Nationalrat genehmigt verfahrensrechtliche Neuregelungen für Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Erforderliche Zweidrittelmehrheit für Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention

Wien (PK) - Neue organisatorische und verfahrensrechtliche Regelungen am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) umfasst ein Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), das vom Nationalrat heute mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit genehmigt wurde. Gegen das Abkommen sprachen sich die Freiheitlichen aus, unter anderem weil es aus ihrer Sicht vorab durch den österreichischen Verfassungsgerichtshof geprüft werden sollte.

Die Regelungen umfassen etwa die Einführung eines Höchstalters für KandidatInnen für die Wahl der EGMR-RichterInnen. AnwärterInnen dürfen demnach künftig das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Zur Zeit endet die Amtszeit der RichterInnen mit der Vollendung des 70. Lebensjahres, diese Bestimmung soll entfallen. Zudem soll nunmehr ausdrücklich das Subsidiaritätsprinzip und der Ermessensspielraum der einzelnen Vertragsstaaten der EMRK in der Präambel festgeschrieben werden.

Darüber hinaus wird durch das Zusatzprotokoll die Beschwerdefrist von sechs auf vier Monate verkürzt. Entfallen soll außerdem das Widerspruchsrecht, wenn Rechtssachen von der Kleinen Kammer an die Große Kammer abgegeben werden sollen. Gestrichen wird auch die Bagatellbeschwerde, die es dem Gerichtshof ermöglicht hatte, eine Beschwerde für unzulässig zu erklären. Diese findet in der Praxis nämlich so gut wie keine Anwendung, heißt es in der Regierungsvorlage.

Grund für die Anpassungen im EGMR sind unter anderem eine hohe Zahl von eingebrachten Beschwerden und ein Rückstau an anhängigen Verfahren. Das Individualbeschwerderecht soll laut Regierungsvorlage aber auch weiterhin gesichert sein.

FPÖ ablehnend, SPÖ und ÖVP sehen Weiterentwicklung, Grüne einen guten Kompromiss

Johannes Hübner sprach sich seitens der Freiheitlichen gegen das Abkommen aus. Dieses sollte aus seiner Sicht vorab durch den österreichischen Verfassungsgerichtshof geprüft werden. Darüber hinaus hält er eine Minderung der Rechte, also die Verkürzung der Beschwerdefrist von sechs auf vier Monate, für nicht sinnvoll. Außerdem sei der EGMR nicht uneingeschränkt positiv zu beurteilen, so Hübner. Dieser habe in Österreich in Kompetenzen eingegriffen - wie etwa beim Adoptionsrecht für homosexuelle Paare oder im Bereich Abschiebung -, die einem Gerichtshof nicht zustehen würden.

Demgegenüber bekräftigte Reinhold Lopatka (V), dass nirgendwo anders Menschrechte so sehr geschützt würden wie in Europa. Es sei ihm ein Anliegen, hier auch Vorbild zu sein. Die EMRK sei das entscheidende Instrument, dass Einzelne Ihre Rechte durchsetzen können. Das führe aber auch zu einem enormem Rückstau, weil immer mehr EuropäerInnen dies in Anspruch nehmen. Daher sei wichtig, das Regelwerk durch Reformen weiterzuentwickeln um den EGMR effizienter auszugestalten. Den Anstieg der Verfahren und die vorliegende Weiterentwicklung hob auch Elisabeth Pfurtscheller (V) hervor. Außerdem stellte sie in den Raum, ob nicht hinsichtlich der Situation der Pressefreiheit in der Türkei etwa eine Maßnahme des kollektiven Staatenschutzes mit rechtlichen Schritten ins Auge zu fassen wäre.

Die Bedeutung der EMRK zum Schutz der Grund- und Menschenrechte unterstrich Christine Muttonen (S) ebenso. Es sei nicht hinnehmbar, dass durch den Anstieg der Beschwerden Entscheidungen jahrelang dauern. Das Protokoll werde dazu beitragen, dass die Effizienz gesteigert wird und jede BürgerIn in absehbarer Zeit zu ihrem Recht kommen kann.

Menschrechte seien unteilbar, sagte Alev Korun (G), sie könne nur begrüßen, dass es EMRK und EGMR gibt. Sie dankte der Regierung explizit für die Verteidigung des Individualbeschwerderechts. Das vorliegende Protokoll ist für sie ein Kompromiss, mit dem sie gut leben könne - im Sinne von Effizienz, ohne zusätzliche Hürden einzubauen. (Fortsetzung Nationalrat) mbu

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