Nationalrat beschließt Änderungen bei Deutschförderklassen und Zentralmatura

Einhelliger Wunsch der Abgeordneten nach Maßnahmen gegen Mangel an Lehrerinnen und Lehrern

Wien (PK) Eine Sammelnovelle, die auf eine Initiative der Koalitionsfraktionen zurückgeht und mehrere Änderungen im Schulrecht bringt, wurde heute vom Nationalrat beschlossen. Zentraler Punkt sind dabei Regelungen, die das aktuelle Schuljahr betreffen und Klarstellungen bringen, wie mit den Ergebnissen von Sprachtests in den Deutschförderklassen und -kursen umzugehen ist. Die Förderklassen wurden als Integrationsmaßnahme im Herbst 2018 eingeführt. ÖVP und FPÖ betonten in der Debatte erneut ihre Wichtigkeit und hoben hervor, dass die beschlossenen Regelungen eine wesentliche Weiterentwicklung bedeuten.

Während SPÖ und NEOS die Deutschförderklassen grundsätzlich kritisierten und daher ihre Zustimmung zu den neuen Regelungen verweigerten, herrschte unter allen Fraktionen Einigkeit für die ebenfalls im Gesetzespaket enthaltenen Änderungen bei der Mathematik-Matura und bei der Sprachkompetenz von LehrerInnen mancher Schulformen. Diese Teile des Initiativantrags fanden in der auf Verlangen der SPÖ getrennt durchgeführten Abstimmung breite Unterstützung und wurden einstimmig angenommen.

Auf der Tagesordnung standen auch zwei Anträge der Opposition zu Fragen der Bildung. So wollen etwa die NEOS dem Lehrkräftemangel mit arbeitslosen TrainerInnen des Arbeitsmarktservices begegnen. Die Abgeordneten waren einhellig für die Prüfung dieser Möglichkeit durch den Bildungsminister. Mehrheitlich abgelehnt wurde hingegen ein Antrag von JETZT, wonach Geschlechterstereotypen bereits in der frühkindlichen Erziehung aufgebrochen werden sollen.

Schulrecht: Debatte über Deutschfördermaßnahmen hält an, Einigkeit bei Mathematik-Matura und Privatschulen

Der Initiativantrag der Regierungsfraktionen mit Anpassungen im Schulrecht wurde von der Opposition teilweise heftig kritisiert. Während die Abgeordneten der Regierungsfraktionen betonten, dass es sich bei den Deutschförderklassen um eine zielführende Maßnahme zur Integration handle, brachten die SPÖ und die NEOS einmal mehr ihre grundlegende Ablehnung zum Ausdruck.

Es habe sich gezeigt, dass der Bedarf an Förderunterricht sehr groß sei, man habe ihn sogar unterschätzt, stellte ÖVP-Abgeordneter Rudolf Taschner fest. Es gebe sehr große regionale Unterschiede. Die Einführung einer standardisierten Messung werde einiges verbessern. Er wolle den LehrerInnen für ihre großen Anstrengungen danken, die sie unternehmen, um SchülerInnen zu ermöglichen, intensiv Deutsch zu lernen, damit sie sich integrieren können. Die Koalition bemühe sich weiter, noch bestehende Mängel zu beheben, betonte Taschner. Gertraud Salzmann (ÖVP) sah bestätigt, dass die Förderklassen Erfolge zeigen, die man anerkennen müsse. Wenn unterdessen ein Viertel der SchülerInnen nicht deutscher Muttersprache sind, entstehen Probleme, die Lösungen erfordern. Laut Salzmann geht es darum, dass die betroffenen SchülerInnen möglichst kurz außerhalb des Regelunterrichts verbleiben und kein Kind zurückgelassen wird. Es sei bedauerlich, dass aus ideologischen Vorbehalten sich SPÖ und NEOS einer gemeinsamen Lösung verschließen, meinte Manfred Hofinger (ÖVP). Kinder mit Migrationshintergrund brauchen besondere Sprachförderung, um erfolgreich Bildung erwerben zu können.

Wendelin Mölzer (FPÖ) sah durch die vorliegenden Zahlen bestätigt, dass die Förderklassen ein wichtiger Schritt zur Integration seien. Nach einem halben Jahr könne man noch keine abschließende Beurteilung geben. Mit der vorliegenden Novelle verbessere man die Maßnahme weiter, künftig werde es beispielsweise standardisierte Testungen zur Evaluierung des Sprachstands. FPÖ-Abgeordneter Gerald Hauser unterstrich, das Ziel müsse sein, dass alle Kinder vor der Einschulung Deutsch beherrschen. Die Tatsache, dass Kinder länger als ein Semester in den Förderklassen bleiben müssen, zeige nicht, dass diese nicht funktionieren, sondern dass die Deutschkenntnisse vieler Kinder zu gering seien, um rasch dem Regelunterricht folgen zu können.

Mit der Novelle werde der grundsätzlichen Problematik der Deutschförderklassen nicht Rechnung getragen, kritisierte etwa Sonja Hammerschmid (SPÖ). Wenig überraschend hätten die Förderklassen nicht die Erwartungen erreicht. Die Maßnahme sei nämlich nicht pädagogisch Überlegungen, sondern dem Populismus geschuldet gewesen. Viele Kinder hätten nun Probleme, den Anschluss an den Regelunterricht zu finden und würden zudem stigmatisiert. Man solle zu den früheren, gut etablierten integrativen Maßnahmen zurückkehren und die PädagogInnen darüber entscheiden lassen. Christian Kovacevic (SPÖ) sah durch die ersten Ergebnisse bestätigt, dass die neuen Klassen nicht zu einem rascheren Erwerb von Sprachkenntnissen führen. Insgesamt brauche man einfach mehr Ressourcen für Sprachfördermaßnahmen und mehr Personal. Integration funktioniere im regulären Klassenverband besser, zeigte sich Eva Maria Holzleitner (SPÖ) überzeugt. Getrennter Unterricht sei hingegen kontraproduktiv, das zeige sich an den vorliegenden Zahlen bereits deutlich. 

Die Meinung, dass die PädagogInnen an den Schulen am besten wüssten, was zu tun sei, um Kinder sprachlich zu integrieren, vertrat auch Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS). Das Konzept von Förderklassen, die von oben verordnet werden, könne nicht funktionieren. Integrationsmaßnahmen müssten daher eine Angelegenheit der Schulautonomie sein, forderte er.

Während die Änderungen in Bezug auf die Deutschförderklassen nur mehrheitliche Zustimmung erhielten, gab es für die weiteren Punkte der Novelle Stimmeneinhelligkeit. Konkret werden somit Ausnahmen bei den Vorgaben über die Sprachkompetenz der Lehrpersonen in manchen Schulformen ermöglicht. Die Neuerungen für die heurige Mathematik-Matura kommen auch jenen PrüfungskandidatInnen zugute, die zu einer Wiederholungsprüfung vor dem Haupttermin 2019 zugelassen wurden, merkte Rudolf Taschner (ÖVP) an. Sie würden nun besser formulierte Aufgaben erhalten. Seine Fraktionskollegin Elisabeth Pfurtscheller sah unter anderem durch die bessere Textverständlichkeit bei der Mathematikmatura wesentliche Erleichterungen für die SchülerInnen.

Bildungsminister Heinz Faßmann betonte, er halte die Schwarz-Weiß-Zeichnung, wie sie von der Opposition teilweise betrieben werde, nicht für zielführend. Die bisherigen Erfahrungen zeigen aus seiner Sicht, dass die Förderklassen unterschiedlich gehandhabt werden. Es bestätige sich auch, dass Integrationsaufgaben nicht allein schulautonom gelöst werden können. Die nun geplanten standardisierten Testungen des Sprachstands lassen aus seiner Sicht weitere Verbesserungen erwarten.

NEOS: Lehrkräftemangel durch qualifizierte TrainerInnen vorbeugen

Der Mangel an Lehrerinnen und Lehrern wird den NEOS zufolge immer deutlicher, weshalb ihr Bildungssprecher Douglas Hoyos-Trauttmansdorff den Antrag formulierte, der Bildungsminister solle prüfen, ob arbeitslose TrainerInnen des Arbeitsmarktservices als Supportpersonal oder Lehrkräfte an Schulen mit besonderen Herausforderungen eingesetzt werden können. Die notwendigen Budgetmittel könnten aus dem AMS-Topf für „stiftungsähnliche Maßnahmen“ kommen, erklärte der NEOS-Mandatar Hoyos-Trauttmansdorff. Er freue sich über den einstimmigen Beschluss des Antrags, sagte der Abgeordnete. QuereinsteigerInnen könnten nicht nur den Mangel an Lehrkräften beheben, sie würden auch zu einer Erweiterung des Wissensspektrums beitragen, das in den Bildungseinrichtungen vermittelt wird.

Aus Sicht der übrigen Fraktionen handelt es sich um eine Maßnahme, die überlegenswert ist und ihre Unterstützung findet. Alois Rosenberger (ÖVP) sagte, es werde im Bildungsbereich Personal benötigt. ErwachsenenbildnerInnen seien hier eine interessante Gruppe, die auch günstig nachqualifiziert werden könnte. QuereinsteigerInnen sollten grundsätzlich gefördert werden. Leider gebe es aber bisher aus der angesprochenen Gruppe nur sehr wenige InteressentInnen. Auch Walter Bacher (SPÖ) hielt es für sinnvoll, Menschen mit guter Ausbildung eine Berufsperspektive im Schulsystem zu ermöglichen. Grundsätzlich fordere Bacher mehr Chancengleichheit im Bildungssystem. Dazu sollte der Chancengleichheitsindex endlich umgesetzt werden. Seitens der FPÖ unterstützten Wendelin Mölzer und Christian Schandor die Initiative der NEOS. Der Lehrkräftemangel sei ein ernsthaftes Problem, Quereinstieg und Wiedereinstieg in den Beruf müssten gefördert werden, meinte Mölzer. Schandor hoffte, dass die Maßnahme zu einem Pilotprojekt für weitere Maßnahmen in diesem Bereich werden kann. Auch Stephanie Cox (JETZT) forderte weitere Maßnahmen für QuereinsteigerInnen, um dem Lehrkräftemangel zu begegnen. Dafür gebe es bereit funktionierende Beispiele in Form von Sonderverträgen. Die Möglichkeiten einer beruflichen Neuorientierung sollten breiter bekannt gemacht und rechtlich abgesichert werden.

Bundesminister Heinz Faßmann hielt fest, die Idee der NEOS sei ausgezeichnet und er werde sie gerne verfolgen. Einen generellen Mangel an ausgebildeten LehrerInnen erkenne er aus den vorliegenden Zahlen nicht. In einigen Regionen bzw. in einigen Fächern habe man aber tatsächlich Schwierigkeiten, genügend PädagogInnen zu finden.

JETZT: Geschlechterstereotypen schon in der frühkindlichen Erziehung aufbrechen

Die frühkindliche Erziehung ist für die Liste JETZT entscheidend für die Änderung tradierter Rollenbilder, die Mädchen und Buben letztlich unterschiedliche Karriere- und Einkommenschancen eröffnen. Laut JETZT-Bildungssprecherin Stephanie Cox müsste geschlechtersensible Pädagogik im Bildungsrahmenplan der Regierung eine weit zentralere Stellung einnehmen, als es bisher der Fall sei. Ihr Antrag schlägt daher eine geschlechtersensible Ausbildung für LehrerInnen vor. PädagogInnen sollten die Interessen der Kinder breit fördern können. Dazu müsste sie die bestmögliche Ausbildung erhalten.

Katharina Kucharowits (SPÖ) schloss sich den Forderungen an und meinte, es sei notwendig, frühzeitig Geschlechterstereotypen entgegenzuwirken. Tradierte Rollenbilder würden sich über die Schul-, Berufs- oder Studienwahl fortsetzen und Lebensentscheidungen beeinflussen. Kinder sollten jedoch ohne Rollenzwänge aufwachsen können.

Obwohl alle das Beste für die Kinder wollten, sei es aufgrund verschiedener Herangehensweisen nicht leicht, eine Einigung zu erzielen, was der richtige Weg dazu sei, hielt Angelika Kuss-Bergner (ÖVP) ihren Vorrednerinnen entgegen. Das Kopftuch für Mädchen sei etwa aus ihrer Sicht ein typisches Beispiel für die Vermittlung und Verstärkung von Rollenbildern, trotzdem habe man bisher keine Einigung über ein Kopftuchverbot erzielen können. Was den Antrag betreffe, gebe es für die Elementarbildung und die Schule bereits eine Reihe von Maßnahmen, um eine geschlechtersensible Pädagogik zu fördern. Frauen und Männer müssten die gleichen Chancen in Bildung, Beruf und Gesellschaft eingeräumt werden, betonte Maria Theresia Niss (ÖVP). Sie unterstütze daher das Anliegen, dass Kinder sich frei für einen Beruf entscheiden können und Mädchen auch technische Berufe ergreifen. Problematisch sei aus ihre Sicht an den Vorstellungen der Liste JETZT, dass sie auf mehr Bürokratie hinauslaufen würden.

Wie Niss verwies auch Edit Mühlberghuber (FPÖ) auf den Bildungsrahmenplan, der den Forderungen nach geschlechtersensibler Pädagogik bereits ausreichend Rechnung trage. Aus ihrer Sicht ist es zudem ein grundlegendes Elternrecht, Rollenbilder zu vermitteln. Bei der Berufswahl müssten die Freude und Begabung im Vordergrund stehen, ohne dass ideologische Vorgaben ins Spiel kommen, meinte die Abgeordnete. Auch Christian Schandor (FPÖ) verwies darauf, dass schulische Erziehung keine staatliche Indoktrination in die eine oder andere Richtung bedeuten dürfe. Geschlechtersensible Erziehung werde im Bildungssystem bereits berücksichtigt. Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern bedeute zudem nicht, die Geschlechter überhaupt abzuschaffen, meinte er. (Fortsetzung Nationalrat) sox


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