Lebenslanges Impfen wird immer wichtiger

Life-Course Immunization (LCI) muss der Eckpfeiler jeden Impfkonzepts sein

Wien (OTS) Jedes Alter hat seine Besonderheiten. Das gilt auch beim Impfen. Wissenschaftlich ist mittlerweile klar erwiesen, dass Impfen ein Projekt auf Lebenszeit ist. Nur wogegen man sich impfen lassen sollte, ist eine Frage des Alters und der Lebensumstände, denn das Immunsystem ändert sich im Laufe des Lebens. Diese Erkenntnisse spiegeln sich in Österreich zwar im Nationalen Impfplan wider, allerdings mangelt es oftmals an einer entsprechenden Umsetzung. Gratis sind derzeit nur die Impfungen des kostenfreien Kinderimpfkonzepts, auf Erwachsene kommen teilweise erhebliche Kosten zu. Es besteht also dringender Handlungsbedarf. Handlungsbedarf auch deswegen, weil Forschung und Entwicklung weitergehen und zu erwarten ist, dass in naher Zukunft weitere Impfstoffe auch gegen bisher nicht impfpräventable Erkrankungen vor allem für Erwachsene zur Verfügung stehen werden.

Das Immunsystem verändert sich im Laufe des Lebens

Bei der Geburt ist das Immunsystem des Neugeborenen noch nicht vollständig ausgereift und hat außerdem noch nie Kontakt mit Erregern gehabt. Jedes Aufeinandertreffen mit einem Erreger ist somit ein Erstkontakt. In dieser Phase ist der Säugling besonders vulnerabel und benötigt zusätzlichen Schutz. „Gezielt gegen bestimmte Erkrankungen kann man das Neugeborene schützen, wenn die werdende Mutter in der Schwangerschaft die empfohlenen Impfungen (z.B. gegen Keuchhusten oder Influenza) durchführen lässt“ erläutert Univ.-Prof.in Dr.in Birgit Weinberger vom Institute for Biomedical Aging Research der Universität Innsbruck. Für die werdende Mutter selbst bringe die Schwangerschaft ebenfalls immunologische Veränderungen mit sich, so die Alternsforscherin und ergänzt: „Manche Infektionen, wie z.B. COVID-19, bedeuten während der Schwangerschaft sowohl eine erhöhte Gefahr für die Schwangere als auch für das Baby. Die empfohlenen Impfungen vor einer geplanten beziehungsweise in der Schwangerschaft sind somit in doppelter Hinsicht sinnvoll – für die Mutter und das ungeborene Kind.

Während Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene grundsätzlich ein voll funktionsfähiges Immunsystem haben, ändert sich das zwischen 50 und 70 wieder. Das Immunsystem älterer Menschen lässt auf vielen Ebenen nach – man nennt dieses Phänomen auch Immunseneszenz. Die Folge: Das Immunsystem kann Infektionen weniger effektiv bekämpfen und spricht gleichzeitig auf Impfungen oftmals nicht mehr so gut an. Weinberger: „Ab diesem Alter wird der Impfschutz gegen impfpräventable Erkrankungen besonders wichtig.

Vorsicht bei chronischen Erkrankungen

Infektionen sind nicht aber nur bei älteren Menschen, sondern auch bei Personen mit chronischen Erkrankungen problematisch. Krankheiten wie zum Beispiel Krebs und eine damit einhergehende Chemotherapie führen zu einem immunologischen Problem und damit zu einer schlechteren Fähigkeit des Körpers, Erreger zu bekämpfen. „Auch immunsuppressive Medikamente z.B. nach Transplantationen, aber auch zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen erhöhen das Risiko für schwere Infektionen oder Reaktivierungen von latenten Erregern, wie z.B. Herpes Zoster“, erläutert Weinberger und fährt fort: „Andere, wie beispielsweise Lungenerkrankungen, bergen ein zusätzliches Risiko für einen schweren Verlauf, da sich auch die Grunderkrankung durch eine Infektion wie Influenza oder Pneumokokken verschlechtern kann.

Niederschwelliger Zugang wichtig

Deswegen sind im Nationalen Impfplan bestimmte Impfungen jeweils ab einem bestimmten Alter und/oder auch für Risikogruppen empfohlen. „Wichtig ist aber, den Zugang zu diesen Impfungen zu verbessern“, erläutert Mag.a Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Österreichischen Verbandes der Impfstoffhersteller (ÖVIH). „Das bedeutet, dass es bessere niederschwellige Impfangebote geben muss.“ Dazu sollten die Impfmöglichkeiten ausgeweitet, z.B. auch Schul- und Betriebsimpfungen forciert oder öffentlich organisierte Impfangebote, wie sie bei COVID-19 etabliert wurden, fortgesetzt und ausgebaut werden.

Die Kosten für Impfungen im Erwachsenenbereich werden derzeit nicht erstattet – weder flächendeckend noch Impfstoffgruppen-bezogen“, stellt Gallo-Daniel fest. Ausnahmen gebe es wenige. „Das führt zu sozialer Ungleichheit in der Gesundheitsversorgung und –prävention, da sich Teile der Bevölkerung Impfstoffe nicht leisten können oder die Ausgaben dafür für sie eine größere finanzielle Belastung darstellen“, betont sie. „Ziel soll und muss eine breite Finanzierung für Impfungen für alle Altersgruppen beziehungsweise die Etablierung von flächendeckenden Impfprogrammen durch die öffentliche Hand sein.

Ebenfalls notwendig seien breite und umfassende Informations- und Aufklärungskampagnen der öffentlichen Hand sowie der weitere Ausbau des elektronischen Impfpasses, z.B. die Implementierung der Erinnerungsfunktion für Auffrischungsimpfungen.

100 Impfstoffe in Entwicklung

All dies wird in Zukunft noch wichtiger werden, denn die Impfstoffhersteller arbeiten intensiv daran, weitere Impfstoffe zu entwickeln, die potenziell gefährliche Krankheiten und deren Auswirkungen verhindern. Etwa 100 neue Impfstoffkandidaten sind derzeit allein von den Mitgliedern der europäischen Dachorganisation Vaccines Europe in Entwicklung, davon sind 92 als prophylaktische Vakzine geplant, acht als therapeutische. 11 der in Entwicklung befindlichen Impfstoffe sollen gegen Pathogene eingesetzt werden, die bereits gegen eine Therapie mit Antibiotika resistent sind. Knapp die Hälfte fokussieren auf Krankheiten, gegen die noch kein Impfstoff zugelassen ist und mehr als 80 Prozent sind für Erwachsene gedacht.

Österreichisches Know-how

Impfstoffe sind komplexe Produkte, die nur von wenigen Herstellern weltweit produziert werden. Und das oft an mehreren Standorten. „Auch Österreich spielt hier eine wichtige Rolle“, berichtet Mag. Alexander Herzog, Generalsekretär der PHARMIG und verweist auf die Produktion von Impfstoffen gegen FSME und Meningokokken C in Niederösterreich oder die Herstellung von essenziellen Molekülen für den Meningokokken-B-Impfstoff in Tirol. In Wien gebe es laut Herzog auch Impfstoffforschung, Qualitätssicherungszentren und Freigabetestungen für Impfstoffe.

Wiewohl es seit längerem den Ruf nach mehr Arzneimittelproduktion in Österreich und Europa gibt, ist gerade die Impfstoffproduktion in diesen Regionen noch sehr gut aufgestellt. Nach wie vor stammen etwa 76 % der weltweit hergestellten Impfdosen (exklusive COVID-19-Impfungen) aus 27 europäischen Produktionsstätten, die auf elf Länder in der EU verteilt sind. „Dass wir hier so stark sind, liegt an der Komplexität der Produkte bzw. des Herstellungsprozesses und an vermehrten regulatorischen Anforderungen, die zu erfüllen sind“, erläutert Herzog. Für ihn sei es wesentlich, dass das, was an Produktion in Europa ist, in erster Linie gehalten und in zweiter auch weiter ausgebaut wird: „Damit wir hier eine Vorreiterrolle auch in Zukunft behalten, muss das Bewusstsein für den Wert dieser Produkte vor allem auch in der Politik gestärkt werden. Denn nur wenn die rechtlichen und standortspezifischen Rahmenbedingungen passen, haben Unternehmen eine Grundlage, um in ihre Betriebsstätten zu investieren und diese auszubauen“, mahnt Herzog. Das sei auch im Sinne der Versorgungssicherheit und so sagt der Verbandsvertreter abschließend: „Schauen wir, dass wir die Impfstoffe haben, nicht nur wenn, sondern auch weil wir sie brauchen.

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