Köstinger: EU-Agrarpolitik hat zentrale strategische Bedeutung, Kürzungen sind inakzeptabel

EU-Unterausschuss debattiert über Mitteilung der EU-Kommission zur Weiterentwicklung der GAP

Wien (PK) - Die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) soll eine neue Ausrichtung erhalten. Künftig sollen Zielsetzungen wie Umwelt- und Klimaschutz eine größere Rolle spielen, schreibt die Europäische Kommission in einer Mitteilung, die der EU-Unterausschuss des Nationalrats heute mit Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger diskutierte. Die Absicherung angemessener Lebensstandards für LandwirtInnen wird von der Kommission überdies als Schwerpunkt genannt, die Weiterführung der Direktzahlungen an Bäuerinnen und Bauern zugesichert. Entsprechende Gesetzesvorschläge soll es laut Kommission noch vor dem Sommer geben, im Anschluss an den Vorschlag für den mehrjährigen Finanzrahmen der EU.

Kernstück der neuen GAP ist laut Kommissionsschreiben ein erweiterter Entscheidungsspielraum und mehr Mitwirkungsmöglichkeiten für die Mitgliedstaaten. Einfachere Vorschriften und ein flexiblerer Ansatz sollen die gemeinsame EU-Politik zukunftssicher machen und dafür sorgen, dass die Landwirte und Landwirtinnen wirksame Unterstützung erhalten und eine nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft gewährleistet werden kann.

In welcher Weise ein Staat seine GAP-Mittel investiert, um die EU-Ziele in den Bereichen Umwelt, Klimawandel und Nachhaltigkeit zu erreichen, hat er demnach in einem Strategiebericht darzustellen, den die Kommission genehmigen muss. Hinsichtlich der Mittelaufteilung soll die Zweisäulenstruktur aus Direktzahlungen an LandwirtInnen und Gelder zur Entwicklung des ländlichen Raums grundsätzlich bestehen bleiben. Die Bereitstellung der Mittel würde jedoch stärker von den Fortschritten bei Ressourceneffizienz, Umweltpflege und Klimaschutz bzw. von konkreten Ergebnissen abhängen.

Zu den Zielen, die die EU mit der GAP in Zukunft verfolgt, gehören überdies die Unterstützung lokaler LandwirtInnen durch eine geförderte Nutzung moderner Technologien, die Attraktivierung des bäuerlichen Berufsbilds und die Forcierung nachhaltiger landwirtschaftlicher Erzeugung. Generell wird ein kohärentes Vorgehen aller Politikbereiche der EU angestrebt, wobei neben Handel und nachhaltiger Entwicklung auch die Migration eine Rolle spielt. Mit einer EU-Plattform für Risikomanagement will man Bäuerinnen und Bauern bei der Bewältigung von Unsicherheiten bedingt durch Klimaänderungen oder Marktschwankungen unterstützen.

Agrarpolitik soll Subsidiarität stärker Rechnung tragen

In ihrem Eingangsstatement bewertete es Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger als positiv, dass die EU-Kommission die Herausforderungen für die Landwirtschaft erkannt habe und die Klima-und Umweltorientierung der GAP stärken wolle. Österreich begrüße auch, dass am Zwei-Säulen-Modell festgehalten wird. In der Umsetzung der GAP solle die Subsidiarität stärker als bisher zum Tragen kommen. Das bedeute eine Abkehr vom bisherigen "One size fits all"-Prinzip. Die Mitgliedsstaaten könnten damit eine flexiblere Landwirtschaftspolitik gestalten, die ihren jeweiligen Gegebenheiten Rechnung trägt. Aus Sicht von Köstinger ist es dabei jedoch auch wichtig, dass der gemeinsame Charakter der EU-Agrarpolitik erhalten bleibt. Hier handle es sich schließlich um einen Politikbereich, dem enorme strategische Bedeutung zukomme, sagte die Ministerin. Österreich werde sich daher für ein weiteres Funktionieren der GAP einsetzen, das werde auch ein Schwerpunkt während der österreichischen Ratspräsidentschaft sein.

Während der EU-Vorsitzes will Österreich weiters die Arbeit der bulgarischen Ratspräsidentschaft weiterführen und die Verhandlungen zum europäischen Meeres- und Fischereifonds beginnen. Dabei werde es auch um die wichtige Frage der Festlegung neuer Fangquoten gehen. Österreich sei davon zwar nicht direkt betroffen, man werde sich aber jedenfalls, mit Unterstützung der EU-Staaten, die hier Expertise haben, der Thematik sehr ernsthaft annehmen. Im Bereich von Umweltschutz und Nachhaltigkeit werde Österreich unter anderem versuchen, Akzente bei der Reduzierung von Plastikmüll zu setzen.

Die ambitionierten Ziele der GAP sind aus Sicht von Köstinger nur mit einem angemessenen Budget erreichbar. Die gesellschaftlichen Erwartungen an die Landwirtschaft, was qualitätsvolle Lebensmittel und Umweltstandards angeht, würden immer höher. Diese Leistungen müssten aber auch finanziert werden. Daher sind die von der Europäischen Kommission angedachten Kürzungen für Köstinger nicht akzeptabel. Sie werde sich daher mit Nachdruck für die Beibehaltung des bisherigen Finanzierungsniveaus einsetzen, betonte sie.

ÖVP und FPÖ wollen Bürokratie bei Förderungen abbauen

Positiv bewerteten die Abgeordneten der Koalitionsparteien die Haltung der Landwirtschaftsministerin. Georg Strasser (ÖVP) schloss sich der Sicht an, wonach das neue EU-Rahmenprogramm finanzielle Stabilität sicherstellen müsse. Die Kontinuität jener Bereiche der GAP, die bisher gut funktionierten, sei zu gewährleisten. Wenn sich etwas weniger bewährt habe, müsse man über Änderungen nachdenken. Aus seiner Sicht ist die GAP ein wesentlicher Faktor für die Produktion hochwertiger Lebensmittel und den Erhalt der Landschaft in Europa. Für die Bäuerinnen und Bauern sei es dabei jedoch sehr wichtig, dass die Bürokratie bei den Förderungen abgebaut wird.

Sein Fraktionskollege Nikolaus Berlakovich nannte das "Greening" als ein Konzept, das sich nicht wirklich bewährt habe, er sehe beim neuen Agrarkommissar der EU ein Abrücken davon. Grundsätzlich sei die GAP als der einzige vollständig vergemeinschaftete Politikbereich eine wichtige Klammer für die EU. Österreich vertrete dabei seit langem den Zugang, dass diejenigen, die mehr für die Umwelt tun, auch mehr erhalten sollen. Dabei sei es keineswegs so, dass nur Kleinbetriebe ökologisch wirtschaften. Stets zu bedenken sei, dass aufgrund des Preisverfalls auf den Märkten in Österreich niemand, auch keiner der größten Betriebe, ohne den Ausgleich durch Direktzahlungen imstande wäre, die landwirtschaftliche Produktion aufrechtzuerhalten. Für die Zeit nach dem Brexit werde man sich aber auf jeden Fall Strukturänderungen der GAP sehr genau überlegen müssen.

Die Notwendigkeit einer Entbürokratisierung betonte auch FPÖ-Mandatar Maximilian Linder. Es müsse sichergestellt werden, dass die Mittel für ländliche Entwicklung auch tatsächlich bei den Projekten ankommen, betonte er. Sein Fraktionskollege Peter Schmiedlechner unterstrich ebenfalls die Wichtigkeit der Direktzahlungen, um die Produktion aufrechterhalten zu können.

Opposition ortet Widersprüche in Haltung der Regierung

SPÖ-Abgeordneter Jörg Leichtfried ortet gewisse Widersprüche in der Haltung der Bundesregierung zum nächsten EU-Budget. Einerseits wolle man keine Kürzungen hinnehmen, andererseits aber nach dem Brexit keine zusätzlichen Zahlungen leisten. Da der Agrarbereich den größten Anteil im EU-Budget habe, werde der Ausfall der britischen Zahlungen sich gerade hier deutlich bemerkbar machen. Verwaltungseinsparungen würden sicher nicht ausreichen, um den Ausfall zu kompensieren. Leichtfried wollte wissen, ob daran gedacht sei, die Kürzungen aus dem EU-Budget auf nationaler Ebene auszugleichen. Allerdings sehe er im aktuellen Budget noch keine Vorsorge dafür. Petra Bayr (SPÖ) merkte an, dass es wichtig sein werde, bei der Festlegung der Fangquoten auch die Interessen außereuropäischer Staaten, in der die Bevölkerung auf die Fischerei angewiesen ist, im Auge zu behalten.

Widersprüchliche Aussagen der Bundesregierung zum EU-Budget sah auch Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS). Die angekündigte "Verschlankung" der EU werde ohne Abstriche bei der GAP schwer zu machen sein, meinte er. Auch er vermisst Vorsorge im Budget für die Zeit nach dem Brexit.

Auch Martha Bißmann von der Liste Pilz sieht ebenfalls Erklärungsbedarf, wie man das Niveau der Zahlungen aufrechterhalten wolle. Aus ihrer Sicht wäre es durchaus möglich, bei Großbetrieben zu kürzen und sich auf die Unterstützung der kleinteiligen Landwirtschaft zu konzentrieren, die für die Erhaltung der Vielfalt notwendig sei.

Köstinger: Gemeinsame Agrarpolitik hat auch wichtige soziale Funktion

In ihrer Antwort auf die Anliegen der Abgeordneten betonte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger nochmals den Mehrwert der GAP für die EU. Die Landwirtschaft sei ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, auch für den vor- und nachgelagerten Bereich. Sie spiele auch eine wichtige Rolle für die nachhaltige Nutzung von Ressourcen und den Klimaschutz. Sie wolle auf jeden Fall verhindern, dass die Vorschläge der EU-Kommission zu einer Kürzung bei den Umweltförderungen führen. Den Betrieben müssten ihre Umweltschutzleistungen auf jeden Fall abgegolten werden. Sie bekenne sich zur ökosozialen Marktwirtschaft und werde dafür kämpfen, dass der bäuerliche Familienbetrieb das zentrale Modell bleibt. Was die Forderung nach Stabilität der Beitragsleistungen angeht, so vertrete die Bundesregierung das Prinzip des sorgsamen Umgangs mit Steuergeldern. Dieses müsse auch für die EU gelten, daher betone man, dass der Brexit nicht automatisch zu höheren Beitragszahlungen der Mitgliedsstaaten führen müsse. Zuerst sollten Einsparungspotenziale durch Effizienzsteigerung, etwa im Bereich der Kontrollen, ausgeschöpft werden.

Bei der GAP müsse man stets auch ihre strategische Bedeutung im Auge behalten. Unter anderem sorge sie für wichtige Rohstoffe, aber auch für günstige Lebensmittelpreise in Europa. Sie erfülle damit eine wichtige sozialpolitische Funktion. Kürzungen seien aus ihrer Sicht daher nicht im Interesse Europas. Vor allem gehe es nicht an, wenn bei Bereichen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit gespart werden soll. Zur Frage der Deckelung von Direktzahlungen sagte Köstinger, diese sei in Hinblick auf die gesamte EU zu verstehen. Großbetriebe im EU-Maßstab gebe es in Österreich gar nicht, daher sollte es aus ihrer Sicht in Österreich keine Kürzungen für Betriebe geben. Köstinger meinte auch, das Greening-Programm, welches gerade kleine Betriebe absichern sollte, habe sich in dieser Hinsicht nicht bewährt. Sie gehe daher davon aus, dass es nicht fortgeführt wird. Wichtig werde es sein, es durch ein unbürokratischeres Programm zu ersetzen. (Fortsetzung EU-Unterausschuss) sox

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