Nationalrat beschließt Erstattung von Lehrlings-Internatskosten, Kündigungsabgabe ab 2020 entfällt

Einstimmigkeit für höhere Förderung der beruflichen Integration behinderter Menschen

Wien (PK) Vor der nahenden Nationalratswahl fanden in der heutigen Nationalratssitzung zwei Gesetzesanträge der SPÖ für Lehrlinge und für behinderte Menschen Zustimmung. Einig waren sich alle Fraktionen, die Budgetmittel zur beruflichen Integration behinderter Menschen zu erhöhen. Etwa gegen im Vorschlag enthaltene Klagsrechtsbefugnisse gab es Einwände der ÖVP. Trotz der Ablehnung ihres diesbezüglichen Abänderungsantrags stimmte sie letztendlich dem Gesamtpaket aber zu. Die zweite SPÖ-Initiative, dass Internatskosten für BerufsschülerInnen künftig von Betrieben übernommen und letztlich über die Gewährung von Beihilfen aus Mitteln des Insolvenz-Entgelt-Fonds bedeckt werden, fand mehrheitlich Zustimmung. Die ÖVP lehnte diese Maßnahme allerdings ab, auch die NEOS äußerten Kritik. Ergänzt wurde die Gesetzesinitiative durch einen SPÖ-Abänderungsantrag, der zum einen klarstellt, dass Gebietskörperschaften von der Regelung ausgenommen sind. Mit der Begründung, dass Mittel des Insolvenz-Entgelt-Fonds aus Arbeitgeberbeiträgen finanziert werden, umfasst die Abänderung als Ausgleich für Arbeitgeber zum anderen einen gänzlichen Entfall der sogenannten Kündigungsabgabe ab 2020. Dieser Punkt wurde getrennt abgestimmt und ebenso mehrheitlich angenommen.

Ein in der Debatte eingebrachter Entschließungsantrag der FPÖ mit der Forderung, zur Entlastung der Tourismusbetriebe die Mehrwertsteuererhöhung auf Beherbergung wieder zurückzunehmen, blieb in der Minderheit und wurde abgelehnt.

Internatskosten für BerufsschülerInnen werden künftig übernommen, Kündigungsabgabe entfällt dafür ab 2020

Mittels der in der heutigen Sitzung mehrheitlich beschlossenen Novelle zum Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz und zum Berufsausbildungsgesetz sollen künftig Internatskosten für BerufsschülerInnen von Betrieben übernommen und letztlich über die Gewährung von Beihilfen aus Mitteln des Insolvenz-Entgelt-Fonds bedeckt werden. Der Fonds weise eine ausreichende Deckung zur Finanzierung der neuen Förderung auf, wird im entsprechenden SPÖ-Antrag festgehalten, wobei man mit jährlichen Kosten von rund 50 Mio. € rechnet. Beseitigt werden soll damit auch die derzeitige Ungleichbehandlung von Lehrlingen, die abhängig von Lehrberuf und Kollektivvertrag unterschiedlich finanziell belastet werden, unterstrichen Josef Muchitsch, Johann Hechtl und Katharina Kucharowits seitens der SPÖ. So seien im Zuständigkeitsbereich der Gewerkschaft der Privatangestellten in 35 Kollektivverträgen die Internatskosten vom Betrieb zu übernehmen, in 45 Kollektivverträgen habe sie hingegen der Lehrling selbst zu tragen. Laut Berufsausbildungsgesetz müsse der Ausbildungsbetrieb bisher lediglich für die Differenz zwischen Internatskosten und Lehrlingsentschädigung aufkommen.

Ergänzt wurde die Gesetzesinitiative durch einen Abänderungsantrag seitens der SPÖ, der zum einen klarstellt, dass Gebietskörperschaften von der Regelung ausgenommen sind. Mit der Begründung, dass Mittel des Insolvenz-Entgelt-Fonds aus Arbeitgeberbeiträgen finanziert werden, umfasst die Abänderung als Ausgleich für Arbeitgeber zum anderen einen gänzlichen Entfall der sogenannten Kündigungsabgabe ab 2020. Dieser Punkt wurde getrennt abgestimmt und mehrheitlich angenommen.

Gerade jenen Betrieben, für die es bisher keine Rückerstattung der Internatskosten gibt, werde mit der Maßnahme sehr geholfen, betonte Josef Muchitsch (S). Er sieht darin eine Entlastung für Unternehmen, die diese Kosten jetzt tragen. Außerdem werde die Lehre an sich aufgewertet. Katharina Kucharowits (S) verwies auf eine Petition der Gewerkschaftsjugend, die „weg mit den Internatskosten“ gefordert hatte. Junge Menschen würden nun von den Kosten, die durch den geblockten Unterricht für manche entstehen, entlastet. Ein wichtiger Aspekt ist für Johann Hechtl (S), dass mit dieser Maßnahme das Internatsgeld nicht mehr den Lehrlingen von ihrer Entschädigung abgezogen wird, sondern von ihnen ausgegeben werden kann. Anlässlich seiner letzten Teilnahme an einer Sitzung im Nationalrat bedankte er sich zugleich für den entgegengebrachten Respekt und die langjährige Zusammenarbeit.

Als gut und wichtig bezeichnete auch Julian Schmid (G) die Maßnahme, es gehe zudem um den Respekt gegenüber Lehrlingen. Das Thema betreffe 50.000 junge Menschen, die nun entlastet werden. Insgesamt plädierte er für eine saubere Politik und dass über Parteigrenzen hinweg richtige Anträge beschlossen werden.

Gabriel Obernosterer (V) betonte umgekehrt, seine Fraktion würde diese Maßnahme nicht mittragen. Die Initiative würde letztlich zu einem Anstieg der Kosten für Unternehmer führen, zudem sieht er in dem Vorschlag eine Husch-Pfusch-Aktion.

Josef Schellhorn (N) wollte der Initiative zwar zustimmen, er ist aber völlig dagegen, dass die Kosten aus dem Insolvenzlastenausgleichsfonds gespeist werden. Grundsätzlich sieht er Lehrlinge gegenüber akademischen Ausbildungen diskriminiert, deshalb müsse hier generell etwas unternommen werden. Bildungspolitik ist Beschäftigungspolitik, so Schellhorn, für Fachkräfte der Zukunft brauche es eine andere Politik.

Seitens der FPÖ brachte Gerald Hauser einen Entschließungsantrag zur Entlastung der Tourismusbetriebe ein. Die Forderung, die Mehrwertsteuererhöhung auf Beherbergung wieder zurückzunehmen, fand im Plenum allerdings keine Mehrheit. Er appellierte insbesondere an die ÖVP, im Sinne der Unternehmer hier mitzustimmen. Auch was die Internatskostenübernahme betrifft, versteht er die ÖVP nicht, dass sie sich hier gegen die arbeitende Bevölkerung und Lehrlinge ausspricht und nicht zustimmt. Gerade Lehrlinge brauchen gesellschaftspolitische Aufwertung, so Hauser.

Stolz, dass in dieser Diskussion auch einmal die Lehre hervorgehoben wird, zeigte sich Leopold Steinbichler (o.F.). Das sei besonders hinsichtlich Facharbeitermangel ein wesentlicher Schritt, der Antrag werde von ihm auf jeden Fall unterstützt.

Sozialminister Alois Stöger unterstrich, dass Lehrlinge in Österreich vieles in die Praxis umsetzen und den wirtschaftlichen Erfolg in zahlreichen Branchen mittragen. Der Lehrling entscheide nicht selbst, ob er ein Internat braucht, daher sei es wichtig, dass er auch nicht die Kosten dafür übernehmen muss. Er plädierte dafür, insgesamt mehr Verantwortung für diese wichtige Berufsgruppe zu übernehmen, damit diese wahrgenommen werde, und wandte sich auch an die ÖVP, hier mitzustimmen.

Verdoppelung des Budgets für berufliche Integration behinderter Menschen und besserer Rechtsschutz

Einstimmig beschlossen die Abgeordneten die Initiative der SPÖ in der Fassung eines SPÖ-Abänderungsantrages, die Budgetmittel für die berufliche Integration behinderter Menschen zu verdoppeln. Konkret sollen nun im kommenden Jahr 90 Mio. € aus allgemeinen Budgetmitteln für Maßnahmen der beruflichen Inklusion für Menschen mit Behinderung zur Verfügung gestellt und der Betrag danach jährlich valorisiert werden. Zudem soll der Rechtsschutz im Falle von Diskriminierungen verbessert und der Monitoringausschuss, der die Einhaltung der UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich überwacht, durch mehr Budget und Unabhängigkeit gestärkt werden.

Im Sinne eines besseren Rechtsschutzes sieht der Antrag samt SPÖ-Abänderung darüber hinaus vor, dem Behindertenanwalt und dem Klagsverband die Befugnis zur Einbringung einer allgemeinen Verbandsklage einzuräumen und dieses Instrumentarium insgesamt auszuweiten. Große Kapitalgesellschaften sollen demnach auch auf Unterlassung und Beseitigung einer Diskriminierung behinderter Menschen geklagt werden können. Ebenso ist die Verankerung eines individuellen Klagsrechts im Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz auf Unterlassung einer Belästigung enthalten. Neben einzelnen Klarstellungen und redaktionellen Korrekturen umfasste der von Ulrike Königsberger-Ludwig (S) eingebrachte Abänderungsantrag auch, dass im Sinne eines vermehrten gesellschaftlichen Diskurses der Bericht des Behindertenanwalts künftig im Nationalrat behandelt wird. Königsberger-Ludwig betonte, mit dem Paket werde ein Riesenschritt in Richtung Gleichstellung und Teilnahme an beruflichen und gesellschaftlichen Leben für Menschen mit Behinderung gesetzt. Behindertenpolitik sei eine Querschnittsmaterie und das Bohren harter Bretter, es brauche hier das Zusammenwirken vieler Akteure und ExpertInnen in eigener Sache.

Für Michael Hammer (V) ist es ein wichtige Aufgabe, sich für Menschen mit Behinderungen zu engagieren und für Schwächere in der Gesellschaft einzutreten, die Unterstützung in der beruflichen Integration brauchen. Die ÖVP unterstütze den Antrag grundsätzlich, sehe aber zwei Punkte differenziert. Einerseits sollten die Mittel aus AMS und Sozialministerium und nicht aus allgemeinen Budgetmitteln kommen, so Hammer. Er brachte dazu seinerseits einen Abänderungsantrag ein. Darin forderte er auch, dass das Instrument der Verbandsklage weiterhin an eine Empfehlung des Bundesbehindertenbeirats gebunden sein müsse. In der getrennten Abstimmung blieben diese Punkte in der Minderheit.

Ein wesentlicher Aspekt ist für Dagmar Belakowitsch (F), Menschen mit Behinderungen ins Bewusstsein zu bringen. Die Arbeitslosenrate sei in der Gruppe doppelt so hoch wie bei anderen, was eine sehr bedenkliche Situation darstelle. Das vorliegende Inklusionspaket ist für Belakowitsch mehr als nur eine finanzielle Hilfe, sondern auch dafür wichtig, ein Umdenken in der Bevölkerung zu schaffen. Auch Helene Jarmer ist das Thema seitens der Grünen ein großes Anliegen. Es handle sich um ein Viertel der Bevölkerung, das direkt oder indirekt betroffen ist. Diese Gruppe erwarte sich von der Politik, dass diese für Gleichstellung kämpft. Jarmer verwies zudem auf zahlreiche wichtige Anträge der Opposition, die leider in der Schublade gelandet seien. Außerdem kritisierte sie, dass es bisher keine Transparenz gebe, ob und wieviel für Maßnahmen für behinderte Menschen tatsächlich ausgegeben wird.

Sozialminister Alois Stöger geht es grundsätzlich um Respekt für Menschen, die es in dieser Gesellschaft nicht so leicht haben. Als Teil der Gesellschaft brauchen sie mit gleicher Würde Unterstützung. Das vorliegende Inklusionspaket sei ein Meilenstein, appellierte er an die ÖVP, hier mitzugehen und dem Behindertenanwalt das Klagsrecht zuzugestehen. Paternalistisch mit Menschen mit Behinderung umzugehen, müsse endlich überwunden werden, so der Sozialminister. Alle seien eingeladen aufzupassen, dass Menschen mit Behinderung ihren Platz in der Gesellschaft haben. Explizit bedankte er sich beim bisherigen ÖVP-Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg für seine wichtige Arbeit. (Fortsetzung Nationalrat) mbu

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