde heute von FPÖ-Abgeordnetem Peter Wurm bekräftigt. Auch dieser Antrag wurde vertagt, wobei sich Alexandra Tanda (ÖVP) dezidiert gegen eine Generalamnestie aussprach. (Schluss Gesundheitsausschuss) gs


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