Industriellenvereinigung: Fakten zur Modernisierung der Arbeitszeitgesetze

Mit Überstunden im Durchschnitt maximal 48 pro Woche – Gleitzeitregime bleibt erhalten, bei angeordneten Überstunden mit Zuschlag!

Wien (OTS) Angesichts verschiedener kursierender Informationen zum Thema Arbeitszeit möchte die Industriellenvereinigung (IV) mit einigen Fakten zur Klarstellung beitragen.

1) Kein Lohnraub – kein Überstundenklau

An der Definition der Überstunde nach § 6 AZG ändert sich nichts. Überstunden sind wie bisher mit Zuschlägen von 50 Prozent oder bei entsprechender Regelung im Kollektivvertrag von 100 Prozent abzugelten, und zwar entweder in Geld oder durch Zeitausgleich. Daran ändert sich nichts.

2) Mehr Spielraum für Gleitzeitvereinbarungen

Gleitende Arbeitszeit kann wie bisher durch Betriebsvereinbarung bzw. in Betrieben ohne Betriebsrat durch schriftliche Einzelvereinbarung geregelt werden. Bei Gleitzeit können die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Beginn und Ende der täglichen Normalarbeitszeit innerhalb eines zeitlichen Rahmens frei gestalten, d.h. ihre Normalarbeitszeit flexibel verteilen. Diese Gestaltungsmöglichkeit soll künftig auf bis zu 12 Stunden pro Tag erweitert werden. Dadurch wird die Möglichkeit der Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer erweitert, sich durch die flexible Gestaltung ein Zeitguthaben oder auch ein Zeitminus aufzubauen, und je nach Vereinbarung die Schaffung längerer Freizeitblöcke oder auch einer 4-Tage-Woche erleichtert.

3) Keine Änderung des Überstundenregimes bei Gleitzeit

Bei Gleitzeit fallen auch künftig unverändert wie bisher Überstunden an, wenn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich die Arbeitszeit nicht selbst einteilen können und auf Anweisung der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers an einem Tag mehr als 8 Stunden gearbeitet werden, d.h. das was heute schon für die 9. und 10. Stunden gilt, gilt künftig erweitert bis zur 12. Stunde. Soweit eine Übertragung von Gutstunden in die nächste Gleitzeitperiode vorgesehen ist, fallen – wie von Präsident Mag. Georg Kapsch bereits gestern in der ORF-Sendung „Im Zentrum“ angesprochen – keine Zuschläge an. Nicht übertragbare Gleitstunden werden am Ende der Gleitzeitperiode wie bisher mit Zuschlag (Zeit oder Geld je nach Vereinbarung) vergütet.

4) Ablehnung von Überstunden

In den Betrieben besteht in aller Regel ein gutes, konstruktives und partnerschaftliches Zusammenwirken zwischen Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber und Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern, sodass gemeinsame Lösungen zu modernen Arbeitszeitmodellen gefunden werden. Schon bisher dürfen Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer zur Überstundenarbeit nur dann herangezogen werden, wenn diese zugelassen ist und berücksichtigungswürdige Interessen der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers der Überstundenarbeit nicht entgegenstehen (§ 6 Abs. 2 AZG). Diese Regelung bleibt bestehen! Im Hinblick auf die neuen Höchstgrenzen regelt der Initiativantrag: Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer können künftig Überstunden aus überwiegenden persönlichen Interessen ablehnen, wenn durch diese Überstunden die Tagesarbeitszeit von zehn Stunden oder die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten wird. Sie dürfen deswegen nicht benachteiligt werden, insbesondere hinsichtlich des Entgelts, der Aufstiegsmöglichkeiten und der Versetzung. In Betrieben mit Betriebsrat kann mittels Betriebsvereinbarung eine nähere Konkretisierung der überwiegenden persönlichen Interessen erfolgen (§ 7 Abs. 6 AZG neu).

5) Reform im Interessen von Betrieben UND Beschäftigten

Die österreichischen Arbeitszeitgesetze sind vielfach nicht praxisgerecht, eine Modernisierung wird seit Jahren diskutiert, ist notwendig und liegt im Interesse von Betrieben und Beschäftigten.

6) Gesetzlicher 8-Stunden-Tag und gesetzliche 40-Stunden-Woche bleiben erhalten

Die gesetzliche Normalarbeitszeit von 8 Stunden pro Tag sowie 40 Stunden pro Woche nach § 3 Abs. 1 AZG bleiben wie bisher erhalten. Erweitert wird die mögliche Höchstarbeitszeit von 10 auf 12 Stunden pro Tag bzw. von 50 auf 60 Stunden pro Woche.

7) Genereller 12-Stunden-Tag bzw. generelle 60-Stunden-Woche bleiben ein Märchen

Einen generellen 12-Stunden-Tag oder eine generelle 60-Stunden-Woche gibt es weder jetzt noch in Zukunft. Die Anhebung der maximalen Tageshöchstarbeitszeit bedeutet lediglich, dass an einzelnen Tagen statt 2 künftig bis zu 4 Überstunden pro Tag geleistet werden können. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit darf gemäß österreichischem Arbeitszeitrecht sowie der entsprechenden EU-Arbeitszeitrichtlinie 48 Stunden nicht überschreiten. Im Durchschnitt dürfen nicht mehr als 8 Überstunden pro Woche geleistet werden, die Arbeitszeit kann mit Überstunden daher nur in einzelnen Wochen auf bis zu 60 Stunden ausgedehnt werden.

8) All-In-Verträge

Bei All-In-Verträgen gilt wie bisher, dass für die Arbeitgeberin bzw. den Arbeitgeber die Lohnabrechnung einfacher ist und für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Vorteil besteht, dass sie genau wissen, wie viel sie verdienen und auch dann eine überkollektivvertragliche Entlohnung erhalten, wenn sie wenige oder gar keine Überstunden leisten. Die Reform ändert nichts an der Verpflichtung der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers, eine Deckungsprüfung wie gewohnt durchzuführen: Wenn die geleisteten Überstunden mit der kollektivvertraglichen Überzahlung nicht abgegolten sind, muss eine Nachzahlung an die Arbeitnehmerin bzw. den Arbeitnehmer erfolgen.

9) Im Öffentlichen Bereich heute schon bis zu 13-Stunden pro Tag möglich

Für Angehörige von Gesundheitsberufen in Kranken-, Pflegeanstalten und ähnlichen Einrichtungen gilt heute schon eine Tagesarbeitszeit von bis zu 13 Stunden. Die gilt ebenso für Beschäftigte im öffentlichen Dienst sowie an Universitäten.

10) Viele europäische Länder weisen höhere Tageshöchstarbeitszeitgrenzen auf

Der internationale Vergleich zeigt, dass sich eine Reihe von europäischen Ländern bei der täglichen Höchstarbeitszeitgrenze an der EU-Arbeitszeitrichtlinie orientiert und grundsätzlich tägliche Arbeitszeiten von bis zu 12 oder 13 Stunden zulässt, so etwa Schweden, Norwegen, Dänemark, das Vereinigte Königreich, Irland, Slowakei oder Italien.

Weitere Informationen: www.iv.at/medien

Rückfragen & Kontakt:

IV-Newsroom
+43 (1) 711 35-2306
newsroom@iv.at
https://www.iv.at/medien

[ad_2]

Quelle

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at

(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender.