Leitartikel „EuGH schiebt Populisten Riegel vor“ vom 19.06.2019 von Gabriele Starck

Innsbruck (OTS) Die Bayern-Partei CSU ist mit ihren Mautplänen kolossal gescheitert. Österreich sollte jedoch nicht Schadenfreude empfinden, sondern erleichtert sein. Der Europäische Gerichtshof hat die EU und die europäische Integration beschützt.

Österreich mag jubeln. Es hat gegen den scheinbar übermächtigen Nachbarn im Norden Recht be- und erhalten. Die deutsche Pkw-Maut ist – nun höchstgerichtlich abgesegnet– eine reine Ausländer-Maut. Die Präpotenz der CSU, die in Person ihrer jeweiligen Verkehrsminister die so genannte Infrastrukturabgabe in dieser Form um jeden Preis vorantrieb, muss nun der deutsche Steuerzahler ausbaden: Viele Millionen sind für Beratung und Planung draufgegangen, weitere Millionenkosten drohen, wenn die beiden bereits beauftragten Unternehmen ihre Anfangsinvestitionen und den Verdienstentgang einfordern sollten. Die anderen Parteien, sogar die Regierungspartner CDU und SPD, haben das vorhergesehen und immer wieder gewarnt – vergeblich.
Dabei kann gegen eine deutsche Infrastrukturabgabe, sollte sie diesen Namen verdienen, aus österreichischer Sicht nichts einzuwenden sein. Sie muss nur benutzer- und nicht ausschließlich ausländerfinanziert sein. Selbstverständlich ist es legitim, von Österreichs AutofahrerInnen Geld dafür zu verlangen, wenn sie die deutsche Autobahn nutzen. Auch oder gerade dann, wenn sie sie nutzen müssen, um auf einem hochrangigen Straßennetz in den Osten bzw. Westen Österreichs zu kommen. Obwohl Deutschland das vom EuGH gestern abgeschmetterte Maut-Modell mit einigen Kniffen in ein europarechtskonformes abändern könnte – das im Land der Autobauer leidige Thema Pkw-Maut dürfte fürs Erste vom Tisch sein.
Das gestrige EuGH-Urteil war aber nicht nur eine Ohrfeige und Blamage für die CSU, sondern vor allem ein großer Tag für die Europäische Union. Denn die Richter haben klargestellt, dass an den Grundprinzipien der Union nicht zu rütteln ist: Es darf keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit geben, und der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr muss gewährleistet bleiben. All dies wird im Urteil sehr klar formuliert.
Damit bremsten sie zugleich die Phantasie so mancher Politiker ein, die sich schon ausgemalt hatten, wie sie die Bürger anderer EU-Länder zur Kasse gebeten hätten, ohne die eigenen zu belasten. Das deutsche Modell – alle zahlen eine Abgabe, der Inländer erhält sie über eine Steuersenkung zurück – hätte eine Lawine von Ausländer-Abzock-Maßnahmen ausgelöst. Ein unbezahlbares Geschenk für alle Populisten und Nationalisten und der Anfang vom Ende des europäischen Gedankens. Das ist ein Grund zu großer Freude.

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