Nationalrat: Arbeitsmarktpolitische Forderungen der Opposition gehen ins Leere

Anträge zu „Beschäftigungsaktion 20.000“, „Beschäftigungsgarantie 50+“ und „Lehre für AsylwerberInnen in Mangelberufen“ abgelehnt

Wien (PK) Die Entscheidung der Regierung vom 12. September 2018, AsylwerberInnen künftig keine Lehre mehr in Mangelberufen zu ermöglichen, und solche Lehrlinge des Landes zu verweisen, deren Asylantrag abgelehnt wird, beschäftigte heute das Parlament. In einem gemeinsamen Entschließungsantrag (340/A(E)) forderten alle Oppositionsparteien die Regierung auf, ihre Entscheidung vom 12. September 2018 wieder zurückzunehmen.

Im Mittelpunkt standen auch über 50-jährige Langzeitarbeitslose. Für sie hatte die Vorgängerregierung Mitte 2017 die „Beschäftigungsaktion 20.000“ ins Leben gerufen. Die neue Bundesregierung hat sie abgeschafft. Jetzt fordert (215/A(E)) die SPÖ, sie wieder einzuführen. Des Weiteren verlangten (6/A) die Sozialdemokraten eine gesetzliche Beschäftigungsgarantie für über 50-jährige Menschen. Sowohl der Antrag für junge AsylwerberInnen als auch die Anträge für über 50-jährige Langzeitarbeitslose wurden mehrheitlich abgelehnt.

AsylwerberInnen in Mangellehrberufen

Ein gemeinsamer Antrag der drei Oppositionsparteien mit dem Titel „Lehrlinge – Integration vor Zuzug“ zielt darauf ab, AsylwerberInnen wieder die Absolvierung einer Lehre in bestimmten Branchen mit Fachkräftemangel zu erlauben. Derzeit stehen 27 Berufe auf einer „Liste von Mangelberufen“. Außerdem soll den Betroffenen nach Ablegung der Lehrabschlussprüfung – unter denselben Kriterien wie qualifizierten Arbeitskräften aus Drittstaaten – der Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte vom Inland aus eröffnet werden. Zudem sollten AsylwerberInnen, die während ihrer Lehre einen negativen Bescheid erhalten, bis zum Abschluss einer Lehre in einem Mangelberuf im Land bleiben können. Derzeit befinden sich über 1.000 junge AsylwerberInnen in einer solchen Lehre.

Liste-PILZ-Abgeordnete Alma Zadić wies darauf hin, dass „Ernst & Young“ den Fachkräftemangel kürzlich als die „größte Bedrohung für die Wirtschaft in Österreich“ bezeichnet hätte. Sie warf der Bundesregierung auf diesem Gebiet Untätigkeit vor. Statt Maßnahmen zu setzen, wie den Mindestlohn für Mangellehrberufe anzuheben, schaffe die Regierung die Möglichkeit für AsylwerberInnen ab, Lehrstellen in diesen Sparten anzunehmen. SPÖ-Abgeordneter Josef Muchitsch bezeichnete das als „wirtschaftliche Katastrophe“. „Wir könnten mit dieser Maßnahme aus Leistungsempfängern Beitragszahler machen“, sagte er. Sein Klubkollege Alois Stöger hielt der Bundesregierung vor, stattdessen Arbeitskräfte aus Drittstaaten zu holen und ihnen die Rot-Weiß-Rot-Karte zuzugestehen. Das sei „kontraproduktiv und schadet dem Land“, betonte Stöger.

Hannes Amesbauer von der FPÖ entgegnete dem, es sei fiskalpolitisch klüger, statt AsylwerberInnen etwas vorzugaukeln, die bereits Asyl-Berechtigten in diese Jobs zu holen und sie damit von der Mindestsicherung wegzubekommen. Dazu meldete sich auch Sozialministerin Beate Hartinger-Klein zu Wort und betonte: „Wir haben 31.000 arbeitslose Asylberechtigte und müssen erst diese beschäftigen, qualifizieren und integrieren, bevor wir das bei Asylwerbenden machen.“ Das sei laut Amesbauer fair den AsylwerberInnen gegenüber und fair den Unternehmen gegenüber, die ansonsten Geld in die Ausbildung von AsylwerberInnen investierten und keine bleibenden Arbeitskräfte hätten. Der freie Abgeordnete Efgani Dönmez sagte in Bezug auf die bereits in der Lehre befindlichen Asylwerber, es sei nichts dabei, wenn diese trotz abgelehnten Asylantrags die Ausbildung nun beenden könnten. FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch unterstrich, die Maßnahme sei nicht mehr tragbar, weil sich Missbrauch daraus entwickelt habe – „nicht nur, dass die Zahl der Asylwerberinnen und Asylwerber explodiert, die sich zu Lehrlingen entwickeln wollen – auch die NGOs werden plötzlich Lehrherren“, berichtete die FPÖ-Abgeordnete.

Peter Wurm: 65 Prozent beginnen Lehre erst nach erstinstanzlich abgelehntem Bescheid

FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm hob hervor, dass 65 Prozent der 1.000 AsylwerberInnen in Mangellehrberufen die Lehre erst aufgenommen hätten, nachdem sie in erster Instanz einen abweisenden Asylbescheid erhalten hatten. Daraufhin entbrannte eine hitzige Diskussion mit den NEOS-Abgeordneten Josef Schellhorn und Stephanie Krisper, denn Letztere hatte in einer schriftlichen Anfrage mit genau dieser Frage an Innenminister Herbert Kickl die Antwort erhalten, es gebe diese Zahlen nicht. Dagmar Belakowitsch entgegnete dem Vorwurf, zum Zeitpunkt der Anfrage hätte es diese Zahlen noch nicht gegeben.

Während die FPÖ-Abgeordneten Wurm, Amesbauer und Belakowitsch betonten, sie würden mit der Abschaffung der Aktion der illegalen Zuwanderung entgegenwirken, verwehrten sich der NEOS-Abgeordnete Schellhorn und die SPÖ-Vertreter Stöger und Muchitsch dagegen, diese Themen zu vermischen. Es handle sich um AsylwerberInnen, die angaben, Schutz zu suchen, und nicht um illegal aufhältige Personen. Schellhorn sagte zudem, die Aktion sei ein wesentlicher Mosaikstein, dem Mangel in bestimmten Branchen zu begegnen.

In einer namentlichen Abstimmung wurde der Antrag der Opposition mit 107 zu 64 Stimmen abgelehnt.

Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen für über 50-jährige Arbeitslose

Die SozialdemokratInnen verlangten unter dem Titel „Beschäftigungsgarantie 50+“, rund eine Milliarde Euro jährlich für die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, um die Zahl der Arbeitslosen bei den über 50-Jährigen zu senken. Sie brachten zwei Anträge ein: Ihr Antrag zur Änderung des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes (AMPFG) zielte darauf ab, rund 40.000 Menschen in geförderte Beschäftigungsverhältnisse und Unterstützungsangebote einzubeziehen. Damit sollten Beschäftigungsmöglichkeiten sowohl im gemeinwohlorientierten Sektor als auch im marktorientierten Sektor geschaffen werden. Zudem sollte mehr Geld für die verstärkte Förderung von Ausbildungsmaßnahmen aufgewendet werden. Die Antragsteller wiesen darauf hin, dass sich die Zahl der im Jahresdurchschnitt als arbeitslos vorgemerkten Menschen ab 50 zwischen 2008 und 2016 von 44.000 auf 100.000 mehr als verdoppelt habe. Fast jede/r zweite beim AMS vorgemerkte über 50-Jährige ist länger als ein Jahr arbeitslos. Eine oder ein Arbeitsloser über 50 kostet das AMS durchschnittlich 17.000 Euro pro Jahr.

In ihrem zweiten Antrag forderte die SPÖ die Fortführung der „Beschäftigungsaktion 20.000“ für ältere Langzeitarbeitslose. Diese war im Juli 2017 ins Leben gerufen worden. Im zweiten Halbjahr 2017 waren elf Pilotprojekte gestartet worden. Dabei waren sowohl im gemeinwohlorientierten Bereich als auch in Gemeinden Arbeitsplätze für über 50-Jährige geschaffen worden. Insgesamt 4.400 Menschen hatten laut SPÖ dabei nach über einem Jahr Abwesenheit vom Arbeitsmarkt wieder Arbeit erhalten. Die Langzeitarbeitslosigkeit in den betroffenen Gebieten war um bis zu 45 Prozent gesunken. Mit Anfang 2018 hätte die Aktion auf ganz Österreich ausgedehnt werden sollen; stattdessen wurde sie laut SPÖ von der neuen Bundesregierung Anfang 2018 abgeschafft.

„Aktion 20.000“ nicht abgeschafft, nur ausgesetzt und wird evaluiert

Dem widersprachen die FPÖ-Abgeordneten Hannes Amesbauer, Michaela Schartel und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein. „Die Maßnahme ist nur ausgesetzt und wird bis Mitte des Jahres evaluiert“, betonte die FPÖ-Ministerin und richtet sich damit an die Liste-PILZ-Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, die verlangt hatte, die Evaluierung der „Aktion 20.000“ nicht unter Verschluss zu halten. Während die Opposition diese Aktion lobte, hielten ihr VertreterInnen der Regierungsparteien einiges dagegen: SPÖ-Abgeordnete Selma Yildrim berichtete von 33 Langzeitarbeitslosen über 50, die mit der Stadt Innsbruck einen Arbeitgeber gefunden hätten. 90 Prozent von ihnen hätten sich als MitarbeiterInnen im Finanzwesen, im Gartenamt und im Wohnungsservice bewährt. Im öffentlichen Dienst sei in den letzten Jahren massiv eingespart worden, sodass es teilweise nicht mehr möglich sei, die Aufgaben zu erfüllen. Daher leisteten nach Yildrim die über 50-jährigen Langzeitarbeitslosen dort einen wertvollen Beitrag.

„Scheinarbeitsmarkt“ mit „künstlichen Arbeitsplätzen“?

ÖVP-Abgeordnete Tanja Graf hingegen sprach von einem „Scheinarbeitsmarkt“. Die Betonung öffentlicher Rechtsträger als Arbeitgeber durch den damaligen Sozialminister Alois Stöger von der SPÖ habe in eine Sackgasse geführt. Auch ihr Fraktionskollege Klaus Fürlinger betonte, nicht der Staat schaffe Arbeitsplätze, sondern private Unternehmen. Hannes Amesberger von der FPÖ sprach von „künstlichen Arbeitsplätzen“. Seine Parteikollegin Michaela Schartel hob hervor, dass die Adressierung des falschen Arbeitgeber-Kreises, nämlich der öffentlichen Hand, auch den Betroffenen gegenüber nicht fair sei. „Wie erklären Sie dann, dass jemand nach zwei Jahren Arbeit in einer gemeinnützigen Stelle, dass sie oder er wieder arbeitslos wird?“ Schartel sagte, die Regierung würde stattdessen auf andere Maßnahmen setzen.

Genau diese aber vermissten Markus Vogl von der SPÖ und Daniela Holzinger-Vogtenhuber von der Liste PILZ. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein entgegnete, die Regierung sei sehr wohl aktiv. Sie wies auf den „Job-Gipfel“ hin sowie auf die Aktion „Job aktiv“. Sowohl der Antrag auf Fortsetzung der „Beschäftigungsaktion 20.000“ als auch die beantragte Änderung im Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz zur „Beschäftigungsgarantie 50+“ wurden mehrheitlich abgelehnt. (Fortsetzung Nationalratssitzung) gb

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