Leitartikel „Blind für Frieden in der Spirale der Gewalt“ vom 18. Mai 2021 von Christian Jentsch

Innsbruck (OTS) Und wieder eskaliert der Konflikt in Nahost. Israel hat das Recht auf Selbstverteidigung. Doch das Zu-Grabe-Tragen des Friedensprozesses wird den Konflikt immer wieder neu aufschaukeln. Die Spirale der Gewalt wird sich weiterdrehen.

Von Christian Jentsch
Und wieder fliegen die Raketen, und wieder heulen die Sirenen, und wieder sind die Verheerungen gewaltig, und wieder mussten bereits über 200 Menschen sterben. Darunter Dutzende Kinder, die von beiden Seiten als Kollateralschäden verbucht werden. Die militärischen Auseinandersetzungen zwischen der im Gazastreifen herrschenden Hamas und Israel sind blutige Routine. Beim letzten großen Konflikt, dem Gaza-Krieg im Sommer 2014, starben Tausende Palästinenser, auch auf israelischer Seite starben Zivilisten und Soldaten. Es gab zahlreiche Vorwürfe wegen Kriegsverbrechen. Und eines steht fest: Auch wenn die aktuelle Konfrontation zu Ende geht, wird es keinen Sieger geben. Auch wenn Israels Militär die Führungsriege der Hamas ausschalten sollte, wird der Konflikt weitergehen. Der Zorn wird sich wieder entladen, der Hass sich wieder Bahn brechen. Es wird wieder Tote geben. Und: Für die rund zwei Millionen Einwohner im Gazastreifen gibt es kein Entrinnen aus dem Elend. Gefangen in der Spirale der Gewalt ist der Blick für den Frieden, für ein Miteinander völlig abhandengekommen. Auch die Internationale Gemeinschaft steckt den Kopf in den Sand. Und das obwohl ein eskalierender Nahost-Konflikt das Potenzial hat, die ganze Region ins Chaos zu stürzen. Dass der Dauerkonflikt Nährboden für weiteren Extremismus ist, dürfte klar sein.
Die sich in den vergangenen Wochen zuspitzenden Auseinandersetzungen zwischen israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern in Ostjerusalem nützte die Hamas im Gazastreifen, um einen Raketenhagel auf Israel zu starten. Mit den bewusst in Kauf genommenen, verheerenden Folgen. Israel hat das Recht, sich zu verteidigen. Und angesichts der historischen Verantwortung Österreichs für die Shoah, die Ermordung von sechs Millionen Juden durch die Nationalsozialisten und deren Kollaborateure, muss die Sicherheit Israels Staatsräson sein. Doch die Solidarität mit Israel heißt nicht, die Politik der israelischen Regierung von Premier Benjamin Netanjahu blind zu unterstützen. Der Nahost-Frieden zwischen Israel und den Palästinensern ist fast 30 Jahre nach den Friedensverträgen von Oslo praktisch tot, die Zwei-Staaten-Lösung wurde zu Grabe getragen. Im seit 1967 besetzten Westjordanland werden immer neue Siedlungen gebaut, auch wenn dies klar gegen internationales Recht verstößt. Mittlerweile leben rund 600.000 israelische Siedler im Westjordanland. Und die Welt sieht zu und hat den Frieden offenbar abgeschrieben. Doch was wäre die Alternative zur Zwei-Staaten-Lösung? Eine Ein-Staaten-Lösung ohne Rechte für die Palästinenser kann wohl kaum die Lösung sein. Respekt gebührt jenen, die sich für eine Friedens­lösung starkmachen – für die Sicherheit der Israelis und der Palästinenser. Und nicht jenen, die nur politische Seilschaften bedienen. Da darf auch Österreichs derzeitige Politik hinterfragt werden.

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