Leitartikel „Das grüne Mäntelchen bleibt löchrig“ vom 29.07.2019 von Peter Nindler

Innsbruck (OTS) Der Verkehr bleibt der Klimasünder schlechthin, doch die Politik scheut sich bisher, am Steuerrad beim Diesel zu drehen. Das ist unglaubwürdig und entlarvt die Doppelbödigkeit in der österreichischen Klimapolitik.

Von Peter Nindler

Wenn es noch einen Beweis benötigt hätte, das Umweltbundesamt liefert ihn: Der Verkehr, Hauptverursacher für Kohlenstoffdioxid (CO2), schreibt weiter Zuwächse, während die Treibhausgase erstmals wieder zurückgehen. Das verwundert nicht, steckt ja gerade Tirol massiv im Stau; was die Transitbelas­tung sowie den Individualverkehr Richtung Süden betrifft. Und egal, welche Bundesregierung zuletzt im Amt war – ÖVP, SPÖ und FPÖ hatten bisher kein Interesse daran, steuerliche Vorteile beim Treibstoff zu beenden, um Anreize und die Schadstoffbelastung zu minimieren. Das Dieselprivileg wurde nicht angetastet. Ex-Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) schlug sogar vor, die höhere Benzinsteuer auf das Niveau von Diesel anzupassen. Zugleich trat der ehemalige FPÖ-Verkehrsminister Norbert Hofer noch aufs Gas: Tempo 140 wurde als Modellversuch auf Autobahnabschnitten eingeführt. Bei Kohlendioxid und Stickoxiden gibt es nach jüngsten Untersuchungen lediglich marginale Zunahmen um ein bis zwei Prozent, frohlockt dieser Tage die Autobahngesellschaft Asfinag. Diese Interpretation passt ins Bild einer doppelbödigen Umweltpolitik. Aber: Die Schadstoffbelastung im Verkehr soll nicht steigen, sondern endlich sinken.
Solange sich die Klimapolitik nicht aus den Fängen von Einzelinteressen befreit, bleibt sie jedenfalls unglaubwürdig. Da können noch so viele Strategien vorgelegt werden, das grüne Mäntelchen ist löchrig. Der um 8,5 Cent niedriger besteuerte Diesel löst schlussendlich eine Kettenreaktion bis zum Tiroler Transitproblem aus: Zwei Drittel des Dieselverbrauchs entfallen nämlich auf Transportfahrzeuge (Lkw), wiederum die Hälfte davon muss dem Tanktourismus zugerechnet werden. Dass sich deshalb an der wichtigsten österreichischen Transitachse, der Inntal- und Brennerautobahn, dreizehn Billig-Dieseltankstellen angesiedelt haben, leuchtet marktwirtschaftlich ein. Die Belastung schluckt die Bevölkerung mit jährlich 300.000 Transitfahrten durch Tirol wegen der günstigen Treibstoffpreise.
Fahrverbote für bahntaugliche Güter und höhere Lkw-Mauten sind ein Teil einer ökologischen Verlagerungspolitik. Zur Kos­tenwahrheit gehört allerdings auch, dass endlich dem Billig-Diesel abgeschworen wird. Solange diese Wahrheit politisch verschleiert und ignoriert wird, werden sich die Klimabilanzen im Verkehr nicht verbessern. Und für Tirols LH Günther Platter bleibt es eine Achillesferse in den Verhandlungen über eine Lkw-Entlas­tung am Brenner.

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