Kleider, Schnuller und Co.: EU-Waren-Paket soll Produktanerkennung im Binnenmarkt erleichtern

Debatte über Produktstandards im EU-Unterausschuss

Wien (PK) Der EU-Unterausschuss des Nationalrats durchleuchtete heute das sogenannte „Waren-Paket“ der Europäischen Kommission, wie der Verordnungsentwurf zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Vertriebs von Alltagswaren im Binnenmarkt heißt. Konkret befassten sich die Abgeordneten mit jenem Teil des Pakets, der die gegenseitige Anerkennung von Waren unter den Mitgliedstaaten fördern soll. Demnach dürfte etwa der Verkauf von Babyartikeln oder Kleidungsstücken aus einem anderen EU-Land nicht mehr automatisch an einzelstaatlichen Vorschriften scheitern. ÖVP und NEOS begrüßten die Initiative der Kommission zur Forcierung des Handels im Binnenmarkt, weil dadurch Erleichterungen für kleine Exportunternehmen erhofft werden.

Die Vertiefung des Binnenmarkts käme vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen zugute, bekräftigte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck in der Ausschussdebatte. Immerhin seien EU-weit rund 890.000 Betriebe im nicht durch europäische Normen harmonisierten Bereich tätig, 87% davon Kleinstunternehmen. Der österreichische Ratsvorsitz beabsichtige, die Trilogverhandlungen über den Kommissionsentwurf bis Jahresende 2018 abzuschließen. Bedenken der SPÖ und der Liste Pilz, hohe Qualitätsanforderungen in Österreich könnten durch die neue EU-Verordnung gesenkt werden, räumte Schramböck mit dem Hinweis aus, die österreichischen Standards blieben auch weiterhin aufrecht.

Mangelnde Anerkennung kostet

„Für die mittelständische Wirtschaft gibt es hier die Möglichkeit, großes Potential zu heben“, erläuterte Ministerin Schramböck auf Nachfrage der Abgeordneten Wolfgang Gerstl (ÖVP) und Jessi Lintl (FPÖ) die Auswirkungen der angedachten Regelungen zur Erleichterung des Zulassungsprozesses. Marktzulassungen von Produkten heimischer KMUs in Ländern wie Deutschland und Italien würden künftig schneller erfolgen und weniger kostenintensiv sein.

Die EU-Kommission weist in ihrem Entwurf darauf hin, dass der freie Warenverkehr für rund 25% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der EU und für 75% des Handels innerhalb der EU sorgt. Laut Schätzungen aus dem Jahr 2016 habe das Volumen des Handels mit Waren zwischen den EU-Mitgliedstaaten 3.110 Mrd. € betragen. Derzeit verursache die mangelnde gegenseitige Anerkennung von Produkten, die nicht den Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union unterliegen, den Unternehmen aber hohe Kosten, da die Erzeugnisse an geltende nationale Vorschriften angepasst werden müssen. Hinzu kämen entgangene Geschäftsmöglichkeiten, neue Märkte zu erschließen, gibt das Wirtschaftsministerium zu bedenken. Betroffen davon seien vor allem KMUs bzw. die von ihnen gehandelten Verbrauchsgüter wie Textilien, Schuhe, Babyartikel, Schmuck, Geschirr oder Möbel.

Vor diesem Hintergrund ist es für Brüssel hoch an der Zeit, Warenhemmnisse im Binnenmarkt bedingt durch national unterschiedliche Bestimmungen auszuräumen, zumal damit dem EU-Grundsatz der gegenseitigen Warenanerkennung Rechnung getragen werde. Diesem Grundsatz zufolge können Produkte, für die es keine EU-weiten Vorschriften gibt, prinzipiell ungehindert im Binnenmarkt verkauft werden, wenn sie in einem Mitgliedstaat rechtmäßig in den Verkehr gebracht worden sind. SPÖ-Mandatar Alois Stöger erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass beispielsweise bei der chemischen Zusammensetzungen von Waren zur Babypflege die österreichischen Normen „sehr restriktiv“ seien, und Liste Pilz-Wirtschaftssprecher Bruno Rossmann zog nach. Er warnte vor Möglichkeiten für Unternehmen, aufgrund der vorgeschlagenen Verordnung die in Mitgliedstaaten üblichen Standards leichter umgehen zu können.

Wirtschaftsministerin Schramböck betonte dagegen, die österreichischen Zulassungsbehörden würden auch in Zukunft zu entscheiden haben, ob ein Produkt aus einem anderen EU-Land auf den heimischen Markt kommen darf. Aus Gründen des Gesundheits- oder Umweltschutzes könnten Produkte jedenfalls auch künftig abgelehnt werden.

Waren-Paket soll Verkauf beschleunigen

Auf Basis der neuen „Waren-Paket“-Verordnung will die EU-Kommission sicherstellen, dass Unternehmen bereits nach ein paar Monaten und nicht erst nach einigen Jahren wissen, ob ihre Produkte in einem anderen EU-Mitgliedstaat verkauft werden können. So will Brüssel den Betrieben mittels einer freiwilligen Erklärung ermöglichen, die Vereinbarkeit ihrer Produkte mit allen einschlägigen Anforderungen in ihrem Land nachzuweisen, wodurch wiederum ausländische Behörden leichter beurteilen könnten, ob der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung angewendet werden soll. NEOS-Wirtschaftssprecher Josef Schellhorn merkte dabei an, fraglich sei, inwieweit dadurch bei Zulassungen von komplexeren Produkten die Behördenpraxis fallen gelassen werde, im Zweifel ein Verbot auszusprechen. Laut Verordnungsentwurf will die EU-Kommission mittels vermehrter Beamtenschulungen und -Austauschprogrammen eine Verbesserung der Zusammenarbeit und des Vertrauens zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten erreichen.

Nationale Behörden wären aber weiterhin befugt, zum Schutz des Gemeinwohls in ihrem Land bestimmte Waren nicht zum Handel zuzulassen, beispielsweise aufgrund von Gesundheitsbedenken. Zur schnelleren Beilegung von Streitigkeiten zwischen Unternehmen und nationalen Behörden regt die Kommission ein eigenes Problemlösungsverfahren an. Der Vermutung von Rossmann und Stöger, mehr Unternehmen könnten mit Verweis auf den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Waren vor Gericht ziehen, schloss sich Schramböck nicht an. In 90% der Fälle würden die Bestimmungen im Verordnungsvorschlag für Erleichterungen sorgen, Gerichtsstreitigkeiten seien kaum zu erwarten. (Schluss EU-Unterausschuss) rei

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