Nationalrat: SPÖ scheitert mit Dringlichem Antrag für ein Anti-Korruptionspaket

Misstrauensantrag der FPÖ blieb in der Minderheit

Wien (PK) Die SPÖ blieb heute im Nationalrat mit ihrem Dringlichen Antrag für ein Anti-Korruptionspaket in der Minderheit. Die Sozialdemokrat:innen drängten damit in der gemeinsam mit der FPÖ verlangten Sondersitzung auf Sofortmaßnahmen zur Stärkung der Transparenz, auf Aufklärung sowie Anstand und sehen Neuwahlen als „einzigen Weg“. Ebenso in der Minderheit blieb ein in der Sitzung eingebrachter Misstrauensantrag der FPÖ gegen die Bundesregierung.

Die Debatte nach der Stellungnahme von Bundeskanzler Karl Nehammer im Plenum zu den Korruptionsvorwürfen des früheren Generalsekretärs im Finanzministerium Thomas Schmid (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1213/2022) drehte sich um die politische und moralische Verantwortung, die die Oppositionsparteien von der ÖVP einforderten. Seitens der ÖVP pochte man umgekehrt darauf, die moralische Bewertung auf tatsächliche Fakten zu begründen und dafür die Ermittlungen der Justiz abzuwarten. Seitens der Grünen wurde die Wichtigkeit struktureller Reformen gegen Korruption betont. Den NEOS zufolge dreht man sich diesbezüglich seit Jahren im Kreis, es brauche Neuwahlen.

Keine Mehrheit fanden drei weitere in der Sitzung eingebrachte Entschließungsanträge der Opposition. Die SPÖ forderte eine Verschärfung des Korruptionsstrafrechts bei Amtsdelikten für Spitzenpolitiker:innen. Die FPÖ pochte auf Maßnahmen gegen eine „Legalisierung verdeckter Parteienfinanzierung und parteipolitisch motivierten Postenbesetzungen“ und bezog sich dabei auf das neue Parteiengesetz. Die NEOS setzten sich für eine Task-Force ein, die einen Begutachtungsentwurf zu einer Korruptionsbekämpfungs-Novelle vorlegen solle.

Oppositionsparteien fordern Neuwahlen

Dass die ÖVP seit Monaten schwersten Korruptionsvorwürfen ausgesetzt sei, habe SPÖ-Vorsitzender Pamela Rendi-Wagner zur Folge, dass die „Kanzlerpartei“ nur mehr damit beschäftigt sei, ihre eigene Haut zu retten, als das Land in diesen schwierigen Zeiten durch die Krisen zu führen. Es gehe hier über das Strafrecht hinaus um die politische Verantwortung, forderte sie die ÖVP auf, den Weg frei zu machen und die Menschen über die Zukunft entscheiden zu lassen. Die Probleme der ÖVP seien zu Problemen des Landes geworden, so Rendi-Wagner, die zudem den Grünen vorwarf, nur zuzusehen, anstatt die „Reißleine“ zu ziehen.

Von einem „korruptiven Sumpf der Volkspartei“ sprach FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl und warf dem Bundeskanzler vor, dass er den Weg für Neuwahlen nicht frei mache. Zugleich zeige man „Wehleidigkeit in punkto Unschuldsvermutung und Vorverurteilung“, was an Realitätsverweigerung grenze. Die Bundesregierung schütze das Land außerdem nicht vor den Krisen, sondern mache diese noch schlimmer, so sein Vorwurf. Kickl ortet „Lug, Trug und Heuchelei“ und eine „hochgradige moralische Verwahrlosung“ bei der ÖVP und verwies auf einen ÖVP-Verhaltenskodex, etwa was die Vorbildwirkung betrifft. Er bezweifelte, dass Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka diesem entspreche und zeigte ihm als symbolisches Misstrauen die „rote Karte“.

Die Gesetze gegen Korruption, die zu machen seien, lägen am Tisch und gehören umgesetzt, zeigte sich NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger verärgert, dass man sich seit Jahren „im Kreis dreht“. Es habe sich substanziell nichts verändert, kritisierte sie. Auch die Möglichkeit, „am Rechnungshof vorbei“ Spenden für Parteien zu lukrieren, bestehe nach wie vor, wandte sie zum Thema Parteiengesetz ein. Zudem reiße nun die ÖVP in ihrem „Fall nach unten“ alles mit, das Vertrauen befinde sich „im Keller“, so Meinl-Reisinger. Das Einzige, das jetzt für die ÖVP zu tun sei, sei einen Schlussstrich zu ziehen und den Weg für Neuwahlen frei zu machen.

ÖVP: Fakten statt Emotionen

Christian Stocker sieht seitens der ÖVP die politische Entrüstung auf Emotionen begründet und bemängelte, dass Fakten nicht mehr wahrgenommen würden. Wenn sich die Opposition Sorgen um die Demokratie mache, sei sie mit ihren Diskreditierungen und Vorverurteilungen ebenso in der Verantwortung und untergrabe damit ihrerseits das Vertrauen in die Demokratie. Bei Wolfgang Sobotka seien diese Diskreditierungen widerlegt worden, betonte Stocker, hinter dem Nationalratspräsidenten zu stehen. Letztlich entstehe durch diese Vorverurteilungen auch ein Schaden für die Funktion an sich, vor der auch die Opposition immer wieder Respekt einfordere. Stocker sprach sich dafür aus, die moralische Bewertung auf tatsächliche Fakten zu begründen und dafür die Ermittlungen der Justiz abzuwarten. Die wichtigen Hilfen der Regierung in den Krisen der letzten Zeit zeige, dass man jedenfalls handlungsfähig und handlungswillig sei.

Grüne: Dringende Reformen umsetzen

Die Grünen nehmen den Auftrag für strukturelle Reformen gegen Korruption sehr ernst, betonte deren Klubobfrau Sigrid Maurer. Eine Neuwahl löse die Probleme nicht. Sie bezeichnete etwa das verschärfte Parteiengesetz mit Einsichtsrecht für den Rechnungshof als Meilenstein in der Transparenz von Parteispenden. Die Entwicklungen der letzten Wochen hätten ein schauerliches Bild der Politik gezeichnet, so Maurer, die das Vertrauen weiter beschädigt sieht. Es brauche jetzt vollständige Aufklärung. Was die für morgen geplante Befragung des früheren Finanz-Generalsekretärs Thomas Schmid im ÖVP-Untersuchungsausschuss betrifft, habe sich die Justizministerin aktuell an den VfGH gewandt. Es gehe einerseits darum, die strafrechtlichen Ermittlungen zu schützen und gleichzeitig die parlamentarische Aufklärung sicherzustellen.

Fraktionen für strengere Korruptionsregeln

„Die ÖVP betreibt Realitätsverweigerung“, stellte SPÖ-Abgeordnete Selma Yildirim in der weiteren Debatte fest. Zahlreiche aktive und ehemalige ÖVP-Politiker:innen sowie der Volkspartei nahestehende Unternehmer:innen würden unter Korruptionsverdacht stehen. Laut Yildirim bedarf es deshalb einer Verschärfung des Korruptionsstrafrechts für Spitzenpolitiker:innen, dass höhere Strafandrohungen und eine Verlängerung der Verjährungsfrist umfassen soll. Die Republik stehe „vor dem Scherbenhaufen des System Kurz“, dass durch die niederösterreichische ÖVP „altbekannt“ sei, schlossen sich Andreas Kollross und Katharina Kucharowits (beide SPÖ) an.

„Ja zur Verschärfung des Korruptionsstrafrechts, ja zur Etablierung eines unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwalts“, erwiderte Michaela Steinacker (ÖVP). Dafür stehe die ÖVP, und man werde hier „etwas auf den Tisch legen“. Was die Aussagen von Thomas Schmid betrifft, sprach sich Steinacker gegen eine Vorverurteilung der von Schmid belasteten Politiker aus. Die Staatsanwaltschaft müsse diese nun bewerten. Laut Corinna Scharzenberger (ÖVP) wäre das Ausrufen von Neuwahlen aufgrund von „reinen Vorwürfen“ ein „großer politischer Fehler“. Die ÖVP werde sich aus Verantwortung für Österreich in der Bewältigung der aktuellen Krisen nicht beirren lassen. Peter Weidinger (ÖVP) hob das bereits beschlossene Parteiengesetz sowie das vorgestellte Medientransparenzgesetz als „große Meilensteine“ hervor.

„Wir haben in den letzten Monaten die Implosion der ÖVP erlebt“, betonte Christian Hafenecker (FPÖ). Obwohl die Bundesregierung „stehend K.O.“ sei, würden die Grünen weiterhin den „Steigbügelhalter für eine zutiefst korrupte ÖVP“ abgeben. Hafeneckers Parteikollegin Susanne Fürst argumentierte den von ihr eingebrachten Misstrauensantrag gegen die Bundesregierung mit dem „Kontrollverlust der Bundesregierung beim Migrationsthema“. So hätten vor kurzem vor allem Jugendliche mit Migrationshintergrund „stundenlange Randale“ gemacht.

Der FPÖ gehe es nicht um Maßnahmen gegen Korruption und für mehr Transparenz, sondern um „das rassistische Schüren von Ressentiments“, konterte Meri Diskoski (Grüne). Im Gegensatz dazu habe die Bundesregierung nachhaltige und strukturelle Sozialmaßnahmen umgesetzt. „Korruption im Kleinen wie im Großen kostet Steuergeld“, hielt Agnes Sirkka Prammer (Grüne) fest. Es gehe darum, entschieden gegen Missstände vorzugehen. Dem von der SPÖ vorgelegten Anti-Korruptionspaket konnte die Grünen-Mandatarin wenig abgewinnen. Die Sozialdemokat:innen würden darin bloß jene Projekte aufzählen, an denen bereits seitens der Bundesregierung gearbeitet werde.

„Schluss mit Posten- und Inseratenkorruption sowie mit intransparenter Auftragsvergabe“, forderte Nikolaus Scherak (NEOS). ÖVP, SPÖ und FPÖ hätten dieses System über Jahrzehnte aufgebaut. Der NEOS-Abgeordnete nahm in diesem Zusammenhang die Grünen in die Pflicht, die sich jedoch bisher nicht durchsetzen hätten können. Das sah Stephanie Krisper (NEOS) ähnlich. Neben effizienten Ermittlungen sei es nun an der Zeit, Konsequenzen zu ziehen und mit der Umsetzung von Reformen zu beginnen. (Fortsetzung Nationalrat) mbu/med

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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