Nationalrat: Kritik der Opposition zu Bildung, Kunst, Kultur und der geplanten Europapolitik

Debatte zur Regierungserklärung, 5

Wien (PK) Das 180-seitiges Regierungsprogramm lässt breite Diskussionen und unterschiedliche Themenspezifizierungen zu. Das machte auch die weitere Debatte darüber im Nationalrat klar.

Regierungsfraktionen zufrieden

Das vorliegende Regierungsprogramm soll Österreich wieder an die Spitze bringen, dort wo es hingehört, bekräftigte Maria Theresia Niss (ÖVP). Als Quereinsteigerin im Nationalrat werde sie die Aufgabe mit Konsequenz und Verantwortungsbewusstsein ausführen. Eigenverantwortung, Freiheit im Unternehmerischen, Leistung und Wettbewerb sind nach ihrem Dafürhalten in letzter Zeit vernachlässigt worden, sie seien aber unumgänglich, um das Land weiter voranzubringen. Ihr Ziel ist daher ein allgemeiner Wohlstand und ein selbstbestimmtes Leben. Flexibilisierung im Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit werde ebenfalls zunehmend wichtig, so Niss, die auf andere EU-Länder, wie Schweden und Dänemark, verwies.

Als Teil der Verhandlergruppe zeigte sich Axel Kassegger (FPÖ) sehr zufrieden mit den Ergebnissen zu den Themengebieten Bildung, Wissenschaft, Innovation und Technologie. Die Zusammenfassung der Elementarpädagogik bis hin zur Tertiärstufe zeigt, so Kassegger, wie wichtig der Bundesregierung diese Themenbereich sind. Vielfältigkeit müsse hochgehalten werden, gibt es doch ein klares Bekenntnis zum differenzierten Bildungssystem. Im Hochschulbereich sind ebenfalls klare Rahmenbedingungen notwendig, beispielsweise wenn es um die Zuständigkeiten zwischen Universitäten und Fachhochschulen geht. Durch Studiengebühren erwartet man sich Steuerungseffekte, auch um die Studierbarkeit und Betreuungsverhältnisse zu verbessern, informierte der FPÖ-Abgeordnete.

Eine Gesamtforschungsstrategie, die gemeinsam mit den Bundesländern entwickelt werden soll, sprach Gerhard Deimek (FPÖ) an. Die Schwerpunktsetzung richtet sich dabei nach aktuellen wirtschaftlichen Stärken im Land und werde ressortübergreifend begleitet. Im Bereich der Funktechnologie und 5G hofft er auf gemeinsame Arbeit mit den Technologieanbietern. Laut Deimek ist es erklärtes Ziel 2021 5G-Pilotland zu sein. Auf das Thema Verkehr Bezug nehmend, sprach er sich für eine leistungsfähige ÖBB, eine Verkehrsflussbereinigung sowie die eMobilität und autonomes Fahren aus.

Vom Kindergarten bis zur Universität

Erfreut über die Zusammenfassung zu einem großen Bildungsministerium zeigte sich Rudolf Taschner. Der ÖVP-Mandatar stellte einen neuen, verbindlichen Bildungsplan in Aussicht. Damit werden die Kinder gut auf die Schulzeit vorbereitet, betonte er. Die Leistung der Schule ist die Leistung der LehrerInnen, deren Einsatz nicht hoch genug geschätzt werden könne, so Taschner, der zeitgleich zu viel Administration bekrittelte. Die Qualität der Ausbildung zukünftiger Lehrkräfte sei einer der Eckpfeiler des Regierungsprogramms. Mit der Verbesserung der Studienbedingungen an Hochschulen und moderaten Studienbeiträgen – die als sinnvolles Steuerungsinstrument gegen zu hohe Dropout-Raten und Abbrecher eingesetzte werden sollen – werden die Bildungschancen nachhaltig verbessern, prognostizierte Taschner.

SPÖ für inklusive Schulen und alternative Leistungsbeurteilung …

„Ich will in einem Land leben, in dem alle Kinder die beste Chance auf die beste Bildung haben.“ Mit dieser Einleitung erinnerte SPÖ-Abgeordnete Sonja Hammerschmid an ihre erste Rede im Nationalrat. Moderne Bildungspolitik ermögliche es LehrerInnen, das Potenzial von Kindern und Jugendlichen zu fördern. Durch das vorliegende Regierungsprogramm zögen sich jedoch Selektion und Rückschritt. Die Stärkung der Sonderschulen schmerze sie, so Hammerschmid. In ihrem Entschließungsantrag forderte die ehemalige Bildungsministerin daher die Beibehaltung der alternativen Leistungsbeurteilung in der Volksschule durch autonome Schulstandorte. Die alternative Leistungsbeurteilung sei von hunderten PädagogInnen in Schulversuchen erarbeitet worden. Sie hätte viel mehr Aussagekraft als Ziffernnoten, weil besondere Stärken aber auch Schwächen enthalten sind. Sauer stößt Hammerschmied auch der Umgang mit Sonderschulen auf: „Anstatt Innovation in inklusiver Pädagogik zu stärken, konzentriert sich das Regierungsprogramm darauf zu stigmatisieren“, sagte sie.

Die Politik soll den Rahmen schaffen, das eigene Leben eigenverantwortlich und selbstbestimmt zu gestalten, analysierte Fraktionskollegin Ulrike Königsberger-Ludwig. Das Bekenntnis zur Sonderschule im Regierungsprogramm ist dementsprechend ein herber Rückschlag, betonte die SPÖ-Familiensprecherin. Inklusion von Menschen mit Behinderung kann mit dieser Maßnahme erst im Erwachsenenalter erreicht werden.

Skandinavische Länder sind im Bildungsbereich federführend, dort wird die individuelle Förderung Einzelner hochgehalten. Auch in Österreich soll dies geschafft werden, unterstrich Johannes Jarolim (SPÖ). Nach seinem Dafürhalten sollen nur die besten, geprüften Lehrer Kinder und Jugendliche in Österreich unterrichten.

… gegen CETA aber für Maßnahmen, die MieterInnen helfen

Das Thema „Europapolitik“ mache ihm Sorgen, so SPÖ-Mandatar Jörg Leichtfried. Er bedauerte das Ausbleiben von Wortmeldungen der MinisterInnen während der heutigen Nationalratssitzung. Die Europapolitik des neu angelobten Bundeskanzlers Sebastian Kurz beschränkt sich nach seiner Einschätzung auf Schlagzeilen und darauf, gute Bilder zu erzeugen. Die FPÖ, die im Europäischen Parlament mit den EU-Gegner in einem Verbund sitzt, sei als Regierungspartner daher aber unglaubwürdig. Dem Regierungsprogramm entnahm er zudem, dass CETA umgesetzt werden soll, was den ehemaligen Verkehrsminister umgehend zum Einbringen eines Entschließungsantrags brachte. Darin forderte er, dass alle zukünftigen Handelsabkommen der EU mit Drittstaaten nur mit Zustimmung der nationalen Parlamente ratifiziert werden sollen.

Die SPÖ habe ein flexibles, modernes Mietrecht vorgelegt, mit den im Regierungsprogramm enthaltenen Maßnahmen werden aber wesentliche Mieterschutzbestimmungen verringert und vornehmlich Interessen den VermieterInnen Rechnung getragen, unterstrich Ruth Becher (SPÖ). Als „äußerst unbefriedigend“ empfindet sie auch die Pläne zum neuen Lagezuschlag im Gründerzeitviertel und der Lockerung des Mietpreisgestaltung in Altbauten. Die ÖVP mache Politik für ImmoblieninvestorInnen, kritisierte Becher.

Frauen und Junge

Als jüngste Abgeordnete gab Claudia Plakolm (ÖVP) der Jugend eine Stimme, sei „Jugendpolitik doch eine Querschnittsmaterie“, die alle betreffe. Die gesetzliche Verankerung von SchülerInnenparlamenten und der Herabsetzung des aktiven Wahlalter bei Betriebsratswahlen auf 16 Jahre seien wichtige Schritte, um die Jugend zu stärken. Das ehrenamtliche Engagement will sie gefördert sehen und sprach die Einführung eines Ehrenamt-Gütesiegels an.

Die Frauenpolitik ist Carmen Schimanek (FPÖ) ein Anliegen. Nach ihrer Einschätzung sind vor allem Neubewertungen von Arbeitsfeldern, das Zusammenführen von Einkommensberichten auf einheitliche Standards, die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familien und Beruf -beispielsweise durch einen verstärkten Informationsaustausch zwischen Betrieben und karenzierten MitarbeiterInnen – Kernbereiche der aktuellen Frauenpolitik. Auch die finanzielle Absicherung von Frauenhäusern sei ihr sehr wichtig, sagte Schimanek. Unterstützung von Schwangeren bedeute in diesem Zusammenhang aber keineswegs das Rütteln an der Fristenlösung, diese sei unbestritten, unterstrich sie.

Opposition: Kunst und Kultur fördern, UNESCO-Weltkulturerbe-Status erhalten

„Österreich ist eine Kulturnation, die Kulturvielfalt bestimmt das Land“, schwärmte Maria Großbauer (ÖVP). Kultur verbinde und baue Brücken zwischen Nationen und Religionen, weshalb das Bewusstsein für Kunst und Kultur in verschiedenen Bereichen fortgesetzt oder gefördert werden soll, so Großbauer. Sie erhofft sich gerade bei Film und Musik mehr Präsenz österreichischer Inhalte – Ö3 als reichweitenstärkster Radiosender Österreichs sollte dazu beitragen. Die Mandatarin stellte eine „ÖsterreicherInnenquote“, geknüpft an die Reichweiten, in Aussicht.

Laut Thomas Drozda (SPÖ) werden im vorliegenden Regierungsprogramm zentrale Zukunftsfragen nicht angesprochen, die enthaltenen „Evaluierung meint wohl Kürzung“, stellte er in den Raum. Konkrete Umsetzungsvorschläge im Hinblick auf die sich wandelnde Medienlandschaft und die Digitalisierungswelle vermisst der ehemalige Kulturminister. Er sprach sich für den Bestand der traditionsreichen Wiener Zeitung aus, der man die wirtschaftliche Basis entziehen wolle.

Und auch Wolfgang Zinggl (PILZ) stimmte dem Beschwerdereigen der SPÖ zu. Vornehmlich ging es ihm allerdings darum, den Weltkulturerbe-Status des historischen Stadtzentrums Wiens zu retten, wie er betonte. In seinem gleichlautenden Entschließungsantrag machte der Kultursprecher der Liste PILZ auf den möglichen Verlust des von der UNESCO zugestandenen Status aufmerksam. So fordert Zinggl „die Gefahr abzuwenden, den Welterbestatus zu verlieren“. „Das Kulturprogramm ist ähnlich zur Ära Schüssel“ fasste er zusammen. Bodenständigkeit und die Betonung des Wirtschaftsfaktors in der Kunst seien die Schwerpunkte. (Fortsetzung Nationalrat) wat

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