Heinz Fischer über Türkise: „Manche Vorgänge machen einen sprachlos!“

Wien (OTS) Lob für „exzellente“ Oppositionsarbeit Rendi-Wagners Im großen Interview mit der Wiener Stadtzeitung „Sprich!“ nimmt Heinz Fischer, von 2004 bis 2016 Österreichs Bundespräsident, zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie Stellung

„Insgesamt nehmen Existenzängste zu, Lernerfolge werden häufig hinter den vorgegebenen Zielen zurückbleiben, gestiegene Arbeitslosenzahlen und Rückschläge im Wirtschaftswachstum trüben die Stimmung in der Bevölkerung, und das Vertrauen in die Lösungskompetenz der Politik und insbesondere der Regierung weist sinkende Tendenz auf.“

Die Arbeit der Bundesregierung und der türkisen Führungsriege in Zeiten von Corona sieht Fischer kritisch: „Wir leben derzeit nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa und global, durch Covid-19, aber auch durch wachsende internationale Spannungen, in einer ziemlich schwierigen Zeit. Ich möchte daher nicht für alles, was derzeit in Österreich nicht gut läuft, die Regierung verantwortlich machen. Aber manche Vorgänge und Vorgangsweisen, die einerseits durch das sogenannte Ibiza-Video und andererseits durch zahlreiche Chats im Führungskreis der größeren Regierungspartei im Originalton lesbar und sichtbar wurden, machen einen wirklich sprachlos. Zum Beispiel die begeisterte Reaktion des Bundeskanzlers („Vollgas!“) auf die unglaubliche Vorgangsweise eines seiner engsten Mitarbeiter gegenüber dem Generalsekretär der Bischofskonferenz, oder die Tatsache, dass ein von der „Familie“ kräftig unterstützter Bewerber für eine Spitzenfunktion im Bereich der Verwaltung der wichtigsten Wirtschaftsunternehmen des Landes zu seinen eigenen Gunsten in den Ausschreibungstext eingreifen konnte und sich darüber hinaus auch in die Auswahl der über diese Funktion entscheidenden Aufsichtsräte einmischen konnte. Das muss selbst für sehr loyale Türkis-Wähler – und nicht nur für diese – ein wirklicher Schock gewesen sein.“

Speziell mit der Flüchtlingspolitik der Regierung wolle er sich nicht abfinden: „Mit der Art und Weise, wie man den Vorschlag einiger EU-Staaten zurückgewiesen hat, eine Gruppe unbegleiteter Flüchtlingskinder aus dem schrecklichen Lager Moria in Sicherheit zu bringen, oder wie man gut integrierte Kinder in der Nacht unter Einsatz von Polizeihunden aus ihrer Umgebung herausgerissen hat, um sie aus Österreich abzuschieben, werde ich mich niemals abfinden können, weil man rechtsstaatliche Prinzipien auch auf andere Weise schützen und hochhalten kann.“

Der Oppositionspolitik der SPÖ unter Pamela Rendi-Wagner zollt Fischer dagegen Anerkennung: „Wie das Beispiel Österreich zeigt, kann auch eine in Opposition befindliche Sozialdemokratie einiges bewirken. Die SPÖ – mit der exzellenten, sachkundigen und an Zustimmung gewinnenden Pamela Rendi-Wagner an der Spitze – hat viele gute Vorschläge gemacht, manche Fehler der Regierung ausgebessert, vernünftigen Vorschlägen von Regierungsseite zugestimmt und an ihrem Einsatz für die Benachteiligten der jetzigen Situation konsequent festgehalten. Das verdient Anerkennung.“

Fischers vorläufiges Fazit der Pandemie: „Der wirtschaftliche Schaden geht in die Milliarden und menschliches Leid ist außerdem gar nicht quantifizierbar. Aber wir haben sicher auch manches dazugelernt: Wir konnten die Qualität unseres Gesundheitssystems unter Beweis stellen; wir habe viele Beispiele guter internationaler Kooperationen erlebt (wenn auch mit manchen Enttäuschungen), und wir haben in der Nutzung von Technologien zum Informationsaustausch viel dazu gelernt. Unsere Demokratie hat der „Zumutung namens Pandemie“ (Angela Merkel) standgehalten, aber für ein abschließendes Urteil ist es sicher noch zu früh.“

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