Nationalrat behandelt Vorhaben der EU für die Wirtschaft 2017

Abgeordnete fordern mehr Investitionen, Maßnahmen für Jugendbeschäftigung und gut verhandelte Freihandelsverträge

Wien (PK) Über das wirtschaftspolitische Arbeitsprogramm der EU für 2017 gibt eine Jahresvorschau von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner Auskunft. Auf Verlangen der Grünen befasste sich auch das Plenum des Nationalrats mit den EU-Plänen zur Weiterentwicklung des EU-Binnenmarkts und zur Ankurbelung von Wachstum und Beschäftigung. SPÖ und ÖVP unterstrichen die Notwendigkeit gut verhandelter Freihandelsabkommen und drängten auf die Ankurbelung von Beschäftigung, insbesondere von Jugendlichen. Während die ÖVP-Abgeordneten die Verbesserung des Investitionsklimas hervorhoben, betonten die SPÖ-MandatarInnen vor allem die Forderung nach einem sozialeren Europa. Die NEOS begrüßten Freihandelsabkommen, während Grüne, Freiheitliche und Team Stronach aus jeweils unterschiedlicher Perspektive ihre Kritik an der Prioritätensetzung der EU-Kommission anbrachten. Dementsprechend stand am Ende der Debatte, wie bereits im Wirtschaftsausschuss, nur eine mehrheitliche Kenntnisnahme des Berichts.

FPÖ: Russlandsanktionen der EU schädigen Österreichs Wirtschaft

Wenig Neues fand Bernhard Themessl (F) in den EU-Vorhaben. Sie seien weitgehend eine Fortschreibung aus dem Vorjahr. Bürokratische Hindernisse für den Wirtschaftsstandort würden bleiben. Ein wesentliches Problem ortet Themessl bei den Fachkräften. Die Ursache sieht er in Fehlentwicklungen bei der Lehrlingsausbildung, die duale Ausbildung werde nicht mehr entsprechend gefördert. Er hoffe, der Trend werde sich in den nächsten Jahren umkehren. Der Abgeordnete kritisierte auch die EU-Sanktionen gegen Russland. Sie würden schweren wirtschaftlichen Schaden verursachen. Die Bundesregierung trägt seiner Meinung nach dafür eine Mitverantwortung, da sie bisher jeder Verlängerung der Sanktionen zugestimmt habe. Diese Meinung vertrat auch Christian Höbart (F). Betrachte er Österreich, so sehe er weiterhin zu viel Bürokratie und eine Regulierungswut. Der Fachkräftemangel werde durch Migration sicherlich nicht behoben, stellte er fest.

ÖVP begrüßt gutes Investitionsklima in EU und Österreich

Die Bundesregierung setze, wie die EU, auf Investitionen und Wachstum und sei damit auf dem richtigen Weg, sagte Peter Haubner (V). Der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI) habe eine beträchtliche Hebelwirkung entfaltet, und die Wirtschaftsdaten entwickelten sich erfreulich. Österreich habe eigene Investitionspakete geschnürt, die vor allem den Gemeinden und den klein- und mittelständischen Unternehmen zu Gute kommen werden. Ein weiterer wichtiger Bereich, sowohl auf nationaler wie auf EU-Ebene, ist für Haubner der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Wichtig sei es, gut reglementierte Ausbildungsgewerbe zu erhalten, die eine adäquate Ausbildung für Jugendliche bereitstellen. Dem Befund von Haubner schloss sich Angelika Winzig (V) an. Auch sie betonte die Wichtigkeit von Investitionen und verstärkter Anstrengungen für die Ausbildung von Jugendlichen. Sie unterstrich auch die Wichtigkeit von Handelsabkommen für das Exportland Österreich.

Österreichs Wirtschaft sei stark exportabhängig und brauche daher gute Handelsabkommen, sagte auch Johann Singer (V). Er begrüßte es, dass die EU bei den Verhandlungen ihre europäischen Werte einbringen wolle. Sein Parteikollege Josef Lettenbichler meinte, Europa müsse bei der Gestaltung internationaler Handelsbeziehungen selbstbewusst auftreten. Er zeigte sich erfreut, dass Österreich innerhalb der EU eine hohe Wettbewerbsfähigkeit aufweist. Lettenbichler sah darin einen Beweis der Wirksamkeit der Maßnahmen der Bundesregierung. Die Digitalisierung sei unaufhaltsam, Österreich müsse sich in diesem Bereich eng mit der EU abstimmen.

Andreas Hanger (V) widmete seinen Beitrag der Frage der Jugendbeschäftigung. Österreich stehe vor dem Problem, dass vielen Regionen die jungen Menschen fehlen. Hier brauche man einen Ausgleich durch Wanderung von Fachkräften. Er unterstütze daher die Facharbeiterinitiative der EU.

Grünen vermissen eindeutiges Bekenntnis der EU zu öffentlichen Investitionen und erneuern Kritik an Freihandelsabkommen

Aus Sicht der Grünen sind die Investitionsprogramme der EU falsch konstruiert, wie Werner Kogler (G) erklärte. Man setze sowohl auf private wie auf öffentliche Investitionen und erreiche damit nur, dass die Maßnahmen in beiden Bereichen weitgehend wirkungslos bleiben. Eine klare Prioritätensetzung für mehr öffentliche Investitionen sei notwendig. Kogler sah auch keine Anzeichen dafür, dass die Bundesregierung aus den Problemen mit CETA die richtigen Schlussfolgerungen für weitere Abkommen wie TTIP oder das Trade in Services Agreement (TiSA) gezogen hat. Die Frage der Schiedsgerichte ist für ihn weiter ungelöst und die Transparenz der Verhandlungen trotz gegenteiliger Ankündigungen nicht gegeben. Was die Russland-Sanktionen betreffe, so habe Russland unbestritten gegen das Völkerrecht gehandelt. Kogler sieht daher keine gangbaren Alternativen zu Sanktionen. Ihre Aufweichung mit wirtschaftspolitischen Argumenten sei keinesfalls akzeptabel.

Viele Menschen hätten Sorge, dass durch internationale Abkommen soziale und ökologische Standards abgesenkt werden, sagte Ruperta Lichtenecker (G). Sogar viele Unternehmen hätten Bedenken gegen die Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte, auf die das Abkommen TiSA abziele. Dabei gehe es auch um so sensible Bereiche wie Wasser und Bildung. Auch die Handelsbeziehungen müssten nachhaltig und ökologisch gestaltet werden, um global faire Verhältnisse herzustellen. Österreich müsse während seiner EU-Präsidentschaft kommendes Jahr genau diese Ziele verfolgen, forderte Lichtenecker.

SPÖ stellt Jugendbeschäftigung und soziales Europa in den Mittelpunkt

Die Frage der Russlandsanktionen brauche sorgfältige Betrachtung, hielt Christoph Matznetter (S) Abgeordnetem Kogler entgegen. Nichts anderes fordere die Bundesregierung ein. Österreich betone auch die Bedeutung öffentlicher Investitionen und setze sich damit vom bisherigen Mainstream der EU ab. Er, Matznetter, begrüße jede Maßnahme der EU, die mehr Investitionen bewirke. Die Bundesregierung habe viele Maßnahmen zur Jugendbeschäftigung gesetzt, eine gute Ausbildung für Jugendliche sei auch ein wichtiger Beitrag zur Integration der Flüchtlinge.

Neben der Sicherung der Jugendbeschäftigung forderte Cornelia Ecker (S) auch eine stärkere Förderung von Klein- und Ein-Personen-Unternehmen, etwa durch Abschaffung von Selbstbehalten bei Arztbesuchen. Die EU steckt eindeutig in einer Krise, stellte Ecker fest. Viele Probleme seien hausgemacht, ein Grundproblem sieht sie in einer Politik, die mehr auf die Interessen multinationaler Konzerne achtet als auf die Bedürfnisse der Menschen, die sich soziale Standards und Beschäftigung wünschen.

Die EU müsse klarstellen, dass soziale Grundrechte Vorrang haben, forderte auch SPÖ-Mandatar Wolfgang Katzian. Ziel sei ein soziales Europa, kein europäischer Nachtwächterstaat. Katzian betonte die Wichtigkeit von Freihandelsabkommen. Sie dürften aber nicht benützt werden, um andere Dinge durchzusetzen. Der größte Garant für Wachstum sei die Stärkung der Binnennachfrage, sagte der Abgeordnete, der sich auch größere Verbindlichkeit bei der Erfüllung der Verpflichtungen des Pariser Abkommens zur nachhaltigen Energiegewinnung wünschte.

Ungleichgewichte im Welthandel thematisierte Rainer Wimmer (S). So überflute etwa China Europa mit Billigstahl, der unter schlimmsten sozialen und ökologischen Bedingungen hergestellt werde. Die europäische Produktion müsse durch höhere Schutz- und Strafzölle davor geschützt werden. Er bedankte sich bei den Menschen, die eine entsprechende Bürgerinitiative unterstützt haben.

Walter Schopf (S) beklagte, dass österreichische Montageunternehmen oftmals von Unternehmen aus den Nachbarstaaten unterboten werden, die durch günstigere Bedingungen bei Steuern und Sozialabgaben im Heimatland einen Wettbewerbsvorteil haben. Das Problem wäre leicht zu lösen, wenn diese Unternehmen dieselben Steuern und Abgaben zu leisten hätten. Die MitarbeiterInnen des Arbeitsinspektorats spielen seiner Meinung nach eine wichtige Rolle für den fairen Wettbewerb, da sie für die Einhaltung der Kollektivverträge sorgen. Die oft überzogene Kritik an der Arbeitsinspektion weise er daher zurück, sagte Schopf.

Franz Kirchgatterer (S) unterstrich die Stärken der österreichischen Industrie und Wirtschaft und lobte das duale Ausbildungssystem. Mehr Auslandserfahrung für Lehrlinge, etwa durch das Programm Erasmus+, sei dabei von Vorteil.

NEOS: Angst vor Freihandelsabkommen ist unberechtigt

Die Kritik der Grünen an Handelsabkommen konnte Josef Schellhorn (N) nicht nachvollziehen. Die behauptete Bedrohung durch das in Verhandlung befindliche Handelsabkommen mit Japan sei nicht gegeben. Vielmehr könne Österreich davon nur profitieren, da Japan einer der wichtigsten Handelspartner der EU ist. Wichtig für die Entwicklung der EU und Österreichs seien gute Freihandelsabkommen, die Sicherung der Personenfreizügigkeit und eine Entbürokratisierung. Gerade in letzterem Punkt schiebe man leider die Verantwortung zwischen nationaler Ebene und EU hin und her, statt endlich Unternehmen zu entlasten und ihnen zu erlauben, auf einem offenen Markt zu reüssieren.

Team Stronach: EU löst ihre Versprechen nicht ein

Die Zahl der Wirtschafts- und Klimaflüchtlinge steige aufgrund eines Raubtier-Kapitalismus, meinte Leopold Steinbichler (T). Das Wirtschaftsprogramm der EU setzt aus seiner Sicht zu sehr auf große Wirtschaftsbetriebe zu Lasten der Kleinbetriebe und habe auch keine Strategie für nachhaltige Energieproduktion und den Ausstieg aus der Atomkraft.

Er zweifle daran, dass die EU in ihrem derzeitigen Zustand ihre Vorhaben umsetzen kann, meinte Rupert Doppler (o.F.). Ihm zufolge müsse sie Investitionen anzukurbeln und mehr gegen Fachkräftemangel und Jugendarbeitslosigkeit unternehmen. (Fortsetzung Nationalrat) sox

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