Jüdisches Museum Wien: „Verfolgt. Verlobt. Verheiratet – Scheinehen ins Exil“ | PID Presse

Wien (OTS/RK) Das Jüdische Museum Wien, ein Museum der Wien Holding, zeigt von 16. Mai bis 7. Oktober die neue Ausstellung „Verfolgt. Verlobt. Verheiratet. Scheinehen ins Exil“ im Museum Judenplatz. Die Ausstellung erzählt anhand von 13 Frauenschicksalen die Chancen und Risiken einer Scheinehe als Überlebensstrategie – mit unterschiedlichem Ausgang.

Scheinehen – Mittel zum Zweck

Im März 1938 begann für österreichische Jüdinnen und Juden ein Wettlauf gegen die Zeit. Einige Wiener Jüdinnen retteten sich durch eine Scheinehe mit einem ausländischen Staatsbürger. Diese Ehen wurden pro forma geschlossen, aus Solidarität oder gegen Bezahlung, um in ein Land zu gelangen, in dem Jüdinnen und Juden (noch) nicht verfolgt wurden. Frauen, die bereits im Exil waren, gingen eine Scheinehe ein, um der Staatenlosigkeit zu entgehen oder sich eine Arbeitserlaubnis zu verschaffen. Dreizehn Frauenschicksale, darunter Stella Kadmon und Alma Rosé, berichten von den unterschiedlichen Lebensgeschichten und den Chancen und Risiken einer Scheinehe als Überlebensstrategie – mit unterschiedlichem Ausgang. Die Theaterleiterin Stella Kadmon konnte sich nach Palästina retten, die Violinistin Alma Rosé wurde in Auschwitz ermordet. Nur wenige Frauen erzählten später über ihre Scheinehe.

Heiraten kann Leben retten!

Das Jüdische Museum Wien widmet sich dreizehn Frauen, deren Schicksal stellvertretend für viele andere österreichische Jüdinnen steht. Die meisten davon haben die Shoah überlebt, allerdings sind in vielen Fällen die Familienmitglieder von den Nationalsozialisten und deren Helfern ermordet worden. Einige Frauen sind bis heute bekannt, die Geschichten vieler anderer lernen wir erst jetzt durch die wissenschaftliche Aufarbeitung oder dank Aufzeichnungen aus der Familie kennen. Nur wenige gingen mit ihrer Scheinehe später offen um.

Scheinehen waren mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland und in Österreich, nach dem so genannten Anschluss, für viele Jüdinnen die Überlebensstrategie. Sie heirateten Männer, die über eine ausländische Staatsbürgerschaft verfügten. Da die Staatsangehörigkeit ausschließlich durch den männlichen Ehepartner bestimmt war, bot dies jüdischen Frauen eine Möglichkeit sich durch die Zweckehe ein Schlupfloch in die Freiheit zu eröffnen. In Österreich hat es übrigens bis zum Jahr 1983 gedauert, dass Frauen durch eine Novelle des Staatsbürgerschaftsgesetzes das Recht bekamen, einen Partner durch eine Eheschließung einzubürgern. Allerdings ist dazu der Nachweis eines längeren Bestandes der Ehe notwendig.

Abgebrochene Lebenswege in Wien

Im Wien des Jahres 1938 ging es für die österreichischen Jüdinnen um Leben und Tod. Es waren durchwegs couragierte und unerschrockene Frauen, die die vielen Risiken, die auch mit einer solchen Zweckehe verbunden waren, nicht scheuten. Meist aus gebildeten, assimilierten und bürgerlichen Familien stammend, suchten sie offensiv nach Männern mit einer ausländischen Staatsbürgerschaft.

Diese Frauen wagten den Versuch, mittels einer Scheinehe ihr Leben zu retten. Wien mussten sie dafür verlassen. Eine Stadt, in der sie geboren waren oder in der sie ihre Jugend verbracht, eine Ausbildung absolviert, in der sie sich bereits beruflich etabliert oder einfach nur ihren Lebensmittelpunkt gefunden hatten. Stella Kadmon, Alma Rosé, Stella Mann und Anita Bild hatten bereits Karrieren als Künstlerinnen aufgebaut. Anna Friedler, Hilda Monte, Rosl Ebner und Yella Hertzka waren politisch organisierte Aktivistinnen, Elisa Springer hatte ihre Ausbildung gerade erst abgeschlossen, während Hilde Zaloscer bereits promovierte Kunsthistorikerin war. Sarah Berger, Minna Roth und Perl Kartyn bewegten sich im Wiener zionistischen Umfeld.

Selbstbestimmt nach 1945?

Wie viele Frauen versuchten sich mittels einer Scheinehe zu retten, ist unbekannt. Mit Kriegsende erlosch die Bedeutung der Scheinehe als Schutz vor dem nationalsozialistischen Regime. Die nun möglicherweise wieder erwünschte österreichische Staatsbürgerschaft war für viele Frauen allerdings schwierig wieder zu erlangen.

Einige der vorgestellten Frauen wurden für ihre künstlerischen oder wissenschaftlichen Leistungen von österreichischen Institutionen geehrt. Dass sie diese Leistungen vollbringen konnten, war ihrem Überleben und damit ihrer Scheinehe geschuldet. Hilde Zaloscer erhielt einige Preise, die sie jedoch nicht mit Österreich versöhnen konnten. Stella Mann erhielt im hohen Alter zahlreiche Ehrungen, die sie mit Freude entgegennahm. Im Zuge vermehrter politischer Auseinandersetzung um die Erinnerung an vertriebene Jüdinnen und Juden, wurden einige mittels Straßenbenennungen in der Peripherie Wiens gewürdigt, davon zeugen die Alma-Rosé-Gasse, der Yella-Hertzka-Park, oder der Stella-Kadmon-Weg.

„Verfolgt. Verlobt. Verheiratet. Scheinehen ins Exil“ ist von 16. Mai 2018 bis 7. Oktober 2018 im Museum Judenplatz (Jüdisches Museum Wien), einem Museum der Wien Holding, zu sehen. Zu der von Sabine Bergler und Irene Messinger kuratierten und von Gabu Heindl/Toledo iDertschei gestalteten Ausstellung erscheint auch ein zweisprachiger Katalog zum Preis von EUR 14,90 im Eigenverlag mit zahlreichen Abbildungen. Das Museum Judenplatz, 1010 Wien, Judenplatz 8, ist von Sonntag bis Donnerstag von 10 bis 18 Uhr, Freitag 10 bis 14 Uhr (Winterzeit) bzw. 17 Uhr (Sommerzeit) geöffnet. Das Jüdische Museum Wien in der Dorotheergasse 11, 1010 Wien ist von Sonntag bis Freitag 10 bis 18 Uhr geöffnet.

Weitere Informationen unter www.jmw.at oder unter info@jmw.at.

Foto- und Pressematerial zu den aktuellen Ausstellungen finden Sie auf der Homepage des Jüdischen Museums Wien unter www.jmw.at/de/presse
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