Nationalrat stimmt einhellig für kleines Demokratiepaket

BürgerInnen sollen stärker in Gesetzgebung eingebunden werden

Wien (PK) - Die parlamentarische Enquete-Kommission zur "Stärkung der Demokratie in Österreich" hat ihre Arbeit vor eineinhalb Jahren, im September 2015, beendet. Erste Empfehlungen wie die Schaffung eines Zentralen Wählerregisters und die elektronische Zustimmungsmöglichkeit zu Volksbegehren wurden bereits im vergangenen Jahr legistisch umgesetzt. Nun soll mit der stärkeren Einbindung der BürgerInnen in den Gesetzgebungsprozess ein weiterer Schritt folgen. Der Nationalrat hat heute einhellig für eine Ausweitung des Begutachtungsverfahrens sowie die Durchführung so genannter Crowdsourcing-Projekte gestimmt. Bis Herbst 2017 bzw. Anfang 2018 sollen die notwendigen technischen Voraussetzungen dafür vorliegen.

Grundlage für den Beschluss bildete ein gemeinsamer Antrag der sechs Parlamentsparteien, der im Verfassungsausschuss noch adaptiert und ergänzt wurde. Demnach könnte ab 2018 ein erstes Crowdsourcing-Pilotprojekt starten. Unter Einbindung von Fachleuten und interessierten BürgerInnen sollen, noch bevor ein konkreter Gesetzentwurf vorliegt, Lösungen für ein bestehendes Problem erarbeitet werden, wobei die Regierung vorerst einmal ersucht wird, "crowdsourcentaugliche" Vorhaben bekanntzugeben. Die Plattform für den Informations- und Kommunikationsaustausch soll vom Parlament bereitgestellt werden.

Voraussichtlich schon ab Herbst 2017 wird das erweiterte Begutachtungsverfahren zum Einsatz kommen: Dann soll es auch möglich sein, abgegebene Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben in Form eines "Like-Buttons" zu unterstützen.

Trotz einhelliger Zustimmung zur Entschließung gab es in der Debatte viel Kritik von der Opposition an den Regierungsparteien. So sprach Petra Steger (F) von einer "Mogelpackung". Zwar werde die Bürgerbeteiligung etwas ausgeweitet, von echter direkter Demokratie sei man aber nach wie vor meilenwert entfernt. Sie plädierte erneut für eine dreistufige Volksgesetzgebung mit einer verpflichtenden Volksabstimmung am Ende des Prozesses, sollte das Parlament den Anliegen der BürgerInnen nicht Rechnung tragen. Ein Ausbau der direkten Demokratie würde auch das Parlament stärken, ist Steger überzeugt.

Auch Dieter Brosz (G) und Nikolaus Scherak (N) bedauerten, dass es nicht zu weitergehenden Schritten kommt. Brosz zufolge hat man sich bereits darauf geeinigt gehabt, dass die MinisterInnen einmal im Jahr in öffentlichen Ausschusssitzungen über ihre aktuellen Gesetzesvorhaben berichten. Das sei dann allerdings am Widerstand der Regierung gescheitert. Auch die geplante ausführlichere Behandlung von Volksbegehren im Nationalrat unter Einbindung der InitiatorInnen sei noch offen. Was die vorliegende Entschließung betrifft, hält es Brosz für wesentlich, dass die Regierung künftig darstellen und begründen muss, welche Anregungen aus dem Begutachtungsverfahren aufgegriffen wurden.

Scherak erinnerte daran, dass die Opposition ganz andere Schlüsse aus der Enquete-Kommission zur Stärkung der Demokratie in Österreich gezogen hatte als die Koalitionsparteien. Nun würden aber nicht einmal alle Empfehlungen des Mehrheitsberichts umgesetzt, kritisierte er. "Wir warten immer noch auf das Informationsfreiheitsgesetz", nannte er ein Beispiel. Gleiches gelte für das Unterrichtsfach "Politische Bildung". Erfreut zeigte sich Scherak über die geplanten Crowdsourcing-Projekte, da BürgerInnen damit schon im Vorfeld von Gesetzesvorhaben in die Diskussion eingebunden würden.

Für mehr direkte Demokratie sprach sich auch Christoph Hagen namens des Team Stronach aus. Für ihn handelt es sich beim vorliegenden Vorhaben nur um ein "Reförmchen". Man müsse den BürgerInnen mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten geben, es sei zu wenig, alle vier oder fünf Jahre wählen zu lassen.

Von einem richtigen Schritt in die richtige Richtung, sprach der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler. Er hält es für wichtig, die BürgerInnen rechtzeitig in die Gesetzgebung einzubinden und nicht erst dann, wenn es zu spät ist.

Seitens der Koalitionsparteien begrüßten Peter Wittmann (S), Wolfgang Gerstl (V), Otto Pendl (S), Rouven Ertlschweiger (V) und Michael Hammer (V) den einhelligen Beschluss. Das Parlament betrete mit der Novelle Neuland, sagte Gerstl. Mehr Partizipation sei wichtig für die Demokratie, man müsse die Beteiligung von BürgerInnen am politischen Prozess fördern, ist er sich mit seinen Fraktionskollegen Ertlschweiger und Hammer einig.

Wittmann kann sich etwa vorstellen, zum Thema "Erhöhung der Verkehrssicherheit" einen Crowdsourcing-Prozess zu starten und gemeinsam mit BürgerInnen und Fachleuten dazu ein Gesetzesvorhaben zu entwickeln. Er hofft, dass sich die BürgerInnen dann auch stärker mit den jeweiligen Gesetzen identifizieren werden. Es sei zugegebener Maßen ein kleiner Schritt, sagte Pendl, der Verhandlungsprozess sei aber noch nicht abgeschlossen und werde fortgesetzt. (Fortsetzung Nationalrat) gs

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