Nationalrat beschließt Erweiterung des Bildungsbonus und des Fachkräftestipendiums

Opposition kritisiert scharf das Auslaufen der Sonderunterstützung für arbeitslose Bergbauarbeiter

Wien (PK) Der Nationalrat erweiterte heute auch den Bildungsbonus, insbesondere mit Blick auf die Pflegekraftausbildung. Hingegen soll die Sonderunterstützung für arbeitslose Bergbauarbeiter auslaufen. Des Weiteren planen ÖVP und Grüne, das Fachkräftestipendium auszubauen und zu verlängern. Der Antrag der SPÖ zur Arbeitsmarktintegration von Langzeitarbeitslosen fand ebenso wenig ausreichende Unterstützung wie die Initiativen der NEOS zur Änderung der Rahmenhaushaltsordnung der Arbeiterkammer sowie zu einem individuellen Anspruch auf Karenz für jeden Elternteil.

Ausweitung des Bildungsbonus, Auslaufen der Sonderunterstützung für arbeitslose Bergbauarbeiter

Der von ÖVP und Grünen eingebrachte Antrag auf Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes sieht eine Ausweitung des sogenannten Bildungsbonus vor. Dieser Zuschlag zum Arbeitslosengeld in Höhe von 120 € im Monat wird derzeit Arbeitslosen gewährt, die nach dem September 2020 eine zumindest viermonatige Schulung oder eine andere Qualifizierungsmaßnahme im Auftrag des AMS begonnen haben bzw. vor Dezember 2021 beginnen werden. Er wird ergänzend zum allgemeinen Schulungszuschlag in der Höhe von rund 60 € ausgezahlt. Nun sollen auch Personen, die vor Oktober vergangenen Jahres mit einer längeren Ausbildung begonnen haben, Zugang zu dieser Leistung erhalten. Voraussetzung ist, dass die Schulungsmaßnahme im Juli 2021 noch andauert. Das trifft insbesondere auf Pflegekraftausbildungen zu, wie in den Erläuterungen zum Antrag angemerkt wird.

Zum anderen soll mit der gegenständlichen Gesetzesinitiative das 1973 beschlossene Sonderunterstützungsgesetz geändert werden. Wer mindestens zehn Jahre im Bergbau unter Tage gearbeitet oder ähnliche knappschaftliche Arbeiten verrichtet hat, erhält vom AMS derzeit eine Sonderunterstützung, sofern er nach dem 52. Lebensjahr arbeitslos wird und auch unter Einsatz von Förderungsmaßahmen nicht in eine zumutbare Beschäftigung vermittelt werden kann. Nun ist geplant, das Zugangsalter zu dieser Sonderunterstützung zwischen 2023 und 2035 jährlich in Neun-Monats-Schritten auf 62 Jahre anzuheben. Zudem soll das Gesetz nur noch auf DienstnehmerInnen anzuwenden sein, die vor dem 1. Jänner 2036 einen Anspruch auf Sonderunterstützung geltend gemacht haben.

Dieser Teil des Gesetzes wurde von SPÖ und FPÖ hart kritisiert, während der Bildungsbonus auf allgemeine Zustimmung fiel. Die Gesetzesvorlage wurde demnach auch nach getrennter Abstimmung in Dritter Lesung von ÖVP, Grünen und NEOS beschlossen.

Rainer Wimmer (SPÖ) sprach im Zusammenhang mit dem Auslaufen des Sonderunterstützungsgesetzes von einem „klassischen Sozialabbau“, der „untragbar“ sei und eine „Schande“ darstelle. Man greife damit in Betriebsvereinbarungen und Sozialpläne ein, sagte er und wies darauf hin, dass von dem Gesetz rund 600 Bergleute betroffen seien. Die Regierung bekämpfe nicht die Arbeitslosigkeit, sondern die Arbeitslosen, bekräftigte sein Parteikollege Michael Seemayer die Vorwürfe.

In die gleiche Kerbe schlugen die Freiheitlichen Dagmar Belakowitsch und Peter Wurm. Der Sozialabbau gehe in riesen Schritten weiter, so Belakowitsch. Mit dem gegenständlichen Gesetz werde Schwerstarbeitern etwas genommen. Auch wenn nur eine kleine Gruppe betroffen sei, so sei das symbolisch für das Agieren der Regierung. Wurm sprach von „sozialer Kälte“ und gab zu bedenken, dass das Problem im Bildungsbereich beginne, wo man es nicht schaffe, Kindern mit Migrationshintergrund eine Bildung für den sozialen Aufstieg mitzugeben. Er forderte darüber hinaus eine Abschaffung der Luxuspensionen und eine Reform des AMS.

Fachkräftestipendium soll ausgebaut und verlängert werden

Der Nationalrat fordert zudem einstimmig die Regierung mittels eines von ÖVP und Grünen eingebrachten Entschließungsantrags auf, das Fachkräftestipendium auszubauen und zu verlängern. Demnach sollen auch der Beruf einer Pflegeassistentin bzw. eines Pflegeassistenten sowie der Beruf einer Elementarpädagogin bzw. eines Elementarpädagogen in die Liste der förderbaren Ausbildungen aufgenommen werden. Zudem wird Arbeitsminister Martin Kocher ersucht, darauf hinzuwirken, dass die derzeitige Laufzeit des Fachkräftestipendiums um ein Jahr verlängert wird.

In den Erläuterungen zum Antrag weisen ÖVP und Grüne darauf hin, dass im Pflegebereich und in Kindergärten schon jetzt dringend Personal gesucht werde und der Personalbedarf weiter ansteigen wird. Durch das Fachkräftestipendium würden Lebenshaltungskosten während der gesamten Ausbildung gesichert und damit etwa BerufsumsteigerInnen der Weg in die Pflege eröffnet.

Im Rahmen dieser Debatte wurde nicht nur der Fachkräftemangel thematisiert, sondern auch die Tatsache, dass es noch viele Arbeitslose gibt, obwohl die Zahlen stark zurückgehen, aber auch die Zahl der offenen Stellen hoch ist. Arbeitsminister Martin Kocher setzt daher auf Qualifizierungsangebote. Der Bildungsbonus werde von rund 22.000 Personen bezogen, informierte er. Hochwertige Qualifizierung sei das Ziel der Bundesregierung. Die Regierung mache glaubwürdige Arbeitsmarktpolitik, hielt auch Ernst Gödl (ÖVP) fest, der insbesondere die „Aktion Sprungbrett“ hervorhob.

Das wurde auch von Markus Koza (Grüne) bekräftigt. Er hob insbesondere die Bemühungen der Regierung zur Umqualifizierung hervor. So seien 20 Mio. € zusätzlich für eine Umweltarbeitsstiftung vorgesehen, durch die rund 1.000 Personen in ökologischen Berufen ausgebildet werden können. Die Verkehrsarbeitsstiftung werde für Qualifizierungen hin zur öffentlichen Mobilität führen, betonte er und meinte, das sei unter moderner Arbeitsmarktpolitik zu verstehen.

In diesem Sinne nahm der Nationalrat mit breiter Mehrheit – lediglich die Freiheitlichen waren dagegen – eine weitere Entschließung an, in der die Abgeordneten darauf drängen sicherzustellen, dass zu den bereits budgetierten Mitteln zusätzliche 20 Mio. €  zur Förderung von klimarelevanten Arbeitsstiftungen in den Bereichen Umwelt sowie Verkehr bereitgestellt und, sofern entsprechende Vereinbarungen der Sozialpartner zu Stande kommen, auch eingesetzt werden.

An der Qualität der von der Regierung gesetzten Maßnahmen äußerte jedoch Karin Doppelbauer (NEOS) ihre Zweifel. Geld sei nicht alles, sagte sie, es gehe um die Qualität der Umsetzung, und da orte sie große Probleme. Sie forderte, Bildungspolitik als Arbeitsmarktpolitik zu sehen, weitere zielgerichtete Qualifizierungsmaßnahmen zu setzen und flexiblere Arbeitszeitmodelle zu ermöglichen.

SPÖ-Antrag zur Arbeitsmarktintegration von Langzeitarbeitslosen

Keine Mehrheit fand der SPÖ-Antrag zur Arbeitsmarktintegration von Langzeitarbeitslosen. ÖVP und Grüne waren dagegen. Die SozialdemokratInnen hegen Zweifel daran, dass es mit der vom Arbeitsministerium konzipierten „Aktion Sprungbrett“ und weiteren geplanten Maßnahmen gelingen wird, bis Ende nächsten Jahres die Zahl der Langzeitarbeitslosen um 50.000 zu verringern. Sie will die übrigen Regierungsmitglieder daher auffordern, Arbeitsminister Martin Kocher mit allen Mitteln bei der Umsetzung seines arbeitsmarktpolitischen Zieles zu unterstützen. Überdies soll Kocher dem Nationalrat monatlich über die Fortschritte berichten.

NEOS fordern Änderung der Rahmenhaushaltsordnung der Arbeiterkammer

Auch die Forderung der NEOS nach einer Änderung der Rahmenhaushaltsordnung (RHO) der Arbeiterkammer (AK) erhielt im Plenum keine ausreichende Unterstützung. Lediglich die Freiheitlichen sprachen sich neben den Pinken dafür aus. Die NEOS vertreten die Meinung, dass erwartete Ausgaben für eine Digitalisierungsoffensive falsch verbucht wurden, um, wie vermutet, hohe Rücklagen zu verschleiern.

Gerald Loacker unterstrich, dass die Kammern Non-Profit-Organisationen seien und daher keine Gewinne machen dürfen. Er brachte daher einen weiteren Entschließungsantrag ein, da seiner Meinung nach die Bilanzregeln für die AK genauso gelten sollten wie für die Wirtschaftskammer. Darin fordern die NEOS den Arbeitsminister auf, als Aufsicht der Arbeiterkammern darauf zu drängen und nötigenfalls mittels Regierungsvorlage zu erwirken, dass die Arbeiterkammern in ihren Rechnungsabschlüssen eine UGB-konforme Erfolgsrechnung und Jahresüberschussermittlung darstellen, wie dies bei den Wirtschaftskammern erfolgt. Der Antrag fand ebenfalls keine Mehrheit.

NEOS für individuellen Anspruch auf Karenz für jeden Elternteil

Um zu verhindern, dass die Lohnschere zwischen Frauen und Männern mit der Geburt eines Kindes noch weiter aufgeht, sprechen sich die NEOS in einem Entschließungsantrag für eine gerechtere Verteilung der Betreuungsarbeit auf beide Elternteile und stärkere Anreize für Väter, Verantwortung in der Kindererziehung zu übernehmen, aus. Als Vorbild führen sie skandinavische Staaten an, wo Karenzansprüche zu einem Teil nicht auf den anderen Elternteil übertragbar sind. Der Antrag wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt.

Michael Bernhard (NEOS) verteidigte seine Initiative damit, dass die vorgeschlagene Maßnahme helfen könnte, die Schieflage zwischen Männern und Frauen am Arbeitsmarkt zu entschärfen. Familiengründungen wirkten sich vor allem negativ auf die Karriere von Frauen aus, sagte er. Wenn Männer und Frauen ein Minimum der Karenzzeit in Anspruch nehmen müssen, dann wäre das ein Schritt zu einer gerechteren Struktur am Arbeitsmarkt. Das zeige das schwedische Beispiel. Dem hielt Barbara Neßler (Grüne) entgegen, dass zwar die Problemanalyse der NEOS richtig sei, der Antrag jedoch zu Verschlechterung für Frauen führe, wenn Männer nicht in Karenz gehen. Es brauche eine größere Reform, betonte sie, und der erste Schritt dazu sei die in Auftrag gegebene Zeitverwendungsstudie, die darüber Auskunft geben soll, wie unbezahlte Arbeit verteilt ist. (Fortsetzung Nationalrat) jan

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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