Menschenrechtsausschuss einig: Schutzzonen und humanitäre Korridore für Flüchtlinge errichten

Würdevolle Darstellung von Menschen mit Behinderung, Abdullah Zentrum bleibt, UN-Kinderrechtskonvention nicht in Verfassung verankert

Wien (PK) Nach einer aktuellen Aussprache mit Bundesminister Thomas Drozda standen heute etliche Anträge auf der Tagesordnung des Menschenrechtsausschusses. Einstimmig angenommen wurden Initiativen zur Darstellung von Menschen mit Behinderungen in den österreichischen Medien und der Einrichtung humanitärer Korridore und Schutzzonen im Kampf gegen den IS und zum Schutz von Flüchtlingen.

Die Anträge der NEOS zur Verankerung der UN-Kinderrechtskonvention in die Verfassung und der Ratifikation des 3. Fakultativprotokolls zur UN-Kinderrechtskonvention wurden vertagt. Genauso wie die Anträge der Grünen zur Vorlage des Nationalen Aktionsplans für Menschenrechte und der Aufkündigung des Vertrags mit dem König Abdullah Zentrum (KAICIID) in Wien. In der aktuellen Legislaturperiode ist keine weitere Sitzung des Menschenrechtsausschuss vorgesehen.

Einhellige Meinung: IS-Verbrechen als Völkermord erklären, Waffenlieferungen unterbinden

SPÖ und ÖVP riefen in einem Entschließungsantrag (1808/A(E)) dazu auf die Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) gegen Christen, Jesiden und andere religiöse und ethnische Minderheiten als Völkermord einzustufen. Die Fraktionen unterstützen damit eine Resolution des Europäischen Parlaments an den UN-Sicherheitsrat im Februar 2016. Außerdem forderten sie die Bundesregierung in ihrem Antrag dazu auf, sich bilateral, auf europäischer und internationaler Ebene dafür einzusetzen, dass sich Syrien und der Irak dem Internationalen Strafgerichtshof unterwirft. Die Einrichtung humanitäre Korridore beziehungsweise Schutzzonen durch die UNO, in denen Flüchtende vor dem IS-Terror Sicherheit und Zukunftsperspektiven finden können, soll ebenfalls angestrebt werden.

Menschenrechte sind unteilbar und gelten für alle, bekräftigte Franz Kirchgatterer (S) den Antrag im Ausschuss. Aufgrund eines Formalfehlers habe sich die Einbringung des Antrags verzögert, was er und Anneliese Kitzmüller (F) bedauerten. Für die FPÖ ist es zudem wichtig, besonders Christen zu schützen, die christliche Kirche in Österreich und Europa sei hier aufgefordert vorbildhaft einzuwirken und zu assistieren.

Den Fokus auf humanitäre Korridore und Schutzzonen zu legen, ist auch der ÖVP ein Anliegen. Vor allem geographisch betrachtet müsse geklärt werden, wie Betroffene bestmöglich geschützt werden können. Zudem übte Elisabeth Pfurtscheller (V) Kritik an der Wortmeldung von FPÖ-Abgeordneter Kitzmüller. Ähnlich auch Nikolaus Scherak (N), der die Differenzierung nach Konfessionen bei der Flucht als nicht zielführend einstufte. Neben der Befürwortung der Einrichtung der angesprochenen Schutzzonen, äußerte er sich allerdings kritisch hinsichtlich grundsätzlicher institutioneller Probleme, die er etwa beim UN-Sicherheitsrat ortet. Er unterstrich die Idee einer europäischen Armee, bei der Ressourcen besser eingesetzt werden könnten.

Zum Thema Waffenexporte und -lieferungen berichtete Harry Buchmayr (S), dass er auf EU-Ebene zurückhaltende Reaktionen erhalten habe. Dies sei allerdings unverantwortlich angesichts des menschlichen Leids; Der Einsatz von europäischer Seite für die Menschen vor Ort ist notwendig.

Auch Alev Korun (G) und Christoph Hagen (T) betonten die Dringlichkeit der Umsetzung von Schutzzonen, Korun wünschte sich allerdings eine Spezifikation der Definition von humanitären Korridoren. Es brauche zudem legale Fluchtwege, nur so könne man das Geschäft der Schlepper unterbinden. Die Grünen befürworteten ein allgemeines Verbot von Waffenlieferungen in kriegsführenden Staaten. Zu bedenken gab Berivan Aslan (G), dass der IS keine homogene Gruppe sei. Sie sagte, dass die Länder, die den IS unterstützen und dazu beitragen, dass Menschen – vor allem Frauen – vergewaltigt und versklavt werden, und dieses menschliche Leid zuließen und lassen zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Die Länder hinter dem IS seien in erster Linie Saudi-Arabien, Katar und die Türkei.

NEOS halten Kinderrechte hoch

Die Rechte von Kindern in Österreich wurden im Ausschuss ebenfalls thematisiert. Basis waren zwei Entschließungsanträge der NEOS, in denen sie einerseits eine vollständige Verankerung der UN-Kinderrechtskonvention in der Verfassung wollen (214/A(E)), die bisherige verfassungsrechtliche Verankerung von Kinderrechten greife ihnen nämlich zu kurz. Die eingeräumten Rechte in der UN-Kinderrechtskonvention setze das jetzige Bundesverfassungsgesetz nur zu Teilen und unvollständig um. Nachholbedarf gebe es mitunter in den Bereichen Bildung, Gesundheit, auch aber beim Recht auf Schutz vor jeglicher Form von Diskriminierung oder auf soziale Sicherheit, beklagte der Antragssteller Nikolaus Scherak (N).

Andererseits plädierten die NEOS auch für das 3. Fakultativprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention (215/A(E)). Das würde bei Verletzungen von Kinderrechten nach Erschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs die Möglichkeit der Individualbeschwerde an einen unabhängigen UN-Ausschuss bedeuten. Um Kinder gegenüber dem Staat als Rechtsträger zu stärken, fordern die NEOS die Ratifikation dieses 3. Fakultativprotokolls nun auch in Österreich.

Die innerstaatliche Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention sei nicht gänzlich erfolgt, leitete Scherak ein, die Individualbeschwerdemöglichkeit werde nicht zugelassen. Das derzeitige Monitoring sei ihm zu wenig. Die Grünen und das Team Stronachs befürworten die Initiative für Kinder etwa hinsichtlich der Armutsbekämpfung und dem Schutz vor Diskriminierung, unterstrichen Korun, Aslan (beide G) und Hagen (T).

Harry Buchmayr (S) brachte einen Vertagungsantrag ein, der mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP angenommen wurde. Es sei üblich völkerrechtliche Vereinbarungen nicht auch im nationalen Recht zu verankern, weshalb er den Vorstoß der NEOS als nicht sinnvoll erachtete.

Und auch die Ratifikation des 3. Fakultativprotokolls der UN-Kinderrechtskonvention wurde mit den Stimmen der Regierungsfraktionen vertagt. Elisabeth Pfurtscheller (V) begründete dies mit der aktuell geringen Zahl an Beschwerden, die das Außenministerium gerade einer Prüfung unterziehe. Auf diese Unterlagen wolle man warten.

Grüne bestehen auf Diskussion des Nationalen Aktionsplan für Menschenrechte

Ein Nationaler Aktionsplan für Menschenrechte ist Teil der Agenda der Bundesregierung. Vor dessen Beschluss wollen die Grünen die darin enthaltenen Vorhaben und Maßnahmen dem Parlament vorgelegt sehen und im Menschenrechtsausschuss diskutieren, was sie in einem Antrag (1054/A(E)) forderten. Dieser wurden mit S-V-Mehrheit vertagt.

Auch die FPÖ und das Team Stronach erhofften sich die Vorlage dieses Aktionsplans noch vor Ende der Legislaturperiode, so Anneliese Kitzmüller (F) und Christoph Hagen (T).

Bundesminister Thomas Drozda erläuterte, dass der Entwurf vorliege, diesbezügliche Arbeitssitzungen allerdings noch ausstehen. Eine Beschlussfassung vor der nächsten Nationalratswahl erachtete er als unwahrscheinlich. SPÖ-Mandatar Harald Troch hielt fest, dass bereits 2014 und 2015 Gespräche zwischen Bundeskanzleramt, Außenministerium, Volksanwaltschaft und Zivilgesellschaft stattgefunden, politische Widerstände auf Seite der ÖVP einen Beschluss allerdings verzögert hätten. Gerade hinsichtlich des sogenannten Levelling-Ups, das die gesetzliche Hinführung beziehungsweise den Angleich von Gesetzen für Homo- wie Heterosexuelle beinhaltet, sei vom Koalitionspartner blockiert worden.

Die Ansichten der ÖVP und SPÖ hinsichtlich Diskriminierung, sexueller Orientierung und dem Freiheitsgedanke gehen auseinander, so Georg Vetter (V). Die angedachten Regelungen würden von der Volkspartei abgelehnt, auch aufgrund einer Einschränkung der persönlichen (Entscheidungs-)Freiheit im privatrechtlichen Bereich. Unterstützung bekam die ÖVP von den NEOS, bekräftigte auch Nikolaus Scherak, dass das Levelling-Up ein Problem darstelle. Die Ausweitung des Diskriminierungsschutzes dringe zu weit ins Private vor.

Eine Bevölkerung sei weiter als die ÖVP, sagte Alev Korun (G). Sie stellte fest, dass etwa 80% der ÖsterreicherInnen für die Abschaffung des Heiratsverbots für gleichgeschlechtliche Paare seien.

König Abdullah Zentrum bleibt bestehen

Mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt wurde die Forderung der Grünen, vom Übereinkommen zur Errichtung des König Abdullah Zentrums (KAICIID) zurückzutreten sowie das entsprechende Amtssitzabkommen aufzukündigen (871/A(E)). Auch der weltweit für scharfe Kritik sorgende Fall des Bloggers Raif Badawi, der sich in Saudi-Arabien bereits fünf Jahre in Haft befindet und zudem zu 1000 Peitschenhieben verurteilt wurde, zeige, dass die Präambel des Übereinkommens für einen interreligiösen und -kulturellen Dialog und dahingehende Ziele und Prinzipien des Zentrums und auch allgemeine Menschenrechte vom Vertragspartner verletzt werden, womit auch die Grundlage des Zentrums hinfällig sei. Geht es nach Alev Korun, habe sich die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien seit Bestehen des Zentrums sogar verschlimmert.

Der Freiheitliche Wolfgang Klinger äußerte sich ebenfalls kritisch zum Zentrum. Kulturförderung oder Zusammenarbeit zu betreiben, trotz der gültigen Scharia-Gesetze und etwa der Todesstrafe für Homosexuelle sei für ihn nicht nachvollziehbar.

Friedrich Ofenauer (V) stimmte zu, dass die Strukturen und Arbeitsweisen Mängel aufweisen und Adaptionen nötig seien. Solche Neuerungen und oder eine Schließung des KAICIID würde bedeuten, dass Österreich sich nicht an internationale Verträge hält, gab er zu bedenken.

Klischeelose und würdige Darstellung von Menschen mit Behinderung in den Medien

In einem Entschließungsantrag (2167/A(E)) machten Franz Kirchgatterer (S) und Elisabeth Pfurtscheller (V) den Nationalen Aktionsplanung 2012-2020 zum Thema und forderten die Umsetzung der darin enthaltenen Maßnahmen. Die mediale Darstellung von Menschen mit Behinderung liegt dabei besonders im Fokus. Laut Aktionsplan soll ihr Leben in all seinen Aspekten sachlich und ausgewogen dargestellt werden. Diskriminierende Begriffe wie „leidend“, „an den Rollstuhl gefesselt“ oder „taubstumm“ sollen vermieden werden. Weitere Maßnahmen im Aktionsplan sind unter anderem die schrittweise Erhöhung von barrierefrei zugänglichen ORF-Sendungen sowie Filmförderungen über und von Menschen mit Behinderung. Die Evaluierung dieser Maßnahmen erwarten sich nicht nur die beiden Abgeordneten, sondern auch Bundesminister Drozda betonte, dass er vor allem beim ORF und der Einhaltung der vorgegebenen Quoten genau hinsehen werde. Ein Unternehmen dieser Dimension müsse auch Quoten einhalten, wenn nicht, könne man mit einer Gesetzesnovelle reagieren.

Eine Sensibilisierung auf beiden Seiten sei nötig, um der derzeitigen Verunsicherung entgegenzuwirken, erklärte ÖVP-Mandatar Franz-Joseph Huainigg. Deshalb sei eine Sensibilisierung wichtig. Dass es bis auf wenige Ausnahmen keine Redakteure beim ORF gebe, die eine Behinderung haben, sei für ihn nicht nachvollziehbar. Man müsse neue Berufsbilder öffnen und auch bei Aufnahmeverfahren Menschen mit Behinderung die Möglichkeit geben, sich und die eigenen Fähigkeiten zu präsentieren.

Die Sensiblisierung von JournalistInnen und verpflichtende Schulungen hält auch Helene Jarmer (G) für notwendig. Bei der Höhe der Rundfunkgebühr für Menschen mit Behinderung oder auch der verpflichtenden Untertitelung gebe es noch einigen Aufholbedarf. So ist der ORF zur Untertitelung verpflichtet, Privatsender allerdings nicht, die Einblendung von Gebärdendolmetschung wird nur empfohlen, so Jarmer. Auf EU-Ebene werden bereits audiovisuelle Standards angedacht, informierte die Behindertensprecherin der Grünen. Menschen mit Behinderungen sollten sichtbar sein, ModeratorInnen mit Behinderung oder behinderte Menschen im ORF-Publikumsrat wären wichtig und würden zur Sichtbarkeit beitragen. Die Bundesregierung sollte vor allem im Bereich der Bewusstseinsbildung tätig werden, betonte auch Ulrike Königsberger-Ludwig (S).

Philipp Schrangl (F) und Christoph Hagen (T) waren sich einig, dass dieser Vorstoß eine vernünftige Grundlage für die notwendige Sensibilisierung bilde, wenngleich sie von Vorschriften in diesem Feld weniger halten als von Aufklärung. Die Umsetzung und Evaluierung sollen im Fokus stehen. Diesbezüglich merkte Bundesminister Drozda an, dass Ende Mai eine Studie zu diesem Thema präsentiert werde, dabei werde er seine Erwartungen – auch gegenüber dem ORF – eindeutig formulieren. (Schluss Menschenrechtsausschuss) wat

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