Nationalrat einstimmig für nationalen Gedenktag für Roma und Sinti

Parlamentsfraktionen setzen Initiative mit Vier-Parteien-Entschließungsantrag

Wien (PK) Fraktionsübergreifend setzte heute der Nationalrat mit einem in der Sitzung eingebrachten Antrag von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS in der Abstimmung einhellig eine Initiative zur Einführung eines nationalen Gedenktags für Roma und Romnja sowie Sinti und Sintizze. Wie im ursprünglichen Entschließungsantrag der Koalitionsparteien wird vorgeschlagen, jeweils am 2. August der unter dem NS-Regime verfolgten und ermordeten Roma und Romnja sowie Sinti und Sintizze zu gedenken. An diesem Tag werde bereits auf europäischer Ebene an die Holocaust-Opfer dieser ethnischen Minderheit gedacht. Einstimmig wurde auch eine weitere Entschließung gefasst, und zwar für eine Evaluierung des Vollzugs der Minderheitenschulgesetze.

Vier-Parteien-Initiative für nationalen Gedenktag

Die Einführung des Gedenktages am 2. August begrüßten alle Redner:innen einhellig. Nikolaus Berlakovich (ÖVP) sagte, der Völkermord an den Roma und Romnja sowie Sinti und Sintizze in der Vergangenheit sei nie richtig aufgearbeitet worden. Man habe in diesem Zusammenhang sogar von einem „vergessenen Holocaust“ gesprochen. Die Kernaufgabe der Gedenkkultur sei aber, genau diese Fälle zu dokumentieren und sich ihrer zu erinnern, damit so etwas nie wieder passiere. Zugleich gehe es darum, auf die nach wie vor bestehenden Diskriminierungen hinzuweisen, um die aktuelle Situation der Betroffenen zu verbessern, so Berlakovich. Eine Kenntnisnahme der damaligen Taten als Verbrechen bedeute zugleich Respekt vor den Opfern und solle auch den jetzt Lebenden Mut machen. Alexander Melchior (ÖVP) meinte, alle seien sich einig, dass es solche Gedenktage brauche, um immer wieder darauf aufmerksam zu machen, dass niemals vergessen werden dürfe, was damals passiert sei.

Ähnlich wie Berlakovich und Melchior griff Sabine Schatz (SPÖ) auf, dass es lange gedauert habe, bis diese Opfergruppe berücksichtigt worden sei. Erst 70 Jahre später habe das Europäische Parlament den Beschluss zur Anerkennung und für den Gedenktag am 2. August gefasst. Schatz entschuldigte sich bei den Opfern dafür, dass es so lange gedauert habe. Sie betonte, dass Gedenken und Erinnern auch beinhalten müssten, Schlussfolgerungen für die Gegenwart und für ein „Nie wieder“ zu ziehen. Wichtig sei es, neben der Erinnerung an die Gräueltaten der Geschichte zu diskutieren, was Hass, Hetze und Vorurteile heute bedeuten, so Selma Yildirim (SPÖ). Sie erinnerte an das Attentat von Oberwart und warnte davor, dass „uns das allen passieren kann“, wenn Menschen zum „Spielball der Alltagspolitik“ würden. Dem gelte es, entschieden und tagtäglich entgegenzuwirken.

Es sei ihr auch bisher schon ein Anliegen gewesen, diesen Volksgruppen eine Stimme zu geben, zumal es jene seien, die noch am meisten diskriminiert werden, meinte Olga Voglauer (Grüne). Über den Gedenktag hinaus freue es sie, dass es in den letzten Jahren gelungen sei, auch ein Hochschülerschaft österreichischer Roma und Romnja zu gründen. Wenn man über den nationalen Gedenktag spreche, gelte es, auch darüber zu reden, wie Roma und Sinti nach 1945 in der Zweiten Republik behandelt worden seien, betonte Eva Blimlinger (Grüne). Erst 1988 seien diese als Opfergruppe anerkannt worden. Sie freue sich, dass auch die FPÖ bereits im Ausschuss dem Anliegen zugestimmt habe. Zusätzlich gehe es aus ihrer Sicht um einen zentralen Ort des Gedenkens. Dazu sei bereits ein Antrag für eine nationale Gedenkstätte beschlossen worden.

Was die FPÖ betrifft, kritisierte Michael Bernhard (NEOS) das Ausbleiben des Applauses der Freiheitlichen bei der Angelobung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, als dieser gesagt habe, dass es gemeinsam jeden Tag an diesem „Niemals wieder“ zu arbeiten gelte. Insgesamt müsse man sich mit der Frage beschäftigen, wie sichergestellt werden könne, dass in Zukunft in keiner Weise annähernd Ähnliches wie die NS-Verbrechen in unserer Gesellschaft Platz finde. Wie der Gedenktag wäre auch für ihn ein Gedenkort ein wichtiges Signal für ein würdiges Erinnern, zumal auch die Volksgruppen den Wunsch danach geäußert hätten.

Auch Bundesministerin Susanne Raab begrüßte den Entschließungsantrag. Ein Gedenktag leiste einen wichtigen Beitrag zur Gedenkkultur an die Opfer des Nationalsozialismus. Hass und Hetze dürfen in unserer Gesellschaft keinen Platz haben, so Raab.

Evaluierung des Vollzugs der Minderheitenschulgesetze

Einen weiteren Entschließungsantrag der Koalitionsparteien, nämlich eine Evaluierung des Vollzugs der Minderheitenschulgesetze und die Vorlage eines entsprechenden Berichts an den Nationalrat, befürworteten die Abgeordneten ebenso einstimmig. Insbesondere sollen das Angebot, die Kontinuität und die Qualität des Unterrichts in den Volksgruppensprachen sowie die einschlägigen Unterrichtsmaterialien – unter Berücksichtigung der Lehrpläne und der Kompetenzraster – unter die Lupe genommen werden.

Der Erhalt einer Volksgruppe hänge maßgeblich davon ab, ob die Identität und damit die Kultur und Sprache weitergegeben werden können und angenommen werden, befürwortete Ministerin Raab auch diesen Antrag. Auf Sprache und Kultur sowie auf Bestand und Erhaltung der Volksgruppen zu achten, diese zu sichern und zu fördern sei auch der Bundesregierung ein wichtiges Anliegen. So sei etwa in den letzten Jahren die Volksgruppenförderung verdoppelt und mit einer Wirkungsorientierung hinterlegt worden.

Sprache stelle ein zentrales Element einer Volksgruppe dar, unterstrich auch Nikolaus Berlakovich (ÖVP). Wichtig sei daher, dass in den Minderheitenschulgesetzen die Zweisprachigkeit vorgesehen sei. Es gelte, diesen Rahmen jetzt zu evaluieren, um dann die Schlüsse daraus zu ziehen, wie der zweisprachige Unterricht verbessert werden könne. Rudolf Taschner (ÖVP) verortet darüber hinaus die „Heimat“ in der jeweiligen Sprache, die man spreche. Darum sei es immens wichtig, die Förderung der Muttersprachen der Volksgruppen ernst zu nehmen.

Zweisprachig aufzuwachsen erachtet Olga Voglauer (Grüne) als ein Privileg. Es gehe darum, diese Sprachkompetenz zu stärken. Sie wolle „eine Lanze brechen“ für qualitätsvollen zweisprachigen Unterricht. Als besonderes Anliegen nannte Eva Blimlinger (Grüne), dass überall in Österreich, wo die Volksgruppen vertreten sind, die jeweils zweite Sprache gelernt werden können sollte, die eben auch Erstsprache ist. Außerdem sprach sie sich für eine rasche Anerkennung der Jenischen aus, wie das etwa in der Schweiz bereits erfolgt sei.

Auch Selma Yildirim (SPÖ) hob hervor, wie wichtig es sei, Sprachen und deren Vielfalt zu fördern. Sprachenvielfalt stelle eine Bereicherung, niemals eine Bedrohung für eine Gesellschaft dar. Michael Bernhard (NEOS) gab zu bedenken, dass Volksgruppen vor Ort nicht die adäquaten Strukturen finden würden. Aus seiner Sicht müssten vermehrt digitale und mediale Bildungsangebote geschaffen werden, um die Angebote für Volksgruppen auch in die Zukunft zu führen. (Fortsetzung Nationalrat) mbu

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