Gesundheitsausschuss: ÖVP und FPÖ halten an der geltenden Raucherregelung in der Gastronomie fest

Öffentliches Hearing bewirkt keinen Meinungsumschwung bei den Regierungsparteien

Wien (PK) Mit einem öffentlichen Hearing zum Thema Rauchen in der Gastronomie begann der heutige Gesundheitsausschuss. Während die von Opposition nominierten ExpertInnen Christoph Zielinski, Florian Stigler und Daniela Jahn-Kuch – allesamt MedizinerInnen – vehement für ein absolutes Rauchverbot in der Gastronomie eintraten, verwiesen die von den Regierungsparteien entsandten Fachleute auf die individuellen Freiheits- und Eigentumsrechte sowie auf die vorgesehenen Verbesserungen beim Jugendschutz. Die Opposition zeigte sich empört darüber, dass eindeutige wissenschaftliche Fakten und auch die Unterstützungserklärungen von fast einer halben Million Menschen für das Volksbegehren „Don´t Smoke“ einfach vom Tisch gewischt werden.

Der Antrag der Regierungsparteien (107/A) zur Novellierung des Tabak-und Nichtraucherinnen bzw. Nichtraucherschutzgesetzes (TNRSG), der u.a. die Beibehaltung der geltenden Raucherregelung in der Gastronomie enthält und damit das generelle Rauchverbot in Lokalen ab dem 1. Mai 2018 kippt, wurde schließlich im Rahmen einer namentlichen Abstimmung von allen MandatarInnen von ÖVP und FPÖ unterstützt. Abgelehnt wurde der Antrag der SPÖ auf Abhaltung einer Volksabstimmung zu diesem Thema. Keine Mehrheit fand auch die auf der Tagesordnung stehende Initiative der SPÖ (41/A(E)) betreffend keine Aufweichung des Rauchverbots in der Gastronomie.

Eindringlicher Appell der MedizinerInnen an die Politik, das Rauchverbot beizubehalten

Es gebe kaum ein medizinisches Feld, das besser erforscht sei, als die negativen Auswirkungen des Tabakkonsums auf die Gesundheit, unterstrich der Allgemeinmediziner und Gesundheitswissenschaftler Florian Stigler. Noch immer gebe es in Österreich eine konstant hohe Zahl an RaucherInnen (24% der Erwachsenen), während sich die Raten in anderen europäischen Ländern teilweise halbiert haben. Unter ExpertInnen sei es völlig unbestritten, dass die Schaffung einer rauchfreien Gastronomie eine ganz zentrale Rolle dabei spielt, diesen Anteil zu senken. Er selbst arbeite an einer Studie zur Gesundheitsfolgenabschätzung des Rauchens, die u.a. bereits ergeben hat, dass man sich durch eine solche Maßnahme etwa 1.500 Krankenhausaufnahmen von Kindern und Jugendlichen ersparen könnte. 40% der Kinder in Österreich seien regelmäßig Passivrauch ausgesetzt; auch in den Nichtraucherräumen in den Lokalen sei die Feinstaubbelastung oft sehr hoch. Österreich habe bereits jetzt den schwächsten Nichtraucherschutz in ganz Europa, eine weitere Verschlechterung müsse daher unbedingt verhindert werden.

Fast jede Krebserkrankung sei auf den Tabakkonsum zurückzuführen, betonte Universitätsprofessor Christoph Zielinski. Er verstehe sich als Anwalt der PatientInnen, da er täglich mit den Auswirkungen des Rauchens konfrontiert sei. Er wolle nicht auf die Tränendrüse drücken, „aber das Schrecklichste sei das menschliche Leid“. Rauchen verkürze die Lebenserwartung um zehn bis 15 Jahre, hob Zielinksi hervor, und immer mehr Frauen seien von Tumorerkrankungen betroffen. Eine umfassende Studie aus den USA, die bis ins Jahr 1964 zurückreicht, habe gezeigt, dass Rauchen mehr Todesfälle verursacht hat als alle Kriege zusammen. Auch die Folgen von Passivrauch würden leider immer wieder unterschützt. So habe er etwa eine Gastwirtsfamilie gekannt, die zwar selber nicht geraucht, aber jahrelang in Raucherräumen gearbeitet hat. Zuerst starb der Mann an einem Lungenkarzinom, dann die Ehefrau und schließlich noch der Hund. „Sie alle haben es in der Hand, großes Leid zu verhindern“, appellierte Zielinski abschließend an die Ausschussmitglieder.

600.00 Menschen sterben jährlich an den Folgen von Passivrauch, ein Drittel davon sind Kinder, erklärte die Internistin und Palliativmedizinerin Daniela Jahn-Kuch. Noch immer rauchen 20% bis 30% aller schwangeren Frauen, obwohl die Auswirkungen auf den Fötus und die Kinder fatal sind. So gebe es nicht nur ein dreifach erhöhtes Kindstod-Risiko, auch die Lungenfunktionen würden dauerhaft beeinträchtigt. Pro Jahr sterben 165.000 Kinder unter fünf Jahren, die Passivrauch ausgesetzt waren, an Infektionen der Atemwege. Besonders betroffen mache die Tatsache, dass negative Effekte über Generationen hinweg weitergegeben werden, da es zu epigenetischen Veränderungen der DNA kommt. Bei Jugendlichen hänge es auch sehr stark vom Bildungsgrad, vom persönlichen Umfeld und vom Zugang zu Tabakerzeugnissen ab, ob sie mit dem Rauchen beginnen. Jahn-Kuch befürwortetet daher auch eine Erhöhung der Tabaksteuer. In Australien, wo der Preis pro Packung auf 15 € erhöht wurde, ist der Anteil der jugendlichen RaucherInnen zwischen 15 und 17 Jahren innerhalb von 20 Jahren um 70% zurückgegangen.

ExpertInnen weisen auf wirtschaftliche Aspekte und Verbesserungen beim Jugendschutz hin

Gegen eine Politik der Verbote sprach sich hingegen die Wirtschaftwissenschaftlerin Barbara Kolm (Hayek-Institut) aus. Ihr Ansatz sei es zudem, sich der Frage des Rauchverbots mit Demut und wertfrei zu nähern. Ihrer Meinung nach gehe es in der Debatte aber primär um zwei elementare Fragen der Demokratie, nämlich um die Freiheit und um die Eigentumsrechte. Es sei Aufgabe des Staates, diese Werte zu schützen, betonte Kolm. Die Einführung eines absoluten Rauchverbots in der Gastronomie würde diese Werte jedoch massiv einschränken. Was die ökonomischen Effekte betrifft, so habe sich etwa in Irland gezeigt, dass die Umsätze der Pubs um ein Drittel zurückgegangen sind und 11% der Lokale sogar geschlossen wurden. Sie rechnete vor, dass in Österreich nach Einführung des Rauchverbots etwa ein Viertel der 145.000 Angestellten ihre Jobs verlieren könnten. Bei einem Gesamtumsatz in der Gastronomie von 9,1 Mrd. € wäre dies ein großer volkswirtschaftlicher Schaden.

Die Leiterin der Abteilung Jugendpolitik im Bundeskanzleramt, Zlata Kovacevic, befasste sich vor allem mit dem Thema Jugendschutz, der in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt ist. Die Einigung im Vorjahr, die eine Anhebung des Schutzalters beim Rauchen auf 18 Jahre vorsieht, war aus ihrer Sicht ein Meilenstein. Da gerade Kinder und Jugendliche stärkeres Suchtverhalten entwickeln, müsse vor allem auf Prävention und Verhaltensänderung gesetzt werden. Dazu wurde auch bereits ein Paket geschnürt, das bei der nächsten Landesjugendreferentenkonferenz vorgestellt werden soll. Umfangreiche Präventionsmaßnahmen sollen noch heuer beschlossen werden, kündigte sie an.

Opposition übt massive Kritik und spricht sich gegen Aufweichung des Rauchverbots aus

Abgeordnete Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) zeigte sich enttäuscht darüber, dass die Abgeordneten der Regierungsfraktionen nicht nur die über 480.000 UnterstützerInnen des Volksbegehrens ignorieren, sondern auch die fundierten wissenschaftlichen Argumente der ExpertInnen. Die zwei effektivsten Maßnahmen im Bereich des Nichtraucherschutzes seien das Rauchverbot in der Gastronomie und die Erhöhung der Tabaksteuer; beides lehne die Koalition aber ab. Wenn man schon an die neoliberale Diktion der Expertin Kolm anknüpfen will, dann haben Kinder und Jugendliche wohl das Pech, nicht als Eigentum tituliert zu werden. Es sei wirklich empörend, dass sich niemand in dieser Republik für eine Gruppe einsetze, die keine Wahlfreiheit habe und weiterhin dem Passivrauch ausgesetzt sein wird. Angesichts von 13.000 Todesfällen, die auf den Tabakkonsum zurückzuführen sind, sei die Aussage von Barbara Kolm, die Debatte habe nichts mit Gesundheitspolitik zu tun, mehr als zynisch. Dieser Meinung schloss sich auch ihr Fraktionskollege Dietmar Keck an, dem die zuständige Gesundheitsministerin ein wenig leid tat. Wenn man die Jugendlichen wirklich schützen wolle, warum führe man dann kein generelles Rauchverbot in Diskos und Pubs ein, fragte Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ). Rendi-Wagner (SPÖ) brachte noch einen Antrag auf Abhaltung einer Volksabstimmung ein.

Auch Gerald Loacker (NEOS) kritisierte die Aussagen von Barbara Kolm und merkte an, dass das Rauchverbot im Auto sowie in den Vereinslokalen, das durch den vorliegenden Antrag nicht abgeändert wird, auch einen massiven Eingriff in die Freiheitsrechte darstellt. Abgeordneter Peter Kolba (PILZ) wies darauf hin, dass die Einführung von Rauchverboten in der Gastronomie in Bayern und Nordrhein-Westfalen fast zu Umsatzsteigerungen geführt haben. Skeptisch zeigte er sich gegenüber der Durchführung einer Volksabstimmung über den vorliegenden ÖVP-FPÖ-Antrag, da die darin enthaltenen sogenannten Schutzbestimmungen zu einer Verwirrung führen könnten.

FPÖ und ÖVP verteidigen ihre Vorgangsweise

Der Schutz von Kindern und Jugendlichen war immer ein primäres Anliegen der Freiheitlichen, konstatierte Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ). In einer freien und toleranten Gesellschaft habe jedoch ein absolutes Rauchverbot keinen Platz. Gerhard Kaniak (FPÖ) unterstützte grundsätzlich den Ausbau der direkten Demokratie; von Einzelmaßnahmen und Aktionismus halte er jedoch nichts. Die FPÖ wird den Ausgang des Volksbegehrens abwarten und dann alle Möglichkeiten der direkten Demokratie zulassen, meinte Brigitte Povysil (FPÖ). Da die medizinischen Fakten zum Thema Rauchen unbestritten sind, habe man ExpertInnen eingeladen, die auch andere Gesichtspunkte beleuchten, erklärte Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP).

Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein nahm nur kurz zur Debatte Stellung und informierte vor allem über die Angebote ihres Ressorts und der Sozialversicherungen. Als Beispiele führte sie das Rauchertelefon, die Rauchfrei App, die Homepage Rauchfrei.at sowie diverse Entwöhnungsprogramme an. (Fortsetzung Nationalrat) sue

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