Hartinger-Klein: Notstandshilfe wird Versicherungsleistung bleiben

Fragestunde im Nationalrat zur Mindestsicherung, der Sozialversicherungsreform, dem Ärztemangel und der AUVA

Wien (PK) Mit den Worten „Hartz IV – mit mir nicht!“ trat heute Sozialministerin Beate Hartinger-Klein Befürchtungen von Seiten der SPÖ hinsichtlich der Pläne der Regierung zur Neugestaltung des Arbeitslosengeldes entgegen. Die Notstandshilfe werde auch in Hinkunft eine Versicherungsleistung bleiben, erklärte sie in der Fragestunde des Nationalrats, daher gebe es auch keinen Zugriff auf das Vermögen. Weiters interessierten sich die Abgeordneten für die Neugestaltung der Mindestsicherung, die Entwicklung am Arbeitsmarkt, die Umsetzung der Sozialversicherungsreform, die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum, die Zukunft der AUVA sowie die Verbesserung der Lebensmittelkennzeichnung.

Qualifizierungsmaßnahmen in den Bereichen Gesundheit, Pflege, Digitalisierung und in den MINT-Fächern

Der deutliche Rückgang der Arbeitslosigkeit im letzten Jahr sei sehr erfreulich, stimmte Bundesministerin Beate Hartinger-Klein mit Abgeordneter Dagmar Belakowitsch (FPÖ) überein, und er werde sich laut Wifo-Prognosen auch noch fortsetzen. Derzeit liege man nach internen AMS-Berechnungen bei einer Arbeitslosenquote von 7,3%, nach internationalen Maßstäben sogar bei 5%. Dennoch engagiere sich die Regierung weiterhin sehr stark in diesem Bereich, was unter anderem durch die Abhaltung eines Jobgipfels zum Ausdruck kam. Um den Fachkräftebedarf der Betriebe noch besser abzudecken, sei man übereingekommen, die Qualifizierungsmaßnahmen insbesondere in den Bereichen Gesundheit und Pflege, Digitalisierung sowie in Bezug auf die sogenannten MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) zu intensivieren. Bei der Zielgruppe der Jugendlichen setze man auf Prävention, um Schul- und Lehrabbrüche zu vermeiden, sowie auf die Reintegration von bildungsfernen jungen Menschen. Als weitere arbeitsmarktpolitische Schwerpunkte führte die Ministerin die Gruppen der Langzeitarbeitslosen sowie der Menschen mit Behinderung an.

Generell habe für sie aber der Grundsatz „innen vor außen“ Priorität, teilte die Sozialministerin Abgeordnetem August Wöginger (ÖVP) mit. Dies bedeute, dass in erster Linie versucht werden müsse, all jene Menschen, die derzeit arbeitslos sind, wieder in Vollbeschäftigung zu bringen. Neue Akzente sollen auch bei der dualen Berufsausbildung gesetzt werden, wobei der Fokus auf betrieblichen Lehrstellen liege. Durch die Digitalisierung werde eine Vielzahl von neuen Berufsbildern geschaffen, die auch neue Herausforderungen mit sich bringen. So wachse etwa die Anzahl der sogenannten PlattformarbeiterInnen rasant, die oft sehr unklare Beschäftigungsverhältnisse aufweisen. Es sei daher sicher notwendig, sich Maßnahmen zu überlegen, wie deren sozialer Schutz gewährleistet werden könne, räumte sie gegenüber Abgeordneter Stephanie Cox (JETZT) ein.

Hartinger-Klein: Mindestsicherung wird verfassungskonform sein

Beim Fragenkomplex „Arbeitslosengeld Neu“ bzw. Reform der Mindestsicherung wies Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ) auf eine aktuelle Wifo-Studie hin, die besagt, dass auf Basis des Modells der Regierung 121.000 Menschen keine Notstandshilfe mehr bekommen würden. Die Sozialministerin betonte, dass in ihrem Konzept eine degressive Gestaltung des Arbeitslosengeldes mit klarem zeitlichen Verlauf sowie eine Integration der Notstandshilfe, die eine Versicherungsleistung bleiben soll, vorgesehen ist. Aus diesem Grund werde es auch keinen Zugriff auf das Vermögen der Betroffenen geben, unterstrich Hartinger-Klein.

Was die Höhe der Mindestsicherung angeht, so halte sie es aus Fairnessgründen für geboten, dass es einen gewissen Unterschied zu den Löhnen und Gehältern jener Menschen geben müsse, die in das System einzahlen. Dabei achte man natürlich auch darauf, dass die Kinder ausreichend abgesichert sind, stellte sie in Beantwortung einer Frage der Abgeordneten Birgit Sandler (SPÖ) fest. Abgeordnetem Gerald Loacker (NEOS) gegenüber, der die EuGH-Entscheidung in Sachen oberösterreichisches Mindestsicherungsmodell angesprochen hat, versicherte die Ministerin, dass das Grundsatzgesetz verfassungskonform sein wird. Im konkreten heißt das, dass es dabei keine Unterscheidung zwischen befristeten und unbefristeten Asylberechtigten geben wird.

Sozialversicherungsreform: Weiterhin Zweifel von Seiten der SPÖ an der „Patientenmilliarde“

Vom Abgeordneten Markus Vogl (SPÖ) wurde die Sozialversicherungsreform aufs Tapet gebracht. Er zweifelte abermals an der versprochenen „Patientenmilliarde“, zumal auch die Fusionskosten, die aus den Beiträgen der Versicherten bezahlt werden müssen, vom Ressort nicht eingeschätzt werden können. Professor Hoffmann, der auch an der Studie der London School of Economics mitgewirkt hat, habe beim Hearing im Sozialausschuss eindeutig gesagt, dass ca. 200 bis 300 Mio. € pro Jahr eingespart werden können, erinnerte die Ministerin. Am wichtigsten sei ihr jedenfalls, dass jeder Cent den PatientInnen zugute komme, um das Leistungsangebot weiter auszubauen. Außerdem sollen Entscheidungsprozesse effizienter gestaltet und Qualifizierungsmaßnahmen bei den FunktionärInnen umgesetzt werden.

Arztstellen: Maßnahmenpaket, um mehr MedizinerInnen in den ländlichen Raum zu locken

Die Sozialversicherungsreform stelle gleichzeitig das Fundament für die Gesundheitsreform dar, führte die Ministerin weiter aus. Damit verbunden seien unter anderem die Vereinheitlichung von medizinischen Leistungen sowie ein Anreizsystem für MedizinerInnen, um die die ärztliche Versorgung vor allem im ländlichen Raum gewährleisten zu können. Von Abgeordneter Gabriela Schwarz (ÖVP) auf einen eventuellen Ärztemangel angesprochen, teilte die Ministerin mit, dass per Juni 2018 lediglich 58 Planstellen für AllgemeinmedizinerInnen und 52 für FachärztInnen unbesetzt waren.

Mit der Abgeordneten Brigitte Povysil (FPÖ) war sie sich einig, dass die Anstellung von ÄrztInnen durch andere ÄrztInnen, die im neuen Ärztegesetz vorgesehen ist, enorme Vorteile bringen wird. Vor allem bei den jüngeren AbsolventInnen sei diese Möglichkeit sehr gefragt, weil damit u.a. flexiblere Arbeitszeiten verbunden sind und sie weniger unternehmerisches Risiko eingehen müssen. Profitieren werden davon zweifellos aber auch die PatientInnen, weil die Praxen längere Öffnungszeiten anbieten können.

Ministerin sieht keinen Handlungsbedarf bezüglich interner Vorgänge in der AUVA

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) zeigte sich besorgt darüber, dass Führungskräfte in der AUVA ersucht wurden zu eruieren, wer in Unfallkrankenhäusern regierungskritische Unterschriftenlisten aufgelegt hat. Die Bundesministerin hielt Holzinger-Vogtenhuber entgegen, dass von einer allfälligen strafrechtlichen Verfolgung nie die Rede war. Sie sehe hinsichtlich der angesprochenen internen Vorgänge in der AUVA keinen aufsichtsbehördlichen Handlungsbedarf. Auch der Betriebsrat habe bekundet, dass er nach dem Beschluss des Maßnahmenpakets über die Zukunft der AUVA keine weiteren Maßnahmen mehr durchführt, die sich gegen die – nun nicht mehr im Raum stehende – Auflösung der Versicherungsanstalt richten. Ihr seien auch keine Umstände bekannt, die auf einen Schutzbedarf der MitarbeiterInnen hindeuten.

Weitere Themen: Pensionen, Sammelklagen, Lebensmittelkennzeichnung und Interessenskonflikte

Bezüglich einer Frage des Abgeordneten Gerald Loacker (NEOS), der die aus seiner Sicht enormen Steuerzuschüsse zum beitragsfinanzierten Pensionssystem thematisierte, erklärte Hartinger-Klein, dass es einen gesellschaftspolitischen Konsens zur Verhinderung von Altersarmut gibt. Gerade die letzten aktuellen Pensionserhöhungen, die nicht nur die Inflation abgelten, sondern auch die Kaufkraft stärken, belegen, dass die Regierung dieses Ziel verfolge. Durch die Einführung einer lebenslangen Durchrechnungszeit sei zudem die nachhaltige Finanzierung gesichert. Die Regierung plane keine Erhöhung des Pensionsalters, betonte sie, es soll jedoch zu einer Anpassung des faktischen Pensionsantrittsalters an das gesetzliche kommen.  

Der Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln auf EU-Ebene galt sodann eine Frage des Abgeordneten Peter Weidinger (ÖVP). Eine in ihrem Ressort eingerichtete Arbeitsgruppe befasse sich derzeit nicht nur mit der Umsetzung der entsprechenden EU-Verordnung, sondern sie entwickle auch Lösungsvorschläge betreffend Verbesserung der Herkunftskennzeichnung bei Milch, Fleisch und (verarbeiteten) Eiern. Ziel müsse es sein, ein einfaches Modell zu finden, das den KonsumentInnen Sicherheit bezüglich der Herkunft gewährleistet und die Belastung der Wirtschaft in Grenzen hält.

Zur Kritik der Abgeordneten Irmgard Griss (NEOS), die mögliche Interessenskonflikte der Generalsekretärin im Sozialmininisterium, die gleichzeitig Aufsichtsratsmitglied eines Versicherungskonzerns ist, ansprach, merkte Hartinger-Klein ein, sie sei froh darüber, eine ausgewiesen Expertin aus der Privatwirtschaft für diese Funktion gewonnen zu haben. Außerdem sei die Generalsekretärin nicht operativ in die Konsumentenschutzagenden eingebunden. Weiters führte die Ministerin aus, dass es klare Compliance-Richtlinien gibt und dass alle Nebenbeschäftigungen gemeldet werden müssen.

Schließlich informierte Hartinger-Klein noch über den Status quo bei den Sammelklagen gegen den Volkswagen-Konzern, nach dem sich Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ) erkundigt hatte. Bisher haben sich rund 10.000 KonsumentInnen angeschlossen, der Gesamtstreitwert betrage 60 Mio. €. Man habe versucht, mit den Vertretern von VW eine außergerichtlichen Einigung zu erzielen; dies wurde jedoch abgelehnt. (Fortsetzung Nationalrat) sue

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