Leitartikel „Schlag nach bei Weingartner“ vom 8. Juni 2021 von Peter Nindler

Innsbruck (OTS) Vor 30 Jahren hat der ehemalige Tiroler ÖVP-Obmann Wendelin Weingartner mit seinen Nachdenkpausen politischen Mut bewiesen. Diesen benötigt auch Schwarz-Grün, wenn der Perspektivenwechsel ernst gemeint ist und gelingen soll.

Von Peter Nindler
Die Politik darf sich nicht hinter dem von ihr selbst forcierten Perspektivenwechsel in Tirol verstecken. Das wäre zu einfach und eine Augenauswischerei. Da benötigt es schon schwarz-grünen Mut, nicht Schlagwörter. Wie im Fußball. Man muss dahin gehen, wo es weh tut. Vor 30 Jahren hat der damalige ÖVP-Obmann und spätere Landeshauptmann Wendelin Weingartner dem Tourismus eine Nachdenkpause verordnet und den Richtungswechsel schließlich in Skigebietsgrenzen oder einem Golfplatzkonzept gesetzlich verankert. Über Bettenstopps wurde intensiv diskutiert, die „Jahrhundertgesetze“ Raumordnung und Grundverkehr waren ebenfalls Ausfluss eines intensiven Nachdenkprozesses über Tirol. Den Weingartner dann selbst mit der Erschließung der Wilden Krimml jäh beendet hat.
Sündenfall oder Weiterentwicklung des Landes? Worüber sich damals Landespolitik und Umweltinitiativen vortrefflich gestritten haben, ist nach wie vor eine Kernfrage in der Landesentwicklung. Was geht noch und was nicht? Museum oder nachhaltige Modernisierung auf Höhe der Zeit? Mit seiner Nachdenkpause überwand Weingartner zuvor die Parteigrenzen, schlussendlich musste dennoch die Volkspartei die Entscheidung treffen. Wie immer eine Zerreißprobe, weil Tourismus und Wirtschaft eng mit der seit 1945 dominanten und jahrzehntelang mit absoluter Mehrheit regierenden ÖVP verbunden sind.
Und heute? Die Lebensraumholding bereitet das Feld auf, die kritischen Geister sollten sich allerdings nicht nur auf die in der Koalition mitregierenden Grünen beschränken. Eine verengte Auseinandersetzung über Tirol bringt das Land nämlich keinen Schritt weiter. Die Lebensraumholding mit Agrarmarketing, Standortagentur und Tirol Werbung kann politische Entscheidungen nicht ersetzen. Wie stellt sich also Schwarz-Grün im Allgemeinen und Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) im Speziellen Tirol 2030 vor? Das ist eine zutiefst politische Weichenstellung, die Regierung wird die Antwort darauf geben müssen. Wie seinerzeit Wendelin Weingartner.
Zugleich bietet sich den Grünen die Chance, nach acht Jahren in der schwarz-grünen Landesregierung ihr Profil vor der Landtagswahl 2023 zu schärfen. Beim Nachhaltigkeits-Kompass (Klimaschutzstrategie) musste Umweltreferentin LHStv. Ingrid Felipe (Grüne) nach dem ursprünglichen Entwurf ohnehin zu viele Kompromisse eingehen. Der Perspektivenwechsel benötigt hingegen klare politische Leitplanken, ansonsten ist er alles und nichts. Ein „Hub“ (Netzwerk) in einer Luftblase, ein Fernglas mit unscharfer politischer Brennweite.

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