Forschungsausschuss debattiert über Versorgung mit raschem Internet sowie über Forschungs- und Datenstrategien

Rat für Forschung und Technologieentwicklung soll künftig noch breiteres Monitoring des Innovationssystems betreiben

Wien (PK) Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFTE) begleitet die FTI-Strategie der Bundesregierung mit seiner Expertise. Der Forschungsausschuss befasste sich heute mit dem Tätigkeitsbericht des Rats für 2021 und nahm diesen einstimmig zur Kenntnis. Als Auskunftsperson stand den Abgeordneten der Geschäftsführer des RFTE Ludovit Garzik zur Verfügung. Garzik wies darauf hin, dass das österreichische Hochschulsystem eine im Vergleich mit anderen Ländern eher schwach entwickelte Kultur der Startups und Spinoffs habe. Die Institutionen und die Forscher:innen müssten gezielt unterstützt und ermutigt werden, wenn es darum gehe, Wissen in konkrete Anwendungen zu übersetzen.

Dem Ausschuss lagen mehrere Anträge der Opposition zu Fragen der Digitalisierung, der Datenstrategie und der Investitionen in technologische Entwicklungen vor. Alle Anträge wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

Die SPÖ fordert ein Recht auf leistungsfähiges Internet als Teil der Daseinsvorsorge sowie auf „Router-Freiheit“ von Kund:innen von Internet-Providern, um ihre Endgeräte frei wählen zu können. Die Sozialdemokrat:innen sprechen sich auch für Maßnahmen zur Absicherung der digitalen Souveränität und für eine Open-Source-Strategie des Bundes aus.

Die NEOS halten eine Datenstrategie zur Verbesserung des E-Governments als überfällig und fordern eine Forschungsdatenbank für klinische Medikamentenstudien.

Aus Sicht der FPÖ wäre es wichtig, das österreichische ESA-Budget deutlich zu erhöhen.

Der Forschungsausschuss befasste sich außerdem mit Monatsberichten des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) über die Auszahlungen von Mitteln des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Forschungsprojekte im Bereich Klimaschutz. Die Berichte, die den Zeitraum Mai bis September 2022 umfassen, wurden mehrheitlich, ohne die Stimmen der freiheitlichen Abgeordneten, zur Kenntnis genommen.

Rat für Forschung und Technologieentwicklung soll weiterentwickelt werden

Fragen zu den aktuellen Tätigkeiten und Vorhaben des Rats für Forschung und Technologieentwicklung (RFTE) im Kontext der FTI-Strategie der Bundesregierung richteten die Abgeordneten an den Geschäftsführer des Rats, Ludovit Garzik, sowie an Bundesministerin Leonore Gewessler. Ausgangspunkt der Debatte war der Tätigkeitsbericht des RFTE für 2021 (III-723 d.B.).

Der Bericht dokumentiert die Empfehlungen und Stellungnahmen des Rats und führt die Themen an, denen der Rat besondere Bedeutung für die Zukunft beimisst und auf die er aktuell einen besonderen Fokus legt. Im Zentrum stehen dabei der notwendige Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft sowie die Frage der Wahrung der Technologiesouveränität.

Die auch 2021 noch anhaltende COVID-19-Pandemie hat laut dem RFTE einen deutlichen Digitalisierungsschub in vielen Bereichen ausgelöst. Damit sei vieles umgesetzt worden, was der Forschungsrat wie auch zahlreiche andere Expert:innen schon seit Längerem immer wieder eingemahnt hätten, stellen die Autor:innen des Berichts fest. Der fundamentale Wandel erfordere auch eine strategisch intelligente Neujustierung des Gesamtsystems, sei es in Bildung, Wissenschaft oder Wirtschaft oder auch Gesellschaft und Politik. Überall zeigen sich laut dem RFTE systemische Herausforderungen, die effektive Antworten erfordern. Viele Lösungsansätze für die Herausforderungen der Zeit würden bereits vorliegen, seien aber bis dato nicht umgesetzt worden, merkt der Rat in seinem Bericht an.

Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFTE) fungiere seit mehr als zwanzig Jahren als wichtiges Beratungsorgan und Impulsgeber des Bundes zu Fragen von Forschung, Technologieentwicklung und Innovation, hielt Abgeordnete Ulrike Fischer (Grüne) fest. Sie wollte wissen, wie der Rat seine Rolle für die FTI-Strategie 2030 sehe. Maria Theresia Niss (ÖVP) betonte, dass die Politik die Vorschläge des RFTE gerne aufnehme. Vieles, was der Bericht anspreche, sei bereits in Umsetzung. SPÖ-Abgeordneter Alois Stöger verwies auf eine laut dem RFTE schlechte Performance Österreichs in der Umwelt- und Klimapolitik. Petra Oberrauner (SPÖ) fügte hinzu, der Rat konstatiere Mängel auch bei Gründungen von innovativen Unternehmen, bei der Digitalisierung und der Geschlechtergerechtigkeit. Österreich riskiere damit, den Anschluss an wichtige Entwicklungen zu verpassen. Für NEOS-Abgeordneten Nikolaus Scherak sind die Anmerkungen des RFTE zu einer Neuausrichtung der Industriepolitik von zentralem Interesse. Zur Verringerung der Abhängigkeit von einzelnen Staaten bei Rohstoffen müsse man auch die Frage von Freihandelsabkommen wieder aufgreifen und diese neu bewerten, meinte er. Martina Künsberg Sarre (NEOS) wollte wissen, wann mit der geplanten Neustrukturierung und Zusammenführung mit dem Österreichischen Wissenschaftsrat zu rechnen sei. Sie wollte auch wissen, wie der Rat die Lage der Universitäten einschätze. Gerald Deimek (FPÖ) sah die vom Rat thematisierte Frage der Erhaltung der Technologiesouveränität als zentrale politische Herausforderung.

Ludovit Garzik sagte zu der Frage der finanziellen Lage der Universitäten, dass grundsätzlich ein guter Finanzierungspfad für die Hochschulen bestehe. Zusatzkosten durch die Teuerung sollten ausgeglichen werden. Eine weitere Budgetausweitung würde per se nur wenig Wirkung entfalten, meinte er, da die Mittel erst absorbiert werden müssten, etwa durch neue Professuren, die erst geschaffen werden müssten. Die Herausforderung sei, dass in Unterschied zu anderen Ländern das Wissenssystem nicht sehr darauf konditioniert sei, Wissen in Form von Startups und Spinoffs auch in konkrete Anwendungen zu übersetzen, meinte er. Die Akteur:innen müssten dazu gezielt ermutigt und dabei unterstützt werden. Auf Fragen wie Technologie- und Rohstoffsouveränität habe der Rat seit Langem hingewiesen. In der Pandemie mit ihren Lieferkettenproblemen sei das Bewusstsein dafür deutlich gewachsen, merkte Garzik an. Grundsätzlich sei es wichtig, bei Fragen der Standortsicherung breitere Gruppen einzubinden, um gesellschaftliche Akzeptanz herzustellen.

Bundesministerin Leonore Gewessler sagte, der RFTE sei ein wichtiger Akteur der FTI-Politik und vermittle zwischen Politik und Wissenschaft. Was seine Zukunft betreffe, so bestehe ein Konsens darüber, dass seine Rolle im Sinne einer evidenzbasierten Politik noch gestärkt werden solle. Die Zusammenlegung der Räte solle das ermöglichen. Der neue Wissenschaftsrat solle die gesamte Bandbreite des Innovationssystems von Grundlagenforschung bis Anwendung abdecken. Nach der Begutachtung sei eine Regierungsvorlage in Ausarbeitung, sagte Gewessler. Sie gehe davon aus, dass diese bald dem Nationalrat vorliegen werde. Grundsätzlich habe die FTI-Strategie der Bundesregierung eine Weiterentwicklung erfahren. Die FTI-Strategie 2030 enthalte nun genau Zielindikatoren für ein verbessertes Monitoring des Innovationssystems. Die angesprochenen Probleme, etwa der Mangel an Risikokapital oder Rückstände in der Geschlechtergerechtigkeit seien ihr sehr bewusst. Sie sei hier für alle Ideen offen. Skeptisch zeigte sich Gewessler, was die Wirkung von Freihandelsabkommen betrifft. Für die Wahrung der Souveränität werde die Herstellung einer Kreislaufwirtschaft und einer europäischen Wertschöpfungskette von zentraler Bedeutung sein. Gewessler setzt dabei auf die Fortführung und Ausweitung der Important Projects of Common European Interest (EPCEI) und nannte die Forschung im Bereich Batterien als gutes Beispiel für den Umgang mit wertvollen Rohstoffen.

SPÖ tritt für ein „Recht auf Internet“ ein und will „Router-Freiheit“ verankern

Die SPÖ-Abgeordneten Katharina Kucharowits und Petra Oberrauner fordern, die gesetzliche Garantie einer Mindestgeschwindigkeit für Internetverbindungen zu garantieren. Die Bundesregierung solle daher nicht nur den Breitbandausbau bis 2030 vorantreiben, sondern auch gewährleisten, dass alle Menschen in Österreich Zugang zu leistungsstarken, schnellen und stabilen Internetverbindungen haben (2885/A(E)). In diesem Zusammenhang fordern die SPÖ-Abgeordneten Kucharowits und Oberrauner auch „Router-Freiheit“ für Internet-Kund:innen ein. Ein Provider habe bereits versucht, einen WLAN-Router ohne Bridge-Modus anzubieten, was Kund:innen die Möglichkeit nehmen würde, einen WLAN-Router der eigenen Wahl zuzuschalten und was außerdem datenschutzrechtliche Bedenken aufwerfe. Das Recht auf die freie Wahl des WLAN-Modems bzw. des WLAN-Routers sowie das Recht auf die freie Wahl eines jeden Endgeräts müsse gesetzlich verankert werden (2945/A(E)).

Hintergrund des Vorstoßes zur Router-Freiheit sei, dass die zuständige Regulierungsbehörde, die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR), bisher keine Verordnung in dieser Frage erarbeitet habe, wie es ihre Aufgabe wäre, führte Kucharowits aus. Martina Künsberg Sarre (NEOS) und Gerhard Deimek (FPÖ) schlossen sich der Forderung nach Wahlfreiheit für Internet-Kund:innen an.

Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP) teilte mit, dass die RTR für 2023 eine Verordnung in Aussicht gestellt habe, welche auch die Router-Freiheit sicherstellen solle. Der kritisierte Provider habe seinen Router ohne Bridge-Modus zurückgezogen, man werde die Entwicklung auf diesem Sektor aber jedenfalls weiter beobachten.

Auf die Frage von Kucharowits an den Staatssekretär für Digitalisierung und Telekommunikation, Florian Tursky, wie er zum Recht auf Internet als Daseinsvorsorge stehe, führte der Staatssekretär aus, der Bundesregierung sei die Wichtigkeit des Zugangs zu leistungsfähigem Internet sehr bewusst. Sie forciere daher den Breitbandausbau. Auch der private Sektor nehme sehr viel Geld in die Hand. Ein noch rascherer Ausbau des Breitbands sei kaum möglich, man stoße hier an die Grenzen dessen, was die Bauwirtschaft leisten könne, meinte der Staatssekretär. Er führte aus, dass derzeit noch etwa 2.100 Katastralgemeinden in Österreich als unterversorgt gelten. Bis 2026 solle der Ausbau etwa 1.700 davon erreichen. Bis 2030 wolle man den Vollausbau erreicht haben.

SPÖ und NEOS drängen auf Datenstrategie

Die jüngsten Erfahrungen in der Energiepolitik hätten gezeigt, dass Staaten ihre kritischen Infrastrukturen nicht vollständig aus der Hand geben und sich nicht von wenigen Großkonzernen und deren Heimatländern abhängig machen sollten, stellt SPÖ-Abgeordnete Petra Oberrauner in einem Entschließungsantrag fest (2625/A(E)). Da die digitale Verwaltung zur kritischen Infrastruktur Österreichs gehöre, müsse zum einen erhoben werden, wie es um die Abhängigkeit der österreichischen Bundesverwaltung von einzelnen Softwareunternehmen bestellt sei, und zum anderen eine umfassende Open-Source-Strategie für Kommunen, Ländern und Bundes erarbeitet werden.

Open Source-Anwendungen seien ein wichtiges Zukunftsthema. Auch die österreichischen Bildungseinrichtungen müssten hier einbezogen werden, unterstrich Oberrauner im Ausschuss. Auch Gerald Deimek (FPÖ) warnte davor, sich zu sehr von Marktmonopolisten im IKT-Bereich abhängig zu machen.

NEOS-Abgeordnete Martina Künsberg Sarre vertrat die Forderung ihrer Fraktion nach Erstellung einer Datenstrategie, um eine evidenzbasierte Entscheidungsgrundlage für die Politiksteuerung zu schaffen (2916/A(E)). Die zuständigen Ressorts müssten rasch eine Strategie für den Umgang mit Daten und klare Ziele von E-Government in Österreich festlegen, sagte die NEOS-Abgeordnete.

ÖVP-Abgeordnete Maria Theresia Niss verwies auf bedeutende Fortschritte im Umgang mit Registerdaten, wofür es neue gesetzliche Grundlagen gebe.

Staatssekretär Florian Tursky betonte, dass die Bundesregierung die Datenstrategie als absolut vorrangig ansehe. Die großen Fragen der Datensouveränität werde seiner Ansicht nach nur auf europäischer Ebene gelöst werden können. Österreich habe sich daher intensiv an den Gesprächen über den Digital Services Act und den Digital Markets Act der EU beteiligt. In der Frage der Umsetzung in nationales Recht stehe er in enger Abstimmung mit Wirtschaftsminister Martin Kocher. Für die geplante Einbindung weiterer Registerdaten ins Austrian Micro Data Center werden laut dem Staatssekretär noch weitere gesetzliche Änderungen erforderlich sein.

NEOS fordern Forschungsdatenbank für klinische Medikamentenstudien

Die NEOS-Abgeordneten Fiona Fiedler und Gerald Loacker fordern eine Forschungsdatenbank für Österreich, die einen effektiven Überblick über klinische Forschung im Zuge der Entwicklung von neuen Medikamenten erlaubt (2475/A(E)). Mehr Transparenz im Bereich der klinischen Studien würde auch der Entwicklung des Pharmastandorts Österreich zugutekommen, sagte NEOS-Abgeordnete Martina Künsberg Sarre. Ulrike Fischer (Grüne) meinte, da dazu bereits eine EU-Datenbank bestehe, sei der Aufbau einer Parallelstruktur nicht sinnvoll.

FPÖ: Österreichisches ESA-Budget deutlich erhöhen

FPÖ-Forschungssprecher Christian Hafenecker spricht sich in einem Entschließungsantrag für eine deutliche Aufstockung des Beitrags Österreichs für die European Space Agency (ESA) aus (2782/A(E)). Hafenecker wies darauf hin, dass der Anteil Österreichs für die ESA in den letzten Jahren gesunken sei. Eine deutliche Aufstockung im Rahmen des nächsten ESA-Budgets von etwa 300 Mio. € sei notwendig, damit Österreich das Potenzial der zunehmend an Bedeutung gewinnenden kommerziellen Raumfahrt nützen könne, argumentierte Hafenecker. Seitens der SPÖ schloss sich Petra Oberrauner der Forderung nach mehr Mittel an.

Bundesministerin Leonore Gewessler sagte, die Budgetmittel Österreichs für den Weltraumbereich hätten bereits eine beispiellose Steigerung um 25 % erfahren. Österreich werde nach Berücksichtigung aller finanziellen Verpflichtungen letztlich 256 Mio. € ins ESA-Budget einbringen, rechnete die Ministerin vor. Sie werde sich dafür einsetzen, dass im kommenden Jahr eine Nachzeichnung von Programmen erfolgen könne.  

COVID-19-Fonds fördert klimaschutzrelevante Projekte

Aus Mitteln des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds werden seit 2020 Mittel für angewandte Forschung bereitgestellt. Der Forschungsausschuss befasste sich heute mit den Monatsberichten für Mai 2022 (III-677 d.B.), Juni 2022 (III-707 d.B.), Juli 2022 (III-733 d.B.), August 2022 (III-758 d.B.) und September 2022 (III-790 d.B.). Die Zahlungen für vielversprechende Projekte in der Corona-Forschung wurden über den COVID-19-Emergency-Call der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) abgewickelt. Bis September 2022 waren rund 10,1 Mio. € für den FFG-COVID-19-Call geflossen. Seit 2020 werden aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds außerdem zusätzliche konjunkturbelebende Mittel für den Klimaschutz bereitgestellt. Bis September 2022 summierten sich die Auszahlungen für das Klima-Konjunkturpaket auf 43,1 Mio. €. Im Rahmen des Programms „Produktion der Zukunft“ wurden zudem bis Ende September insgesamt rund 2,48 Mio. € ausbezahlt. Andrea Holzner (ÖVP) resümierte, die Berichte zeigten, dass die Unternehmen die Mittel auch tatsächlich in Anspruch nehmen. (Schluss Forschungsausschuss) sox


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