Ibiza-U-Ausschuss: Opposition übt Kritik an Nationalratspräsident Sobotka

Nationalrat beendet Plenarwoche mit Ersten Lesungen

Wien (PK) Das Interview von Armin Wolf mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka in der ZiB2 am Dienstag hatte heute eine Debatte im Nationalrat zur Folge. Die Opposition nutzte zwei Erste Lesungen zu Anträgen über das U-Ausschuss-Verfahren dafür, um ihren Unmut über die Ausführungen Sobotkas Luft zu machen. NEOS, FPÖ und SPÖ fühlen sich zu Unrecht „pauschal beschimpft“ und hielten Sobotka vor, den Ibiza-Untersuchungsausschuss absichtlich diskreditieren zu wollen, um von den bisherigen Ergebnissen des Kontrollgremiums abzulenken.

Es sei „ein unfassbarer Vorwurf“, der Opposition zu unterstellen, Mobbing zu betreiben und mit Unwahrheiten zu arbeiten, hielt etwa NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper fest. Christian Hafenecker (FPÖ) hält Sobotka angesichts der an die Opposition gerichteten Vorwürfe nicht nur als U-Ausschuss-Vorsitzender für rücktrittsreif.

Auch von NEOS-Abgeordnetem Helmut Brandstätter kam neuerlich Kritik. Er vermutet, dass Sobotka bewusst von Chaos und Mobbing spricht und auf die hohen Kosten des Untersuchungsausschusses verweist, um die nach Meinung Brandstätters durchaus erfolgreiche Arbeit des Ausschusses abzuwerten. Diese Strategie werde aber nicht aufgehen, zeigte er sich überzeugt: „Wir werden Ihnen nicht in diese Falle hineinfallen.“ Brandstätter hielt Bundeskanzler Sebastian Kurz außerdem vor, er habe das Protokoll seiner Aussagen vor dem Ibiza-U-Ausschuss nachträglich an 15 Stellen abändern wollen.

Eigentlich wäre es Aufgabe des Nationalratspräsidenten, den Untersuchungsausschuss mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Schließlich werde wichtige Aufklärungsarbeit geleistet, erklärte auch Katharina Kucharowits (SPÖ). Sie habe ihren Augen und Ohren nicht getraut, als sie das Interview gesehen habe, sagte die Abgeordnete und rief Sobotka auf, alles zu tun, dass der Untersuchungsausschuss ernst genommen wird, anstatt von einer „vereinigten Opposition“ und von Mobbing zu sprechen.

Verteidigt wurde Sobotka von ÖVP-Abgeordneten Klaus Lindinger. Sobotka sei ein hervorragender Nationalratspräsident, der seine Aufgabe gewissenhaft wahrnehme, auch als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses, sagte er. Seitens der Grünen hob David Stögmüller hervor, dass durch den Untersuchungsausschuss bereits viele neue Erkenntnisse gewonnen werden konnten.

Christian Stocker (ÖVP) warf den NEOS vor, am eigentlichen Untersuchungsgegenstand – der mutmaßlichen Käuflichkeit der blau-schwarzen Bundesregierung – kein Interesse mehr zu haben, zumal sich herausgestellt habe, dass alle Zahlungen von Novomatic rechtmäßig gewesen seien. Stattdessen heiße der neue Untersuchungsgegenstand „mutmaßliche Befangenheit des Vorsitzenden“, meinte er. Stocker interpretiert die Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse außerdem so, dass eine neuerliche Ladung Sobotkas in den Ausschuss gar nicht mehr möglich ist, da er schon vier Stunden befragt wurde, was von SPÖ-Abgeordnetem Kai Jan Krainer umgehend in Abrede gestellt wurde. Jede einzelne Befragung dürfe jeweils bis zu vier Stunden dauern, ist für ihn klar.

FPÖ will Video-Befragungen ermöglichen, NEOS für mehr Transparenz

Anlass für die Debatte war die Erste Lesung von zwei Anträge der NEOS bzw. der FPÖ, die die Verfahrensordnung von Untersuchungsausschüssen betreffen und nun im Geschäftsordnungsausschuss weiterberaten werden sollen. Zum einen treten die NEOS dafür ein, die Video-Aufzeichnungen von Befragungen aktiver und ehemaliger Regierungsmitglieder sowie anderer Oberster Organe der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die ohnehin vorhandenen Ton- und Bildaufzeichnungen sollen demnach „unverzüglich“ sowohl den Medien als auch den Fraktionen zur Weiterverwendung zur Verfügung gestellt werden. Die Öffentlichkeit solle sich selbst ein Bild von den Befragungen machen können, argumentiert NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper, dann würde die Bevölkerung sehen, dass ein Untersuchungsausschuss nicht nur teuer sei, sondern auch wertvoll.

Zum anderen sollen Untersuchungsausschüsse nach Meinung der FPÖ künftig die Möglichkeit haben, Auskunftspersonen per Video zu befragen, wenn diese aus gesundheitlichen Gründen nicht in den Ausschuss kommen können. Die Regelung soll befristet bis Ende 2021 gelten. Mehrere Auskunftspersonen hätten Ladungen des Ibiza-Untersuchungsausschusses aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht Folge geleistet, sie sollen dennoch befragt werden können, begründet Christian Hafenecker den Vorstoß.

Unterstützt wurde der Antrag der NEOS von FPÖ-Abgeordnetem Hafenecker und Nurten Yilmaz (SPÖ). Sie verstehe die Angst der ÖVP vor einer Videoübertragung von U-Ausschüssen nicht, meinte Yilmaz und verwies auf entsprechende Vorbilder in den USA oder Deutschland. Auch in Österreich habe die Bevölkerung ein großes Interesse am Ausschuss, ist sie überzeugt. Hafenecker zufolge sollte die allgemeine Zugänglichkeit zu Videos aber nur für Befragungen von PolitikerInnen und Personen des öffentlichen Interesses gelten.

Skeptisch ist die SPÖ hingegen was die von der FPÖ vorgeschlagenen Videobefragungen betrifft. Dabei gehe die Unmittelbarkeit der Befragung verloren, etwa was Mimik und Gestik anlangt, gab Abgeordnete Kucharowits zu bedenken. Sie appellierte stattdessen an Nationalratspräsident Sobotka, sichere Räume für den Untersuchungsausschuss bereitzustellen, und erneuerte in diesem Zusammenhang die Forderung der SPÖ, den Plenarsaal für den U-Ausschuss zu nutzen. NEOS-Abgeordneter Brandstätter sieht Videobefragungen hingegen als eine Möglichkeit, wobei man ihm zufolge Befragungen auch in einem Nebenraum durchführen könnte.

ÖVP und Grüne gesprächsbereit

Grün-Abgeordneter Stögmüller sieht den Vorschlag der NEOS als Möglichkeit, Untersuchungsausschüssen mehr Gewicht zu verleihen. Die Bevölkerung interessiere sich sehr für die Arbeit des Ibiza-U-Ausschusses, stimmte er mit SPÖ-Abgeordneter Yilmaz überein. Allerdings müsse der Schutz von Persönlichkeitsrechten gewährleistet und sichergestellt werden, dass es zu keinem Missbrauch komme.

Auch Videobefragungen kann sich Stögmüller grundsätzlich vorstellen. Seiner Meinung nach gilt es zuvor aber, einige offene Fragen zu klären, etwa was die Sicherstellung von unbeeinflussten Aussagen und die Vorlage von Akten an die Auskunftsperson betrifft. Auf diese Punkte verwies auch ÖVP-Abgeordneter Lindinger. FPÖ-Abgeordneter Hafenecker hält diese Punkte allerdings für lösbar und meinte, eine Videobefragung sei besser, als gar keine Auskunft zu bekommen. Zudem könnte man so auch Personen befragen, die sich in Quarantäne befinden.

Von Seiten der ÖVP merkte Abgeordneter Stocker zum NEOS-Antrag an, „wir sind gerne bereit, darüber zu diskutieren“. Allerdings sieht es Stocker kritisch, den Medien bzw. Fraktionen die Entscheidung zu überlassen, welche Befragungen öffentlich werden.

Abstimmung über Fristsetzungsantrag

Zum Schluss stimmte der Nationalrat noch über einen Fristsetzungsantrag der Koalitionsparteien ab, der mehrheitlich angenommen wurde. Konkret wurde dem Konsumentenschutzausschuss zur Vorberatung einer Novelle zum Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz und begleitender gesetzlicher Bestimmungen eine Frist bis zum 16. November gesetzt. (Schluss Nationalrat) gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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